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Künstlerinnen stellen in Leipzig ausVerpuffte Frauenpower

Die Ausstellung des MalerinnenNetzWerks Berlin-Leipzig zeigt 28 Künstlerinnen. Allerdings verzichtet das Museum auf ein diskursives Programm.

Sich vernetzen ist heute das größte Kapital Foto: MalerinnenNetzWerk

Wer dieser Tage durch das Untergeschoss des Museums der bildenden Künste Leipzig spaziert, der trifft auf über 300 Kunstwerke. Vor allem Malereien auf Leinwand, aber auch Zeichnungen, Objekte, Skulpturen und Installationen. Werke von 28 Künstlerinnen. Sie sind organisiert im 2015 gegründeten „MalerinnenNetzWerk Berlin–Leipzig“, kurz MNW. Laut Wandtext versteht es sich als Plattform für zeitgenössische Malerei, hat zum Ziel, Sichtbarkeit von Künstlerinnen in der Öffentlichkeit zu erhöhen und deren Austausch und Vernetzung zu fördern. Dafür trifft man sich zu Atelierbesuchen und „intensiven Gesprächen“.

Nun sind die 28 erstmals in einer umfangreichen Museumsausstellung zu sehen. Die einzelnen künstlerischen Positionen würden sich in der gemeinsamen Schau verbinden, behauptet das museale Wandtattoo. Auch der Ausstellungstitel würde darauf anspielen: „Voix“, Französisch für „die Stimme“ oder „die Stimmen“.

Sich zu vernetzen ist heute das größte Kapital, das gilt nicht nur für die Kunstwelt. Und wenn Malerinnen feststellen, dass sie dies bisher zu wenig getan haben, dann ist es legitim und gut, das zu ändern. Das kann jede für sich tun oder eben in einem in diesem Fall als Verein organisierten Netzwerk. Auch regelmäßige Ateliergespräche im geschützten Rahmen empfindet wohl jede Künstlerin im rauen Einsamkeitswind nach dem Kunststudium als Wohltat.

Frauen*kampftag bei taz.de

Am 8. März veröffentlichen wir auf taz.de nur Beiträge von Frauen* und nicht-binären Menschen, und auch nur diese kommen darin vor: als Expert*innen, als Protagonist*innen, auf den Fotos. Trotzdem beschäftigen wir uns nicht primär mit dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch gern als „Frauenthemen“ bezeichnet wird – sondern mit dem Tagesgeschehen.

Ob jedoch das gemeinsame Ausstellen den gewünschten Effekt hat, ist fraglich: Rücken nicht die Werke in den Hintergrund, wenn alles, was sie eint, das biologische Geschlecht ihrer Erschafferinnen ist? Die anscheinend basisdemokratische Kuratierung (das Leipziger Museum hat sich rausgehalten, kuratiert haben die Künstlerinnen selbst), erzeugt geradezu Mitleid mit guten Werken, da diese zwangsläufig durch die Brille des Netzwerkes und damit durch die Gender-Brille betrachtet werden.

Kein Diskursives Programm

Und so scheitert diese Ausstellung an der Herausforderung, ein Netzwerk auszustellen: „Voix“ gleicht einem in den Ausstellungsraum transferierten Portfolio-Stapel, in dem sich jede Künstlerin präsentiert, wobei die handwerkliche wie künstlerische Qualität vieler Werke überzeugt. Doch Besucherinnen erfahren weder, warum es nun ausgerechnet Malerinnen aus Berlin und Leipzig sind, die sich hier zusammengeschlossen haben, noch, wo deren gemeinsame Reise hingehen soll.

Wenn jedoch die einzige kuratorische Klammer eben diese strukturelle ist, bin ich als Museum in der Verantwortung gegenüber den Künstlerinnen wie den Besucherinnen, über die dringenden strukturellen Fragen der Kunstwelt zu sprechen: über männliche Professoren, die männliche Studierende bevorzugen. Über Galeristen, die die Zusammenarbeit beenden, weil ein Kind unterwegs ist. Über Stipendienprogramme, die nur selten darauf ausgelegt sind, die Familie für drei Monate mit an einen anderen Ort nehmen zu können.

