Kürzungen im Landeshaushalt: Auch an den Unis regiert das Geld
Ab 2026 sollen Berlins Hochschulen wieder mehr Geld bekommen, aber sie müssen sich auch verkleinern. Eine Klage ist damit noch nicht vom Tisch.

Der Senat will bei den Hochschulen nicht weiter kürzen und ihnen ab 2026 sogar mehr Geld geben. In einem Änderungsvertrag zu den aktuellen Hochschulverträgen will die Bildungsverwaltung das nun mit den 11 Berliner Hochschulen vereinbaren. Verwaltung und Hochschul-Vertreter*innen hatten rund 6 Monate darüber verhandelt. Die Hochschulen hatten zwischenzeitlich gedroht, das Land zu verklagen. Denn der Senat hatte den Hochschulen 2025 im Zuge der berlinweiten Kürzungen 140 Millionen Euro weniger als vertraglich vereinbart zugeteilt.
Einen „wichtigen Erfolg in schwierigen Zeiten“, nannte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra die Einigung auf einer Pressekonferenz am Mittwochabend. Sie sei „sehr erleichtert und froh“, dass sie „weitere Einschnitte bei den Hochschulen verhindern konnten“, sagte sie. „Wir werden in den kommenden vier Jahren rund 6,8 Milliarden Euro allein mit den Hochschulverträgen in unsere Hochschulen investieren“, sagte die Senatorin. „Diese enorme Summe zeigt, wie wichtig dem Senat der Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin ist.“
Konkret sollen die Hochschulen in den kommenden drei Jahren erst 31 Millionen, dann 62 Millionen und 2028 sogar 93 Millionen mehr Mittel für die Tarifvorsorge erhalten. Ab 2026 wird das Land außerdem die Versorgungslasten der Hochschulen übernehmen – dazu gehören etwa die Pensionen für Professor*innen. Das seien Erleichterungen von rund 120 Millionen Euro bis 2028.
Rücklagen der (großen) Hochschulen sollen die Einschnitte von 2025 auffangen und besonders auch kleine Hochschulen unterstützen. Das Land will außerdem eine Hochschulbaugesellschaft gründen, und entlastet die Hochschulen damit bei Sanierungen und Neubauten. Dazu kommen laut Verwaltung auch „strukturelle Erleichterungen“ etwa über „Modernisierung und Flexibilisierung“.
Studienplätze abbauen
Allerdings sollen die Hochschulen auch bis zu 14 Prozent ihrer insgesamt rund 170.000 Studienplätze abbauen. Das soll wohl vor allem bei weniger nachgefragten Fächern geschehen, und in Fachbereichen, die es vergleichbar auch an Unis und Hochschulen in der Nähe von Berlin gibt. Dabei sollen eher einzelne Plätze anstatt ganzer Studiengänge wegfallen. Die Wissenschaftssenatorin wies auch darauf hin, dass nun geburtenschwache Jahrgänge an die Unis kämen. Bei der Lehramtsausbildung sollen alle Plätze erhalten bleiben, betonte sie.
„Es war und ist falsch, dass der Senat in diesem Jahr und in dem Ausmaß bei den Hochschulen kürzt“, sagte Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität (HU), die auch in ihrer Funktion als Leiterin der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen an dem Pressegespräch teilnahm.
„Das ist ein Vertrauensbruch“, sagte sie. „Wir müssen uns darauf verlassen, dass diese Änderungsverträge nun so, wie sei verabredet sind, auch beschlossen werden“, sagte von Blumenthal Dies sei nun die „verbindliche Grundlage“. Die Einigung sei für sie daher auch „keine Feierstunde“. „Bestimmte Fächer werden nicht mehr in der Breite verfügbar sein.“
Von Blumenthal erklärte, dass alle 11 Hochschulen einzeln dem Änderungsvertrag zustimmen müssten. Signale, wie die Hochschul-Leitungen jeweils dazu stehen, erwarte sie bereits im August. Allerdings seien an einigen Hochschulen auch andere Gremien beteiligt, die erst nach dem Sommer tagen. Nach der Sommerpause werden die Änderungen zu den Hochschulverträgen dann außerdem in den Senat und danach das Abgeordnetenhaus eingebracht.
Klage steht noch im Raum
Ob die Hochschulen – oder einzelne unter ihnen – den Senat doch noch verklagen, das bleibt weiter in der Schwebe. Von Blumenthal sagte, dass die Hochschulen sich diese Möglichkeit bewusst offen halten. „Die Klage ist dann vom Tisch, wenn alle den Vertrag unterschrieben haben und wenn Senat und Abgeordnetenhaus sich auch an die Abmachungen halten“, sagte sie. Die Linke und Verdi kritisierten am Donnerstag die neu verhandelten Verträge und rieten den Hochschulen zur Klage. Die Chancen stünden gut.
Die Verantwortlichen auf Senatsseite bemühten sich dagegen sichtlich um den positiven Blick. Die Änderung sei eine deutliche Absenkung gegenüber den Hochschulverträgen von 2024, räumte die Senatorin ein. Die hatten einen Aufwuchs von 5 Prozent pro Jahr bis 2028 vorgesehen. Allerdings seien die Zahlen nicht direkt vergleichbar, weil das Land auch neue Aufgaben übernehmen soll.
Czyborras Staatssekretär räumte allerdings ein: „Wir werden nun 2028 dort sein, wo wir mit den ursprünglichen Hochschulverträgen 2026 sein wollten.“ Und die Senatorin sagte, dass jeder Euro in der Wissenschaft sich mehrfach für Berlin bezahlt mache. „Natürlich schmerzen mich die Kürzungen“, sagte sie. Denn die Hochschulen seien nicht nur wirtschaftlich wichtig, sondern auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Es wäre besser für Berlin, wenn wir das nicht täten“, sagte Czyborra.
Zu den staatlichen Hochschulen zählen die großen Universitäten wie Humboldt, Freie und Technische Universität, aber etwa auch die Universität der Künste (UdK), die Charité-Universitätsmedizin, die Hochschule für Technik, die Alice-Salomon-Hochschule, die Kunsthochschule Weißensee, die Schuspielschule Ernst Busch und die Hochschule für Musik Hanns Eisler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frankreich zu Palästinenserstaat
Macron kündigt Anerkennung Palästinas im September an
Deutsche Israel-Politik
130 Diplomaten im Außenministerium fordern härteren Kurs
Bettelverbot in Hamburgs S- und U-Bahnen
S-Bahn verhindert Grundrechtsentscheidung
Krieg im Gazastreifen
Keine Hilfe für die Verhungernden
Êzîdische Familie in Irak abgeschoben
Zurück ins Land des Verbrechens
Bezahlkarte soll ausgeweitet werden
Erst Geflüchtete, dann Deutsche