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Kritische Medien auf den PhilippinenFurchtlose Berichterstattung in Gefahr

Auf den Philippinen ist kritische Berichterstattung unerwünscht. Präsident Rodrigo Duterte scheut dabei vor nichts zurück.

Mittelfinger für die Pressefreiheit: der philippinische Präsident Rodrigo Duterte Foto: ap

Peking taz | Die schlechten Nachrichten aus der Heimat erreichten Maria Ressa an dem Tag, an dem die Internationale Journalistenvereinigung ICFJ ihr den prestigeträchtigen „Knight International Journalism Award“ verlieh. Während Ressa, eine der profilitiersten Investigativjournalistinnen der Philippinen, in der Laudatio am vergangenen Freitag für ihre furchtlose Berichterstattung über den brutalen Drogenkrieg von Präsident Rodrigo Duterte und dessen repressives Regime gelobt wurde, lastet das Justizministerium in Manila Ressas Onlinemedienfirma Rappler Steuerhinterziehung in Millionenhöhe an.

Es ist bereits das zweite Mal binnen eines Jahres, dass sich Ressa, die Rappler 2012 als Plattform für unabhängigen, investigativen Journalismus gegründet hat, gegen juristische Vorwürfe zur Wehr setzen muss. Bereits Anfang 2018 war der Medienfirma auf Grundlage letztlich nicht haltbarer Vorwürfe vorübergehend die Geschäftslizenz entzogen worden.

Für die vielfach ausgezeichnete frühere CNN-Bürochefin ist klar, was hinter den Anklagen steckt: „Das ist ein eindeutiger Versuch, uns weiter einzuschüchtern und uns das Leben schwer zu machen. Die Regierung will uns mundtot machen, weil wir unbequem sind.“

Mit dem Vorwurf dürfte Maria Ressa richtig liegen. Der 2016 ins Präsidentenamt gewählte Duterte hat sich von Beginn an als Gegner einer freien, kritischen Berichterstattung geoutet. Wer ihn mit unliebsamen Fragen konfrontierte, wurde als feindlicher Spion beschimpft. Von US-Präsident Donald Trump sah er sich die Masche ab, unliebsamen Medien die Verbreitung von Fake News vorzuwerfen. Er erklärte gar öffentlich, dass sich hartnäckige Journalisten nicht wundern müssten, wenn sie Opfer eines Mordanschlags würden.

Politische Kungeleien

Eine Bemerkung, die un­sensibler nicht hätte sein können, sind die Philippinen doch tatsächlich eines der gefährlichsten Länder weltweit für Journalisten. Dutzende Reporter sind in den vergangenen Jahren ermordet worden, weil sie dunkle Machenschaften oder politische Kungeleien der Reichen und Mächtigen aufzudecken versuchten.

Die Anschläge verlaufen immer nach dem gleichen Muster: Unbekannte Vermummte geben von Motorrädern aus Schüsse ab und verschwinden ebenso schnell, wie sie aufgetaucht sind. Die Aufklärungsrate dieser Auftragsmorde ist beschämend gering.

Vor einem Urnengang sind kritische Reporter besonders gefährdet

Derzeit steigt die Zahl der Anschläge auf Journalisten wieder, denn im Mai 2019 werden Senatoren-, Gouverneurs- und Abgeordnetenposten ebenso vergeben wie Zigtausende Ämter auf lokaler Ebene. Für die Bewerber steht viel auf dem Spiel: Auf den korrupten Philippinen ist ein politisches Amt gleichbedeutend mit einem Lotterie­gewinn. Kritisch recherchierende Reporter bedrohen den Wahlsieg und leben in den Monaten vor einem Urnengang besonders gefährlich.

Angefacht von Dutertes Tiraden hat sich das Arbeitsklima für Journalisten auf den Philippinen grundsätzlich verschlechtert. Im jüngsten Pressefreiheits-Ranking ist der südostasiatische Archipel um 6 Stellen auf Platz 134 von 180 Staaten gefallen. Rapplers furchtlose Reporter sind dem autoritären Staatschef ein besonderer Dorn im Auge: Duterte selbst sorgte dafür, dass Maria Ressa und einer Kollegin die Akkreditierungen zum Pressekorps des Präsidentensitzes entzogen wurden.

Mord- und Vergewaltigungsandrohungen

In sozialen Medien sehen sich Rappler-Journalisten nicht nur üblen Verleumdungen ausgesetzt. Mord- und Vergewaltigungsandrohungen würden vor allem junge Kollegen belasten, beklagt Ressa.

Ans Aufgeben denkt sie nicht: „Wir werden uns juristisch gegen diese fabrizierten Vorwürfe zur Wehr setzen, genauso wie zu Beginn des Jahres.“ Allerdings gibt sie in einem Interview zu, dass die Zukunft der freien Berichterstattung auf den Philippinen „unsicherer denn je“ ist. „Als Nächstes kommt dann womöglich ein Haftbefehl“, befürchtet die Rappler-Chefin.

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1 Kommentar

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  • Überall spanische Namen, der Staatsname Islas Filipinas, auch die Inseln, die Provinzen, Städte, Kirche, selbst die Fiestas und sogar der Unabhängigkeits-Nationalheld (José Alonso sowieso), alles spanisch, aber die Sprache selbst spricht kein Mensch.

    Also äußerst merkwürdig die ganze Veranstaltung. Mindestens so undurchsichtig wie der Schuhschrank von Imelda Marcos. (...noch'n span.Name)