LGBT-Flüchtlinge in Holland: Streit um separate Unterkünfte

Wegen Bedrohung und Diskriminierung in Asylheimen stellt Amsterdam gesonderte Plätze für LGBT-Flüchtlinge bereit. Das passt der Regierung nicht.

Eine Frau auf einem Sofa

Eine Frau aus Somalia hat mit Angehörigen eine Unterkunft in Amsterdam bezogen. Foto: reuters

AMSTERDAM taz | Das niederländische Kabinett will keine gesonderte Unterbringung von homo- und bisexuellen sowie Transgender-Flüchtlingen. Das hat die regierende Koalition aus Liberalen und Sozialdemokraten jetzt klargestellt und damit auf entsprechende Forderungen aus Politik und Gesellschaft reagiert.

Ministerpräsident Mark Rutte betonte, alle müssten in den Standardunterkünften untergebracht werden. „Wenn das unsicher ist, muss das angegangen und gelöst werden.“ Neuankömmlinge müssten sich von Anfang an an die niederländischen Normen und Werte halten. Das bedeute, dass diese Minderheiten völlig akzeptiert werden.

Die Diskussion, die im Herbst schon einmal hochkochte, kam jüngst wieder in die Schlagzeilen. Die Amsterdamer Tageszeitung Het Parool hatte bekannt gemacht, dass es in der Hauptstadt bereits seit September ein Angebot für eine Extraunterbringung gibt. Zunächst wurden in Zusammenarbeit mit einem Wohnungsbauträger und der Heilsarmee fünf Flüchtlinge in einer eigenen Wohnung untergebracht. Drei davon kommen aus Syrien, jeweils einer aus Iran und Irak. Inzwischen sind zwei weitere Personen außerhalb der Sammelunterkunft untergebracht. Vier sollen demnächst ebenfalls gemeinsam eine Wohnung beziehen.

Simone Kukenheim, die Amsterdamer Dezernentin für Diversität, begründet diesen Ansatz mit der „zusätzlichen Verletzbarkeit“ von LGBT-Flüchtlingen. „Ich finde es wichtig, dass sie in einer sicheren Umgebung zur Ruhe kommen.“ Verschiedene Homosexuellen-Organisationen gingen in den vergangenen Wochen mit alarmierenden Meldungen an die Öffentlichkeit. Danach würden homosexuelle Migranten in den Sammelunterkünften bedroht, bespuckt, beschimpft und verhöhnt.

„Wir konnten das Gefühl von Sicherheit nicht garantieren“, zitiert Het Parool den Heilsarmeedirektor Harry Doef. Der Sprecher der Homosexuellen-Interessenvertretung COC, Philip Tijsma, bilanziert: „Was nützt einem Flüchtling ein Dach über dem Kopf, wenn er sich nicht mehr aus seinem Zimmer traut?“ Er fordert deshalb, dass auch andere Kommunen entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Ein irakischer Flüchtling hatte damals anonym in einer Fernsehsendung von täglicher Diskriminierung berichtet. Unmittelbar danach wurde er von Mitbewohnern, die ihn dennoch erkannten, bedroht.

Drei weitere LGBT-Organisationen haben Ende November eine Petition an den zuständigen Staatssekretär Klaas Dijkhoff gerichtet, in der sie safe houses für entsprechende Flüchtlinge fordern. Hohe Wellen geschlagen hatte das Thema bereits im Oktober.

Ein irakischer Flüchtling hatte damals anonym in einer Fernsehsendung von täglicher Diskriminierung berichtet. Unmittelbar danach wurde er von Mitbewohnern, die ihn dennoch erkannten, bedroht. Auch die November-Ausgabe des Magazins Gay & Night widmete sich der Situation. Ein 19-jähriger Syrer berichtet dort vom Alltag in seiner Notunterkunft, zu dem Bedrohungen wie „Mach schneller, Schwuchtel, sonst schlag ich dich zusammen“ gehören.

Während es im Parlament zahlreiche Stimmen für die Option safe houses gibt, vertritt die Regierung den Standpunkt, dass eine getrennte Unterbringung nicht akzeptabel ist. „Zu stigmatisierend“, erklärte Staatssekretär Dijkhoff in einem Brief an das Parlament. Gerade eine gesonderte Unterkunft könnte ein Ziel für Bedrohungen werden. Vizepremier Lodewijk Asscher fordert, dass gerade diejenigen, die homosexuelle Mitbewohner bedrohen und belästigen, in einem „strengen Regime“ alleine untergebracht werden müssten. Die Behörde für Asylbewerber (COA) solle dann sicherstellen, dass sie dort nicht erneut auffällig werden.

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