Künstlersozialkasse und Corona: Heil will Selbstständigen helfen

Viele müssen in der Krise fachfremde Jobs annehmen. Der Arbeitsminister will deshalb die Hinzuverdienstgrenze in der Künstlersozialkasse erweitern.

Ein Fahrradkurier mit waremen Speisen im Rukcsack ist Abends in Stuttgart unterwegs

Etwa als Essenslieferant: Viele selbstständige Künst­le­r müssen wegen Corona fachfremde Jobs annehmen Foto: Arnulf Hettrich/imago

BERLIN taz | Es ist der Albtraum für Selbstständige, die in der Künstlersozialkasse (KSK) versichert sind: Die Einkünfte aus der künstlerischen Arbeit sinken, coronabedingt, also nimmt man auf Honorarbasis irgendwelche fachfremden Jobs zum Überleben an. Doch wer im Nachhinein von der Künstlerkasse überprüft wird, dem drohen hohe Nachzahlungen. Dem will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun mit einer Gesetzesänderung vorbeugen.

Bisher gilt die Regelung, dass Menschen, die in der Künstlersozialkasse versichert sind, durch einen nicht-künstlerischen Nebenjob als Selbstständige nicht mehr als 5.400 Euro Gewinn im Jahr machen dürfen, also 450 Euro im Monat. Heil will diese Grenze für das Jahr 2021 und 2022 pandemiebedingt anheben.

Den KünstlerInnen soll ein zusätzlicher Verdienst „im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit bis zu einer Höhe von 1.300 Euro im Monat vorübergehend ermöglicht werden, ohne ihren Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz zu verlieren“, sagt ein Sprecher des Arbeitsministeriums.

Übersteigt der Honorarjob nach der bisherigen Regelung die Grenze von 5.400 Euro im Jahr, werden die Selbstständigen zwar nicht aus der KSK geworfen, falls sie noch Einnahmen aus einer künstlerischen Tätigkeit haben. Sie dürfen aber nicht mehr über die Künstlersozialkasse in der Kranken- und Pflegekasse versichert sein, sondern müssen sich freiwillig, etwa in der gesetzlichen Krankenkasse, versichern – zu sehr viel höheren Beiträgen.

„Kunstschaffende sind gebeutelt genug“

Wenn sich nun bei einer rückwirkenden Überprüfung der Steuerunterlagen herausstellt, dass eine KünstlerIn wegen ihres hohen Nebenverdienstes im vergangenen Jahr zu Unrecht über die KSK krankenversichert war, dann „drohen hohe Beitragsnachzahlungen“, sagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, der taz. Denn die Krankenversicherungsbeiträge über die Künstlersozialkasse sind geringer als die Beiträge für eine freiwillige Versicherung, weil die KSK einen Arbeitgeberanteil durch Unternehmen und den Staat mitfinanziert.

Die KSK überprüft jährlich rückwirkend die Steuerunterlagen von zehn Prozent ihrer Versicherten. Mit einer gesetzlichen Anhebung der Nebenverdienstgrenze wären die KünstlerInnen, wenn der selbstständige Nebenverdienst dann die Grenze von 1.300 Euro im Monat, beziehungsweise 15.600 Euro im Jahr, nicht überschreitet „in diesen Überprüfungen geschützt“, sagt Zimmermann. Die Angst davor, durch einen selbstständigen Nebenjob womöglich „zu viel“ zu verdienen, wäre in diesem und nächsten Jahr gebannt. Die KSK hat rund 200.000 Mitglieder in Deutschland.

Die Union muss der Gesetzesänderung zustimmen, der Vorstoß Heils soll noch im Mai ins Kabinett. Am 17. Mai ist eine Anhörung der Verbände im Bundestag geplant, sagte ein Sprecher der Künstlersozialkasse der taz. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundesregierung diesen Vorschlag blockieren wird, die Erhöhung ist auf die Zeit der Pandemie begrenzt und die Kunstschaffenden sind schon gebeutelt genug“, meint Zimmermann.

Bei Nebenjobs im Angestelltenverhältnis gelten jetzt schon hohe Freigrenzen. Wer in der KSK Mitglied ist und einen nicht-künstlerischen sozialversicherungspflichtigen Nebenjob hat, darf durch das Angestelltenverhältnis jetzt schon bis zu 3.550 Euro brutto (im Osten: 3.350 Euro) verdienen, ohne die Mitgliedschaft zu verlieren, insoweit noch andere Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit vorliegen. Allerdings werden in diesem Fall die Krankenversicherungsbeiträge ohnehin über das Angestelltenverhältnis und nicht durch die KSK bezahlt.

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