Kühnert-Nachfolgerin Jessica Rosenthal: Jusos wollen Machtfaktor bleiben
Jessica Rosenthal löst Kevin Kühnert ab. Sie ist zur neuen Vorsitzenden des SPD-Jugendverbandes gewählt worden, und versteht sich auf deftige Ansagen.
Die Juso-Zukunft verkörpert nun Jessica Rosenthal, Gesamtschullehrerin aus Bonn und bislang Juso-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen. Die 28-Jährige hatte keine Gegenkandidaten, ihre Wahl ist eher Routine. Sie bekommt in der Briefwahl 77,8 Prozent. Ihre Vize, die Berliner Doktorandin Ferike Thom, schneidet mit 86 Prozent besser ab.
Rosenthal gilt als eloquent und links und versteht sich auf deftige Ansagen. 2018 bezeichnete sie CSU-Innenminister Horst Seehofer mal als „Vollidiot, Spalter und Hetzer“. Doch sie beherrscht auch den ausweichenden Politsprech. Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, kommt in ihrer Rede nicht vor. Mit ihm hat Rosenthal ihren Frieden gemacht – eher widerwillig und spät. Die Jusochefin will sich für jüngere Arbeiternehmer einsetzen und plädiert für Ausbildungs- und Jobgarantien.
Klar ist: Kühnerts Fußstapfen sind sehr groß. Die Jusos, die die NoGroKo-Kampagne anführten, sind einflussreicher als früher. Ohne ihr Engagement wären Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans kaum an die Parteispitze aufgerückt. Königs- oder Königinnenmacher war die SPD-Jugend zuvor noch nie. Auch ein Juso-Chef, der wie Kühnert direkt von den Jusos zum Vize-Parteivorsitzenden aufgestiegen ist, ist ein Novuum.
„Wir sind ein Machtfaktor in der SPD geworden und werden das auch bleiben“, sagt Rosenthal nach ihrer Wahl. Die Partei sei ja bei der Schuldenbremse oder Hartz IV in Richtung der Jusos gerückt. Und sie versichert, dass die SPD-Jugend nun nicht „langweilig und brav“ werden. Das muss offenbar betont werden. Denn Kühnerts Erbe hat für die Jusos etwas Doppeltes.
Sie haben mehr Macht, sind aber auch enger an den Apparat gebunden. Ob und wie sie da ihre klassische Rolle als Kritikerin der SPD spielen werden, ist eine Frage, die Rosenthal wird beantworten müssen. Werden sie ihrem Ex-Vorsitzenden auch mal Kontra geben? Es klingt nicht so. Rosenthal betont, dass die Jusos Kühnerts politische Heimat bleiben. „Wir werden weiter als Team zusammenarbeiten“, verspricht sie. Die Jusos, sagt sie, seien schon immer mehr als „nur Opposition zur Parteiführung“ gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste