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Kritische RohstoffeÜberheblich und schlafmützig

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Für Erneuerbare sind mehr Metalle nötig als bei der Nutzung von Gas und Öl. Die Industrie hat Chancen zur sicheren Rohstoffversorgung versäumt.

Arbeiter beim Abbau seltener Erden in der Provinz Jiangxi in China Foto: reuters

N ein, was meckern und motzen sie derzeit. Das Fernsehen, die sozialen Netzwerke, die Podien sind voll von Unternehmer:innen, die sich an der schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten abarbeiten. Zu viel Bürokratie, zu viele Verbote, die falschen Anreize, das Unternehmertum: abgewürgt!

Eine kleine, unscheinbare EU-Verordnung kickt den Problemball jetzt aber mit Schmackes ins Feld der Wirtschaft, und offenbart die ungute Mischung aus Überheblichkeit und Schlafmützigkeit, die in vielen Chefetagen herrscht. Zum „Critical Raw Materials Act“, also zu der Verordnung über kritische Rohstoffe, musste sich die EU ja nur deswegen aufgerufen fühlen, weil die Chefeinkäufer in den Unternehmen seit Jahren nur darauf achten, möglichst preisgünstig auf dem Weltmarkt Rohstoffe einzukaufen.

Jedes Mal, wenn es dort Erschütterungen gibt, rufen sie laut nach staatlicher Hilfe. Und machen so weiter wie zuvor, wenn sich die Lage beruhigt hat. Seit die chinesische Regierung vor mehr als zehn Jahren erstmals offen gezeigt hat, dass sie den Export von Rohstoffen als Machtfaktor betrachtet, hat es zahlreiche Initiativen zur sicheren Rohstoffversorgung gegeben: Minenprojekte in Kalifornien und Australien, millionenschwere staatliche Forschungsförderung für Recycling und Substitution in Europa und bergeweise Konzepte für die Schaffung von Sekundärrohstoffmärkten.

Die Industrie hat nichts daraus gemacht, billig war immer besser als nachhaltig. Nachhaltig hier mal ganz klassisch im Sinne der Forstwirte verstanden: einen Rohstoff so nutzen, dass die beständige Versorgung damit sichergestellt ist. Nicht einmal das haben die Unternehmen bislang alleine hinbekommen, sondern zugelassen, dass sie von wenigen, politisch schwer kalkulierbaren Staaten abhängen.

Was man den lautstarken Wirtschaftsführern also wünschen möchte, ist Demut. Demut vor den eigenen Versäumnissen in Bezug auf sichere Lieferketten und erst recht vor den Fehleinschätzungen über die ökologischen Folgen ihres unternehmerischen Handelns.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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11 Kommentare

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  • Naja... dass taz-Journalisten dafür gewesen sein wollen, den Berg- und Tagebau in Deutschland auszubauen, mit all seinen ökologischen Konsequenzen, halte ich für eher unglaubwürdig.

  • Wir hatten eine sichere Rohstoffversorgung mit Gas aus Russland. Wir haben uns dafür entschieden, diese aufzugeben. Das hat mit der Industrie nun eher wenig zu tun, denn dieser Schritt war von der Politik so gewollt.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Sicher ist eine Rohstoffversorgung aus Russland nur, wenn man sich politisch genehm verhält.

      Welchen Vorteil soll es haben, von einem feindlich gesonnenen Land abhängig zu sein?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      rohstoffversorgung ist nicht nur eine rationale Entscheidung (wie viel) sondern auch immer eine emotionale Entscheidung (woher).

      Es wäre rationaler Fracking mit umweltschonenderen Methoden (gibt es) in Deutschland zu fördern und nich das Gas in den USA mit niedrigeren Auflagen fördern lassen. Das Gas muss dann auch noch verflüssigt werden und transportiert, es gibt dabei Gasverluste. Methan tritt auch bei nicht genutzten Feldern noch auf.

      Wir könnten Mitgefühl haben mit den Menschen im Jemen oder mit dene in der Ukraine, Putin einen Ditator nennen (zu Recht) aber Gas vom Kopfabschneider kaufen.

      Die Barbarei an der Saudischen Grenze hatte auch keine Konsequenzen, wobei das kaum überbietbare Grausamkeit war auf dem Niveau der Hamas.