Die Ausstellung

„VOIX MalerinnenNetzWerk Berlin-Leipzig“, bis 7. April, Museum der bildenden Künste Leipzig, http://malerinnennetzwerk.com.

Auf ein diskursives Rahmenprogramm, das diese Themen abbildet, hat das Museum leider verzichtet. In Zeiten von #MeToo, Gender Studies und einem Kunstmagazin monopol, das die letzte Ausgabe dem Kinderkriegen in der Kunst widmet, eine vertane Chance. Dabei hätte es vor Ort genug Gesprächspartner gegeben: Julia Schäfer, Kuratorin an der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst, sprach im November 2017 im Rahmen einer Veranstaltung an der Kunsthochschule über das Phänomen, das Künstlerinnen trotz überproportionaler Präsenz in den Ausbildungsgängen noch immer unterrepräsentiert sind.

Allein im Gemischtwarenladen

Im Juni 2018 gab es dazu in Leipzig den Aktionstag #wessenfreiheit, an dem sich Kunst- und Musikhochschulen öffentlich zu #MeToo, #notsurprised und der Debatte über die Freiheit der Kunst im Widerstreit mit der Freiheit der Künstlerinnen positionierten.

Und die Leitung des Museums hat für diese Themen eine gewisse Sensibilität: So wurde dort etwa Petra Mattheis ausgestellt, die sich künstlerisch mit der Menstruation auseinandersetzt, sowie im Rahmen von „Virtual Normality“ weibliche Netzkunst präsentiert.

Abgesehen von einer Führung mit Workshop zum Frauentag, der laut Facebook-Ankündigung mit „kritischem Blick“ die Rolle der Frau in der Kunst, in Museen und Sammlungsbeständen hinterfragen will, bleiben Besucherinnen dennoch allein mit dem Gemischtwarenladen.

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1 Kommentar

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  • Der Artikel ist ein Ärgernis, vor allem, weil er sich in keiner Weise mit dem Wichtigsten beschäftigt: Mit der gezeigten Kunst. Diese ist hervorragend, sogar hervorragend präsentiert. "Voix" lässt andere Ausstellungen im Leipziger Museum der bildenden Künste dilettantisch aussehen, man denke etwa an die unsägliche Ausstellung "MdbK meets G2" 2018.

    "VOIX" ist das Beste, was in den zwei Jahren unter der Leitung von Alfred Weidinger bislang im Museum zu sehen war. Dass der Museumsdirektor wenig zum Erfolg der Ausstellung beigetragen hat, ist bezeichnend. "Mitleid" erzeugt allenfalls das sich ahnungslos gebende Artikel. Im Mindesten hätte die Autorin verstehen können, dass ein Malerinnennetzwerk kein Feminismus- oder Diskursnetzwerk ist. Es geht in der Ausstellung um Kunst, um 28 eigenständige Positionen, sauber kuratiert. Die Positionen treten nicht zugunsten der Gruppe zurück, die Gruppe dient der Hervorhebung der Positionen. Das ist doch leicht zu verstehen.

    Die Qualität stimmt bei jeder Einzelposition. Doch es ist, wie in jeder Ausstellung: Nicht alles gefällt oder missfällt jedem gleichermaßen, nicht alles erschließt sich auf Anhieb. Bezüge können hergestellt werden, müssen es aber nicht, jede Künstlerin erhielt ihre Präsentationsfläche. Insofern ist die Verweigerung eines Kurators ein Glücksfall.

    Der Artikel ist ein Ärgernis, weil die Autorin niedermacht, was hervorragend geraten ist, die Ausstellung "Voix", und lobt, was kein Lob verdient. Wenn Die taz eine Monopol-Autorin ein Monopol zum Kinderkriegen loben lässt, ist das übel. Dass die Rolle des Museums der bildenden Künste gelobt wird, ist absurd, auch zur Mattheis-Ausstellung und deren Zustandekommen wäre einiges zu sagen.

    "Sich zu vernetzen ist heute das größte Kapital", schreibt Sarah Alberti, bauchpinselt das Museum samt Direktor, lobt das Monopol, für das sie schreibt, und verreißt eine Ausstellung, ohne sich mit ihr auseinanderzusetzen. Das ist, um es ein drittes Mal zu sagen, ärgerlich.