Labore am Limit: Coronatest im Tierlabor
Bisher gab es Vorbehalte, tiermedizinisches Personal an der Auswertung von Corona-Tests zu beteiligen. Mittlerweile hat sich das geändert.
Möglicherweise könnten veterinärmedizinische Labore die Lücke bald schließen. Das war im Frühjahr schon einmal angedacht, aber auf Druck der Bundesärztekammer aus einem ersten Entwurf für ein überarbeitetes Infektionsschutzgesetz gestrichen worden.
Eine „solche Ausweitung jenseits der Gebietsgrenzen der Humanmedizin“ sei zu vermeiden, schrieb die Kammer damals. Es ist unklar, „ob die von Tierärztinnen und Tierärzten üblicherweise betriebenen Laboratorien die erhöhten Sicherheitsstandards gewährleisten können“.
Jetzt steht die nächste Novellierung an. Und sie sieht wieder vor, dass tiermedizinisches Fachpersonal in dessen Laboren Corona-Teste auswerten dürfen. Die Gesetzesänderung wird voraussichtlich im Laufe dieses Monats von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) hatte im August mit Berufung auf Veterinärmediziner berichtet, dass so eine Verdreifachung der Testkapazitäten möglich sei.
Schon jetzt helfen Veterinärlabore mit
Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) will die Argumentation der Bundesärztekammer auch nicht gelten lassen. „Veterinärlabore haben definitiv kein Qualitätsproblem“, schreibt sie der taz. „Im Gegenteil: Vet-Labore sind ebenso zertifiziert wie die humanmedizinischen Labore.“ Als Rückgrat der Tierseuchenbekämpfung hätten sie ausreichend Erfahrung mit standardisierten Untersuchungsreihen.
Andreas Bobrowski, ALM
Schon jetzt führen laut des Berichts der FAS die Gesundheitsbehörden in sieben Bundesländern PCR-Tests in staatlichen Veterinärlaboren durch. Auch in Spanien helfen tiermedizinische Labore seit Monaten bei der Testung mit.
Siegfried Moder, der Präsident des bpt, hatte schon bei der Diskussion im Frühjahr darauf hingewiesen, dass es ohne Klärung der Zuständigkeiten bei einer neuen Welle nicht möglich wäre, sofort auf die Labore zuzugreifen. Es dürfe bezweifelt werden, dass die Entscheidung gegen die veterinärmedizinischen Einrichtungen „tatsächlich der Gesundheitspolitik dient“, sagte er. „Wirtschaftspolitische Interessen dürften hier viel eher im Vordergrund gestanden haben.“
Die Labore erhalten für jeden PCR-Test knapp 40 Euro von den gesetzlichen Krankenkassen. Bei den Privaten sind es sogar knapp 150 Euro. Derzeit werden in Deutschland knapp 1,5 Millionen Tests pro Woche durchgeführt. Aus dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen heißt es, dass die Tests halb so teuer sein könnten. „Labore gehören nicht zu den Hauptverlierern“, sagt Andreas Bobrowski, Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Laborärzte.
Er betont aber, dass die Labore neue Geräte anschaffen und das Personal aufstocken mussten, und weist ökonomische Gründe für die Vorbehalte gegenüber der Nutzung tiermedizinischer Strukturen von sich.
Das Problem seien ohnehin nicht die zur Verfügung stehenden Labore, sondern das international knappe Material: „Ich bin seit 35 Jahren Labormediziner, aber so was habe ich noch nie erlebt“, so Bobrowski. Auch sei die Qualität bei der Probenentnahme durch veterinärmedzinisches Fachpersonal rechtlich nicht verbindlich definiert.
Diese Lücke könnte zwar nun bald geschlossen werden. Dem ALM zufolge ist aber weder ein Mangel an Laboren oder Personal noch an Testmaterialien das eigentliche Problem. Stattdessen würden immer noch zu viele asymptomatische Personen getestet.
Infizierte Personen müssten dafür mitunter zu lange auf ihre Befunde warten. „Wenn wir nicht endlich die Nationale Teststrategie eins zu eins umsetzen, dann ist die Laborversorgung mit SARS-CoV-2-PCR in Deutschland in Gefahr“, so ALM-Vize Kramer.
In einer früheren Version dieses Textes wurde angedeutet, dass Corona-Tests, insbesondere die Abstrichentnahme, auch in tiermedizinischen Praxen von tiermedizinischem Personal durchgeführt werden solle. Das ist nicht so. Die Gesetzesänderung betrifft ausschließlich die Auswertung von Corona-Tests in Laboren.
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