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Kürzung im öffentlichen US-RundfunkTrump dreht Lokalsendern den Geldhahn ab

Die Republikaner streichen in den USA die Mittel für die Rundfunkbehörde CPB. Statt „linkem Journalismus“ setzt Trump eher auf ländliche Radiosender.

Wohl bald im Funkloch: Hauptstraße von Wrangell, Alaska Foto: Wolfgang Kaehler/imago

Die kleine Insel Wrangell im Süden von Alaska wird nur von einer einzigen Straße durchzogen, und als im November 2023 das Nachbeben eines Tsunamis die Insel heimsuchte, war die Straße innerhalb von Minuten verschüttet. Die 2.000 Einwohner der Insel, deren Häuser zum Teil zerstört wurden, waren von der Außenwelt abgeschnitten. Elektrizität und Internet gab es ebenfalls nicht mehr. Nur noch das Radio funktionierte.

Über die Meldungen des örtlichen Senders KSTK blieben die Menschen von Wrangell über die Rettungsanstrengungen im Bilde. Die Station informierte sie über eingeflogene Nothilfe, Notunterkünfte und Evakuierungen. Das Radio, berichteten später die Bewohner, war damals ein Lebensretter.

Beim nächsten Tsunami müssen die Bewohner von Wrangell jedoch wahrscheinlich ohne den Lebensretter KSTK auskommen. Denn der ist einer von mehr als 1.500 lokalen Fernseh- und Radiosendern, die seit vergangenen Freitag in ihrer Existenz bedroht sind. Mitte der Woche beschloss der Senat in Washington, die bereits bewilligten 1,1 Milliarden Dollar zur Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wieder zu streichen. Kurz darauf meldete die Corporation for Public Broadcasting (CPB), von der die Bundesmittel für den Rundfunk verwaltet werden, dass sie zum Jahresende ihren Betrieb einstellen muss. Nun ist jede Form des staatlich geförderten Journalismus in den USA bedroht.

Die Entwicklung ist ein Triumph für Donald Trump. Trump ist spätestens seit Beginn seiner ersten Amtsperiode ein erklärter Feind des öffentlichen Radios und Fernsehens. Der öffentlich geförderte bundesweite Sender NPR ist laut Trump eine „Jauchegrube linksradikalen Gedankenguts“. Republikanischen Kongressabgeordneten drohte er, ihnen die Unterstützung in ihren Wahlbezirken zu entziehen, falls die dafür stimmen, „diese Monstrosität“ weiterzufördern. Rückendeckung bekommt Trump bei seinem Feldzug vom Project 2025, das als Blaupause für seine politischen Ziele gilt.

Im Großen und Ganzen liefert NPR gründlichen Journalismus

Tatsächlich gab ein ehemaliger Redakteur von NPR zu, der Sender sei nach 2016 immer weiter nach links gedriftet. Inklusion sei zur Religion geworden, die Behauptung von der Existenz systemischen Rassismus in den USA sei nicht mehr infrage gestellt worden. Und NPR habe die Theorie von der natürlichen Entstehung des Coronavirus nur allzu leichtfertig übernommen. Im Großen und Ganzen liefert NPR jedoch, seinem Auftrag gemäß, ausgewogenen und vor allem gründlichen Journalismus, wie er in der Medienlandschaft immer rarer wird.

So versuchte Trump schon einmal in diesem Frühjahr, die Fördermittel, die nur einen Bruchteil der Gelder für den Heimatschutz und die Bekämpfung illegaler Einwanderer ausmachen, per Exekutivanordnung zu streichen. Die Direktorin der CPB, Patricia deStacy Harrison, klagte jedoch mit der Begründung, nur der Kongress könne über die Förderung entscheiden. Das ist nun geschehen.

Ich weiß nicht, wo ich noch sparen soll

Cindy Sweat, Geschäftsführerin KSTK Wrangell

Die Ironie bei der Mittelkürzung ist freilich, dass NPR und sein TV-Pendant PBS kaum betroffen sind. Für sie macht die Förderung durch den Bund gerade einmal 2 bis 3 Prozent ihres Budgets aus. Durch ihre Reichweite gelingt es ihnen, sich durch Hörerspenden, Förderung durch Stiftungen und durch Werbung zu finanzieren.

Kleine Sender kommen schon so nicht über die Runden

An den Kragen geht es vielmehr lokalen Stationen, die sich in die nationale Politik gar nicht einmischen. Cindy Sweat von KSTK in Wrangell etwa sagt: „Wir kommen sowieso kaum über die Runden. Ich weiß nicht, wo ich noch sparen soll.“ Und ihre Hörer, die nicht eben Großverdiener seien, würden ohnehin schon geben, was sie können. KSTK finanziert sich, wie viele lokale Sender im Land, beinahe vollständig aus Bundesmitteln.

So steht nun ein Massensterben lokaler Radio- und Fernsehsender an, das einen ohnehin bestehenden Notstand noch weiter verschärft. Rund 200 Landkreise in den USA haben nach dem Aus der Lokalzeitungen keine lokalen Nachrichten mehr. 1.500 haben nur noch eine schmale Wochenzeitung. Rund 55 Millionen Amerikaner haben keine verlässliche lokale Nachrichtenversorgung mehr.

Ihre Diät an aktuellen Informationen besteht zunehmend aus nationalem Kabelfernsehen, das bekanntlich extrem polarisiert ist. Das schlägt sich auf das politische Ergebnis durch. Örtliche Kontrollinstanzen für Lokalpolitiker gibt es hingegen nicht mehr. Und lebensnotwendige Nachrichten bei Naturkatastrophen auch nicht.

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