Kurden im Nordirak: KDP entscheidet Wahl für sich

Im Nordirak kann die Partei von Expräsident Barsani weiter regieren. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum 2017 bricht die Wahlbeteiligung ein.

Mesud Barsani winkt in die Kamera

Als Präsident zurückgetreten, aber immer noch einflussreich: Mesud Barsani Foto: dpa

ATHEN taz | Nach Auszählung nahezu aller Wahlbezirke steht fest, dass die Kurdische Demokratische Partei (KDP) von Expräsident Mesud Barsani die Parlamentswahlen vom letzten Sonntag im Nordirak für sich entscheiden konnte. Mit 45 Prozent verpasst sie zwar die absolute Mehrheit, kann aber in etwa ihr Ergebnis von den letzten Wahlen 2013 halten.

Weit abgeschlagen landet die Patriotische Union Kurdistans (PUK), der Dauerrivale der KDP, mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz. Die Oppositionsbewegung für eine Erneuerung Kurdistans, Gorran, erreichte ebenfalls nur 12 Prozent der Stimmen. Die Islamisten kamen auf 7 Prozent.

Das gute Wahlergebnis für die KDP ist erstaunlich, weil das von Barsani im September 2017 durchgesetzte Referendum über eine völlige Unabhängigkeit des kurdischen Autonomiegebietes vom Irak in einem Desaster geendet hatte. Zwar gingen bei dem Referendum gut 70 Prozent der Kurden zur Wahl und weit über 90 Prozent stimmten für ihre Unabhängigkeit, doch das praktische Ergebnis war lediglich eine dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen und politischen Lage.

Barsani konnte im Vorfeld des Referendums weder die Zustimmung der Zentralregierung in Bagdad erringen noch die Unterstützung der USA. So setzte die Zentralregierung mit Hilfe der Türkei und dem Iran im Gegenzug eine Isolation der Kurden durch und eroberte gleichzeitig die Kontrolle über die umstrittene Region Kirkuk von den Kurden zurück. Zudem sperrte sie alle den Kurden zustehenden Gelder aus den Ölverkäufen, was zu einem wirtschaftlichen Chaos im Autonomiegebiet führte.

Innerkurdische Konflikte

Die PUK und Gorran hatten deshalb gehofft, dass die enttäuschten kurdischen Wähler die KDP für das misslungene Referendum abstrafen würden und sie selbst vom Frust der Wähler profitieren könnten. Tatsächlich führte der Frust aber dazu, dass viele die Wahl boykottierten. Statt 70 Prozent, wie beim Referendum, gingen nur 58 Prozent wählen. So verlor die KDP von 820.000 Stimmen fast 100.000, die PUK konnte aber statt 520.000 Wähler nur noch 343.000 gewinnen. Auch Gorran verlor massiv Wählerstimmen.

In der Folge des Referendums hatten sich die Konflikte zwischen der KDP und der PUK wieder massiv verstärkt. Barsani und seine Anhänger warfen der PUK vor, das Referendum unterlaufen zu haben und stattdessen hinter den Kulissen mit Bagdad zu verhandeln. Tatsächlich ist die PUK schon lange eher am Ausgleich mit Bagdad interessiert. Auch im Wahlkampf hatte die KDP weiter auf Unabhängigkeit gesetzt und der PUK Verrat vorgeworfen. Gorran, die das traditionelle Zweiparteienschema im kurdischen Autonomiegebiet aufbrechen und so mehr Transparenz durchsetzen wollte, ist weitgehend gescheitert.

Wie sehr sich der Konflikt zwischen KDP und PUK wieder verschärft hat, wurde bei der Wahl des Präsidenten für den irakischen Gesamtstaat vor wenigen Tagen klar. Im Irak ist der politisch relativ machtlose Präsident traditionell immer ein Kurde, der Parlamentspräsident ein Sunnit und der eigentlich mächtige Ministerpräsident ein Schiit.

Eine informelle Vereinbarung zwischen PUK und KDP sieht vor, dass die PUK den Kandidaten für den irakischen Präsidenten stellt, während die KDP den weit wichtigeren Präsidenten der Autonomieregion stellt. Erstmals hatte die KDP jetzt für den Posten des irakischen Präsidenten einen Gegenkandidaten zur PUK aufgeboten. Zwar konnte der sich letztlich nicht durchsetzen, das Vorgehen der KDP zeigt aber, dass die bisherige Zusammenarbeit zwischen den beiden großen kurdischen Parteien stark gefährdet ist.

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