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LGBTQ-Rechte in MalaysiaMattys mutiger Männer-Mundkuss

Beim Good Vibes Festival in Malaysia küsst ein britischer Sänger auf offener Bühne seinen männlichen Bandkollegen. Die Regierung bricht das Fest ab.

Sorgte in Malaysia für einen handfesten Skandal: Sänger Matty Healy Foto: Scott Garfitt/Invision

Bangkok taz | Matty Healy heißt der neue Held der LGBTQ-Community in Malaysia. Der Leadsänger der britischen Pop-Rock-Band The 1975 hat es am Samstag beim Auftritt auf dem Good Vibes Festival gewagt, die Kriminalisierung der Homosexualität im muslimischen Malaysia anzuprangern und einen männlichen Bandkollegen demonstrativ vor Publikum auf den Mund zu küssen.

Das war den Herrschenden zu viel. Kommunikations- und Digitalminister Fahmi Fadzil brach sofort das ursprünglich noch bis Sonntag dauernde Open-Air-Festival an der Rennstrecke Sepang International Circuit bei Kuala Lumpur ab. „Es gibt keinen Kompromiss – mit wem auch immer – wenn malaysische Gesetze in Frage gestellt, herabgewürdigt und verletzt werden“, betonte der Minister in einem Tweet.

In den sozialen Medien gab es reichlich Kritik an Fahmi. Tenor: Er sei faul, liebe Kollektivstrafen und wolle mit der Absage des Musikfestivals eine starke Botschaft an die konservativ-islamische Opposition senden. In Malaysias Parlament ist die islamistische PAS seit der Wahl vom November 2022 die stärkste Oppositionspartei und Malaysia ist aktuell wieder im Wahlkampfmodus.

Landtagswahlen in sechs Bundesländern im August gelten als Testwahl für die Reformkoalition Pakatan Harapan von Premierminister Anwar Ibrahim. Anwar saß einst nach politisch motivierten Prozessen jahrelang wegen angeblicher homosexueller Beziehungen im Gefängnis.

Weitere Konzerte abgesagt

Gavin Chow von der malaysischen LGBTQ-Organisation PLU (People Like Us) hält das Vorgehen Fahmis für reichlich überzogen und befürchtet negative Folgen für die Community. „Bedauerlicherweise ist die Gegenreaktion auf die LGBTQ-Community in Malaysia nach dem Vorfall bereits im Gange und es werden in den nächsten Tagen wohl weitere Anti-LGBTQ-Narrative auftauchen“, sagt Chow am Sonntag der taz.

Er fügt hinzu: „Es ist auch traurig zu sehen, dass Pakatan Harapan als vermeintlich liberale Regierungskoalition begonnen hat, bei LGBTQ-Themen die Narrative rechter Gruppen zu übernehmen, um bei den bevorstehenden Landtagswahlen politisch zu punkten.“

Healy und The 1975 haben ihre weiteren geplanten Konzerte in Taiwans Hauptstadt Taipeh und in Indonesiens Hauptstadt Jakarta „angesichts der gegenwärtigen Umstände“ abgesagt. Während Taiwan eigentlich das LGBTQ-freundlichste Land Asiens ist, ist Indonesiens LGBTQ-Community Schikanen und Verfolgung ausgesetzt.

Erst in diesem Monat musste die in Jakarta geplante ASEAN Queer Advocacy Week nach islamistischen Drohungen in ein anderes Land verlegt werden.

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6 Kommentare

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  • In meinen Augen war das eine arrogante Verachtung der lokalen Gepflogenheiten. Von Mut spricht nur, wer seine eigene Überheblichkeit gegenüber anderen Menschen nicht erkennt. Wer nicht mit Respekt und Zurückhaltung im Ausland auftritt, hat dort nichts zu suchen.

  • Ist es wirklich mutig, wenn westliche Prominente in ehemalige Kolonien reisen und sich dort in plakative Weise über die örtlichen Wertvorstellungen hinwegzusetzen? Oder ist das nicht vielmehr Ausdruck einer unsäglichen Arroganz? Zumal solche Aktionen auch ihren Zweck verfehlen dürften: ich jedenfalls bezweifle, dass Malaysia deshalb liberaler wird, im Gegenteil: der wahrgenommene Kulturkampf dürfte zumindest teilweise zu einer Verhärtung führen. Man sollte vielleicht nicht nur das westliche Publikum im Auge behalten...

    • @O.F.:

      ach - örtliche Wertvorstellunge!



      Hatte nicht die Kolonialmacht England die indische Sitteder Witwenverbrennung verboten, wie arrogant!



      ------- Menschenrechte sind unteilbar!

      • @Berrybell:

        Ich weiss nicht ob es geschickt ist, ausgerechnet den englischen Kolonialismus als Beispiel für die Durchsetzung "unteilbarer" Menschenrechte anzuführen; ein Zufall ist allerdings auch nicht. Im übrigen zeigen solche Einlassungen nur ein weiteres Mal die Problematik von Aktionen, die für Applaus beim heimischen Publikum sorgen, vor Ort aber auf Ablehnung stoßen. Welchem Homosexuellen in Malysia ist denn damit geholfen? Recht haben ist nicht dasselbe wie Recht bekommen...

  • Na, dann wissen wir ja, in welchem weiteren Land jetzt Urlaub nicht mehr möglich ist. Schade, es werden immer weniger Länder, die letzten Jahre.

    • @Thomas Elias:

      Urlaub in Malysia war eigentlich auch vorher schon nicht mehr möglich, ohne seinen ökologischen Fußabdruck instant und komplett zu versauen.

      Dafür ist das Land einfach zu weit weg.