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Kritik von RegierungspolitikernDruck auf Bahn wächst wegen Ende der Familienreservierung

Bundespolitiker fordern die Deutsche Bahn auf, die Abschaffung der Familienreservierung zurückzunehmen. Ein Vorschlag: Streicht lieber Vorstandsboni.

Wenn der ICE so leer ist, braucht man auch keine Reservierung. Kommt aber selten vor Foto: Uwe Zucchi/dpa

Berlin dpa/taz | Die Deutsche Bahn steht wegen der am Sonntag in Kraft getretenen Abschaffung der Familienreservierung immer stärker unter Druck. „Da ist die Bahn völlig falsch abgebogen“, sagte Bundesumweltminister Carsten Schneider den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Für die Umwelt sei es wichtig, dass Bahnfahren attraktiv sei, gerade auch für Familien, betonte der SPD-Politiker. „Familien wollen beim Bahnfahren zusammensitzen und sie müssen sich die Bahnfahrt auch leisten können.“

Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) bezeichnete die Entscheidung als „falsches Signal“. Zwar bleibe die Bahn ein sehr familienfreundliches Verkehrsmittel. „Aber ich setze ein großes Fragezeichen dahinter, ob man sich jetzt in der Hauptreisezeit und zu einem Zeitpunkt, wo wir viele Aufgaben vor uns haben, das Bahnfahren attraktiver zu machen, damit einen Gefallen tut“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

„Statt die Familien zur Kasse zu bitten, sollte die Bahn die Boni ihrer Vorstände und Manager hinterfragen“, verlangt der tourismuspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Kießling. „Die Entscheidung des Bahnvorstandes ist nicht nur unsozial. Die Bahn fällt mit ihrem Schritt auch der Tourismuswirtschaft in den Rücken, die sich um umweltfreundliche Angebote bemüht.“

Die Regierung will aber nicht eingreifen. Die Entscheidung falle ins operative Geschäft der Bahn, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Die gestalte ihre Tarifpolitik selbst.

Neue Regeln seit Sonntag in Kraft

Der bundeseigene Konzern hatte am Dienstag mitgeteilt, dass Familien ab dem Fahrplanwechsel am 15. Juni nicht mehr zum Pauschalpreis beliebig viele Sitzplätze für sich und die Kinder reservieren können. Stattdessen müssen alle Reisenden – auch Kinder – jeweils für eine Sitzplatzreservierung zahlen. Zusätzlich wird der Preis für eine Reservierung in der zweiten Klasse um 30 Cent teurer und liegt dann bei 5,50 Euro pro Platz. In der ersten Klasse kostet der feste Platz dann 6,90 Euro statt 6,50 Euro.

Konkret bedeutet das: Anstelle der 10,40 Euro für eine Familienreservierung bezahlt eine Familie mit zwei Kindern künftig 22 Euro. Für Hin- und Rückweg kommen 44 Euro zusammen.

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2 Kommentare

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  • Wenn die jetzt an der Regierung beteiligten Parteien nur wieder massiv die Automobilindustrie fördert - Stichwort E-Autos im höheren Preissegment, sollte Verkehrsminister Patrick Schnieder sich flux Mehrheiten innerhalb der Abgeordneten suchen, um auch den ÖPNV & die Bahn merkbar zu subventionieren.

  • "Die Regierung will aber nicht eingreifen." Das ist wieder mal eine solche Unglaublichkeit, die niemand !! versteht. Es mag "das operative Geschäft" der Bahn angehen oder auch nicht, es ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Verantwortlichen nicht mal ein Mindesmaß an Verantwortung zeigen. Da kocht ohnmächtige Wut hoch: wieder mal wird die Bevölkerung vollkommen allein gelassen obwohl man helfen KÖNNTE. Doch was schert das die Regierung? Man verdirbt es sich offenbar nicht gern mit den Kumpels im Bahnvorstand, gell??