Kultusministerkonferenz in Berlin: Eine Menge Redebedarf
Bund und Länder setzen sich in kleiner Runde zusammen, um Vertrauen wiederherzustellen. Die Bildungsvorhaben der Ampelkoalition sollen gerettet werden.
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Am Freitagmittag, wenn der offizielle Teil beendet ist, bleiben die Bildungsminister:innen im Hotel Bristol am Kurfürstendamm. Sie empfangen dort Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Der Termin ist nach Informationen der taz von 14.30 bis 17 Uhr angesetzt. So lange haben die 17 höchsten Bildungspolitiker:innen des Landes seit Stark-Watzingers Amtsantritt noch nie zusammen getagt.
Die Dauer des Treffens ist ein Hinweis darauf, wie hoch der Redebedarf ist. Es geht, hört man aus den Ministerien, einerseits um die generelle Zusammenarbeit, die zuletzt nicht gerade von gegenseitigem Vertrauen geprägt war. Die Länder werfen Stark-Watzinger Alleingänge vor. So wie beim Bildungsgipfel im März und der dort verkündeten neuen „Taskforce“, die die Länder für mehr als überflüssig halten. Letztlich blieben fast alle Bildungsminister:innen dem Gipfel fern.
Unabgestimmt aus Sicht der Länder war auch das Stark-Watzinger-Papier zum geplanten Startchancenprogramm, das schon Detailregelungen enthielt, während die Details noch gar nicht ausverhandelt waren. Den Bund wiederum ärgert, dass die Länder zwar gerne die Bundesmilliarden nehmen – aber sich inhaltlich nicht reinreden lassen wollen.
Die Zeit drängt
Siehe Startchancenprogramm. Über die strittigen Punkte – allen voran die Finanzierung und die Verteilung der Mittel – gibt es immer noch keine Einigung. Das zentrale Bildungsvorhaben der Ampel, mit dem ab dem Schuljahr 2024/25 4.000 Brennpunktschulen bundesweit unterstützt werden sollen, droht schon vor dem Start zu verpuffen.
Selbst Ampelpolitiker:innen wie die Grüne Nina Stahr fordern von dem Gipfeltreffen im Hotel Bristol „endlich ein Vorankommen“. Das Bundesbildungsministerium (BMBF) dämpfte vorab die Erwartungen: „Es ist ein vertraulicher Austausch geplant“, so ein Sprecher. Konkrete Beschlüsse zu einzelnen Themen seien nicht zu erwarten.
Natürlich aber versprechen sich beiden Seiten, sich am Freitag inhaltlich weiter anzunähern. Beim Startchancenprogramm hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgearbeitet. So ist der Bund, der auf einer Co-Finanzierung der Länder in Höhe von 1 Milliarde besteht, bereit, bereits bestehende Landesprogramme anzurechnen. Das hatte unter anderem Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vehement gefordert.
Die Länder wiederum sollen bereit sein, zumindest bei einer der drei Programmsäulen (Schulbau, Schulsozialarbeit und Chancenbudget) vom Königsteiner Schlüssel abzuweichen. Bisher waren die Länder nur dazu bereit, 5 Prozent der Mittel nach sozialen Kriterien zu verteilen – nach Ansicht des Bundes sollen es mindestens 50 Prozent sein. Eine baldige Einigung ist aber noch nicht in Sicht, auch weil weitere Fragen strittig sind. Etwa, ob das Ganze in ein Gesetz oder in eine Verwaltungsvereinbarung gegossen wird.
Digitalpakt II unklar
Ein weiteres Streitthema ist der Digitalpakt II. Das bisherige Abkommen endet nächstes Jahr. Ob er verlängert wird, ist völlig offen – obwohl die Ampel im Koalitionsvertrag eine Fortführung des milliardenschweren Pakts versprochen hat. Zu ihrem Amtsantritt im Mai drängte KMK-Präsidentin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bereits auf Informationen. Die Länder fürchten, dass für den Digitalpakt II möglicherweise nicht genug Geld da ist. Diese Woche berichtete „The Pioneer“, dass das BMBF im kommenden Jahr die höchsten Kürzungen hinnehmen muss: eine halbe Milliarde Euro.
Aus dem BMBF hieß es auf Anfrage, dass die Haushaltslage ja bekanntermaßen schwierig sei. Allerdings sei der Digitalpakt II ja nicht für 2024, sondern erst für 2025 geplant.
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