      Unser Mitgefühl richtet sich danach wie sehr wir mit den Unterdrückten/ angegriffenen sympatisieren können.

      Hautfarbe, Religion und geografische Lage spielen hier sehr wichtige Rollen.

      Und nach diesen Sympathien muss sich auch die Politik richten in allen Bereichen, auch bei der Energieversorgung.

      • @sociajizzm:

        Das liegt und lag wohl vor allem daran, dass die Ukraine uns als direkter Nachbar zu EU- und NATO-Gebiet nicht nur kulturell, sondern vor allem geostrategisch erheblich näher liegt und eine Invasion Russlands unsere eigene Sicherheit in erheblich stärkerem Maße bedroht als Saudi-Arabiens barbarischen Vorgehen im Jemen.



        Auch bei Aserbaidschans Vorgehen gegen Armenien fielen die europäischen Reaktionen eher spärlich aus. Man könnte das, um den israelischen Satiriker Ephraim Kishon zu zitieren, auch als "Reölpolitik" bezeichnen.

        • @Olli P.:

          Wenn der Zugang zu Öl hinter jeder geopolitischen Entscheidung des Westens stünde, hätte man Russland in der Ukraine gewähren lassen, versucht die USA vom Irakkrieg abzuhalten und niemals Libyen bombardiert....all das hat dem Westen jede Menge Ölquellen gekostet.

  • Das liegt auch daran, wer in Deutschland überhaupt in die "Chefetagen" aufsteigt. Da scheint man ja schon eine Portion Narzissmus mitbringen zu müssen, zumindest dann, wenn man nicht aus entsprechend gut vernetzten Familien stammt. Demut ist da nicht ganz oben, auf der Liste der Eigenschaften.

  • Der "Markt" kann nur billig, das ist der einzige immanente Regelmechanismus, strategisch oder gar wirtschaftlich nachhaltig (im ökonomischen Sinne) kann "Markt" nicht.



    Dafür braucht es marktunabhängige, sprich von der "Billiglogik" entkoppelte Regulatoren, sprich den Staat.



    Sicher ein Staat ist nicht der Garant für gute Planungen, es kommt auch auf die konkrete Politik an, aber ein Staat ist der einzige Akteur der genau solche falschen (immanenten) Marktanreize korrigieren kann.

    • @nutzer:

      Da vergessen Sie aber den freien Willen des Verbrauchers und seines Sklaven, dem Hersteller. Wer will der kann unabhängig sein. Natürlich zu einem Preis der Unabhängigkeit. Wenn es nicht klappt in der Wirtschaft rufen fast alle immer gleich dem Staat weil plötzlich die Abhängigkeit in den wirtschaftlichen Fokus tritt. Ein klassischer Fall von funktionalen Versagen des Fachbereichs BWL. Häufig sind die, welche die Abhängigkeiten auf Kosten niedriger Beschaffungskosten schon vom Acker gemacht; natürlich nicht ohne die Boni mitgenommen zu haben. Nachhaltige Verantwortungsüvernahme sieht eben anders aus. Daher sollten die grossen Konzerne auch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.

      • @Sonnenhaus:

        Die BWL versagt nicht, die BWL kann den derzeitigen Zustand sehr gut rational erklären.

        Es gibt keinen Anreiz und gab noch nie einen Anreiz externe Kosten zu verringern insb. auf Kosten operativer Größen (Gewinnmarge, Umsatz). Das Unternehmen trägt in erster Linie die Verantwortung gegenüber den Anteilseigner:innen. Diese erwarte Gewinne, steigende Gewinne und zwar am besten dieses und nicht nächster Quartal. Das ist auch alles völlig normal, so funktioniert die freie Martwirtschaft. (Die meisten) Unternehmen existieren um einen Gewinn zu erwirtschaften.

        Ziel sollte es sein langfristige Kosten oder Kosten von Sklaverrei zu operativen Kosten der Unternehmen zu machen. Gelingt dies, dann erhalten die Bauern einen auskömmlichen Lohn... eher noch morgen als übermorgen.

    • @nutzer:

      Sehr richtig. Ein Geschäftsführer der nicht das Optimum für sein Unternehmen anstrebt verliert seinen Job oder macht sich im schlimmsten Fall strafbar. Wirtschaftliche Zusammenhänge kann man nicht einfach wegwünschen.