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Kroatien und EuropaDas bisschen Korruption …

Dass kroatische Prä­si­den­t*in­nen korrupt sind, ist amtlich belegt. Aber ist es anderswo wirklich besser?

Fischerdorf am Vruje im Nationalpark Kornaten Foto: Rainer Hackenberg/dpa

M it Luftmatratzen und Gummibooten werden Anfang Juli hunderte Demonstranten zum „Festival der illegalen Bauwirtschaft“ in die dalmatinische Adriabucht Vruje anreisen. Der Höhepunkt: die Verleihung des „Preises für die erfolgreichste Zerstörung der kroatischen Küste“. Die Konkurrenz ist stark, aber auch dieses Mal gilt der Unternehmer Stipe Latković als aussichtsreichster Kandidat für die Trophäe.

Atemberaubende, hunderte Meter hohe Felswände fallen in der Bucht Vruje steil ins Meer ab. Man erreicht sie nur auf dem Wasser- oder einem schwer zugänglichen Ziegenweg. Bislang standen hier zwei alte unbewohnte Steinhäuser. Dank windiger Konzessionen können nun auch die Mercedesse reicher und einflussreicher Kroaten die abschüssigen Serpentinen passieren: zur umstrittenen Villa Latković.

Auf dem Festival wird unter anderem eine kostenlose Opferberatung angeboten: ein Psychiater hilft Personen, die „Kontakt mit staatlichen Institutionen“ hatten. Die Ironie ist bitter. Wer ein Mal in einer kroatischen Behörde oder, Gott behüte, einem Katasteramt war, kommt mit einem nachhaltig zerstörten Vertrauen in den funktionierenden Rechtsstaat wieder raus: Niemand wird dich vor Unrecht schützen.

Latković aber kann ruhig schlafen. Er weiß, dass er außerhalb des Festivals die restlichen 364 Tage in Ruhe gelassen wird. Für seine Bauzulassung soll der sozialdemokratische Ex-Präsident Stipe Mesić ein gutes Wort eingelegt haben. Dass diverse konservative kroatische Prä­si­den­t*in­nen korrupt sind, ist amtlich belegt.

Gar nicht so hässlich

Dass auch der fortschrittlichste kroatische Ex-Präsident Mesić den Rechtsstaat hintergeht, wird hierzulande so erklärt: Er schaffe doch gute Arbeitsplätze, nachhaltige Investitionen und sorge für guten Geschmack. Es sei am Ende besser, man fördere gute Dinge „auf ein bisschen kürzeren Wegen“, weil doch sonst nur über Schwarzarbeit finanzierte Betonruinen mit angeschlossener Frittenbude die Landschaft ruinierten.

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In der Tat ist die Villa Latković kein monströses Monument des schlechten Geschmacks wie die Mehrheit kroatischer Küstenmöblierung. Worin sich allerdings Experten einig sind: Die EU hat einen Anteil daran, dass Latković eine Bauzulassung bekam. Brüssel verfolgte zur Aufnahme Kroatiens in die EU 2013 insbesondere die illegale Bauwirtschaft. Symbolträchtig ließ Kroatien damals einige Häuser an der Ri­vie­ra abreißen und legalisierte tausende Objekte, darunter auch Latković’ Villa.

Die Bekämpfung der Korruption war der EU zwar auch wichtig. Doch die Rezepte aus der kroatischen Küche verwendeten für das eine Ziel meistens den „ein bisschen kürzeren Weg“. Und kamen damit durch. Wieder hieß es: Man wolle nur Gutes, den EU-Beitritt.

Der Europäische Rechnungshof verkündete am Montag Alarmierendes: Die EU tue viel zu wenig im Kampf gegen die Korruption, Reformen seien dringend nötig. Gerade mal 18 verdächtige Einträge weise die Datenbank auf. In den USA habe sie 140.000 Einträge.

Die Russlandpolitik deutscher Po­li­ti­ke­r*in­nen damit zu entschuldigen, sie hätten ja nur Gutes tun wollen, indem sie einem Psycho die Lizenz für unseren Gashahn erteilten, erinnert fatal an die Entschuldigung sozialdemokratischer und liberaler Teile Kroatiens für den etwas kürzeren Weg. Das „bisschen“ Korruption, es hat hier wie dort extrem zerstörerische Auswirkungen.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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