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Labour-Parteitag in GroßbritannienGroßbritanniens Premierminister gibt sich kämpferisch

Keir Starmer schwört seine Labour-Partei beim Parteitag auf Patriotismus und die Abgrenzung von Nigel Farages zuletzt erfolgreicher Reform UK ein.

Der britische Premierminister Keir Starmer auf dem Jahreskongress der britischen Labour Party in Liverpool, am 30. September 2025 Foto: Hannah McKay/reuters

Berlin taz | Mit Appellen an die Identität der britischen Labour-Partei als „Partei der Arbeiterklasse“, als „Partei der nationalen Erneuerung“ und „die patriotische Partei“ Großbritanniens hat der britische Premierminister Keir Starmer am Dienstag einen Schlussstrich unter seine Krise zu ziehen versucht.

In seiner Rede auf dem Labour-Jahresparteitag in Liverpool erklärte er, Großbritannien stehe am Scheideweg: Würde oder Spaltung; Erneuerung oder Niedergang. Er wolle „das patriotische Argument für nationale Erneuerung“ liefern, hatte Starmer zuvor angekündigt.

Ohne es direkt zu sagen, erklärte sich Großbritanniens Regierungschef zum besseren Patrioten, da er alle Briten einbeziehe. „A Britain built for all“ (Ein Großbritannien, das für alle gebaut ist) rief er immer wieder und erntete großen Beifall. Er wolle „ein faireres Land, ein Land der Würde und des Respekts, in dem jeder gesehen wird, jeder wertgeschätzt.“ Er verlangte einen starken Staat und erntete besonderen Applaus für seine Appelle, Arbeitsplätze etwa im Schiffbau zurück ins Land zu holen.

Geradezu euphorisch feierte der Saal in Liverpool Starmers Auflistung ökonomischer und sozialpolitischer Leistungen seiner Regierung seit ihrem Amtsantritt 2024. Sein innerparteilicher Widersacher Andy Burnham, Bürgermeister von Manchester und als möglicher Nachfolger Starmers bei einer Parteirevolte gehandelt, hatte Journalisten zufolge den Konferenzort vor der Rede verlassen.

Starmer beschwört „die Seele unseres Landes“

Starmer sprach vor dem Hintergrund schwerer parteiinterner Machtkämpfe in den vergangenen Wochen und einem Höhenflug der rechtspopulistischen Oppositionskraft Reform UK von Nigel Farage, und an Farage arbeitete sich seine Rede ab. Farage würde nie etwas Positives über Großbritanniens Zukunft sagen, „weil er das nicht kann“, rief Starmer; der Rechtspopulist schüre Spaltung und Verärgerung statt Nationalstolz, Würde und Zuversicht. Es gehe jetzt um „die Seele unseres Landes“.

Der Premier stellte sich hinter die patriotischen Kampagnen, die britische Flagge überall zu zeigen, und stellte die kommenden Wahlkämpfe in Wales und Schottland 2026 unter das Vorzeichen, Labour sei die wahre patriotische Kraft für das gesamte Vereinigte Königreich – anders als jene Politiker wie Farage, die in den USA Bestätigung suchten, oder die das Land spalten wollten wie die schottischen Nationalisten.

Dafür aber müsse man „alle“ Probleme angehen, von denen sich die Populisten nährten. Zugleich werde man sich gegen Rassisten stellen, rief Starmer und erhielt besonders lauten Beifall, als er in diesem Zusammenhang rief: „Wir werden euch bekämpfen mit allem, was wir haben, denn ihr seid der Feind!“

Berichten zufolge hatte Starmer seine Rede ursprünglich im August verfasst, sie aber nach der schweren Regierungskrise Anfang September, als seine Stellvertreterin Angela Rayner zurücktrat und er eine umfassende Regierungsbildung vorziehen musste, komplett neu schreiben lassen.

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