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Kritik an Teststrategie in KitasFokus auf die Kleinen

Nach den Ferien wird es in den Berliner Kitas wieder voll. Doch im Gegensatz zu den Schulen werde kaum getestet, kritisiert der Landeselternausschuss.

Nicht so lecker wie ein Lolli, heißt aber trotzdem so: PCR-Tests zum Lutschen Foto: picture alliance/dpa | Roland Weihrauch

Berlin taz | Seit Montag sind in Berlin die Sommerferien zu Ende, und auch die Kitas füllen sich wieder mit Rückkehrer-Kindern aus dem Sommerurlaub. Doch während die Corona-Testkapazitäten in den Schulen in den ersten Unterrichtswochen massiv hochgefahren werden, sind die Kitas weit weniger gut ausgestattet, wie nun auch der Landeselternausschusses Kita (Leak)kritisiert. Das Pilotprojekt, mit dem seit Ende Juli nach der PCR-Pooling-Methode in 30 Berliner Kitas getestet wird, komme mit Blick auf die bereits zu Ende gehende Urlaubszeit viel zu spät und reiche bei weitem nicht. „Wir haben den Eindruck, dass die Kitas gerade total vergessen werden“, sagt die stellvertretende Leak-Vorsitzende Anja Kettgen-Hahn der taz.

Konkret sieht die Berliner Kita-Teststrategie von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) so aus: Kinder werden lediglich „anlassbezogen“ getestet, wenn sie also zum Beispiel mit Schnupfnase oder anderen Erkältungssymptomen im Morgenkreis sitzen. Die Eltern müssen einwilligen und den Test selbst durchführen. ErzieherInnen müssen die Möglichkeit bekommen, sich zweimal pro Woche testen zu können.

Außerdem sollten die Träger zum Start des Kita-Jahres am 1. August 500.000 Schnelltests bekommen, die für drei Tests pro Kind reichen sollen. Die Kitas können selbst entscheiden, ob sie damit zum Beispiel eine Woche lang jedes Kind dreimal testen wollen (sofern die Eltern das wollen). Allerdings geht das dann zugleich zu Lasten des Kontingents für die „anlassbezogenen“ Tests.

Der Pilotversuch in den 30 Kitas soll nun Erfahrungswerte zu sogenannten PCR-Pooling-Tests liefern: Die Kinder lutschen an einem Wattestäbchen („Lolli-Test“), die Proben werden gruppenweise ausgewertet, und nur, wenn es in einem Pool ein positives Testergebnis gibt, soll einzeln nachgetestet werden. Die PCR-Methode gilt als zuverlässiger als die Schnelltests.

Furcht vor dem Herbst

Eigentliche eine gute Idee, sagt der Landeselternschuss, aber zu spät, um die ohnehin recht überschaubare Teststrategie für die Berliner Kitas zu stützen: „Das Projekt läuft sechs Wochen und würde gefolgt von einer Ausschreibung sein, so dass effektiv frühestens im Herbst mit dieser Methode gearbeitet werden kann“, kritisieren die ElternvertreterInnen. Man verpasse jetzt die „Chance, einen frühzeitigen Anstieg der Inzidenz zum Beispiel durch Reiserückkehrer zu unterbinden.“

Ein Problem sehen die Eltern auch darin, dass in der Coronavirus-Testverordnung des Bundes Kitas und Schulen nicht als Einrichtungen gelten, in denen Kinder und Personal automatisch Anspruch auf einen Test haben, auch wenn sie keine Symptome haben. Die Länder können das zwar regeln – aber sie müssen es eben auch nicht, siehe die Regelung für Kita-Kinder in Berlin.

Wenn man betone, dass man Kitas und Schulen offen halten wolle, sagt Kettgen-Hahn, müsste sich das dann auch in der Verordnung entsprechend widerspiegeln und die Pool-Tests für die Länder auch ausfinanziert werden. Der Leak kalkuliert mit Kosten von rund 27 Millionen Euro im Monat bei zwei Tests pro Kind und Woche, wenn man 2 Euro pro Test zu Grunde lege und von rund 173.000 Kita-Kindern in Berlin ausgehe.

Die Jugendverwaltung sagte auf auf taz-Anfrage, das Testkonzept für die Kitas sei ausreichend – auch, weil „die Erzieherinnen und Erzieher inzwischen mehrheitlich geimpft sein dürften“. Über die Einführung einer Testpflicht für den Kitabesuch analog zur Testpflicht für die Schulen denke man derzeit nicht nach, teilte ein Sprecher mit.

Allerdings solle der Pilotversuch mit den Lolli-Tests auch darüber Aufschluss geben, ob die Pooling-Methode auch auf die Schulen ausgeweitet werden könnte. Testkapazitäten gebe es genügend für Berlin, hatten die akkreditierten Labore in der Medizin, ein Zusammenschluss mehrere Labore, bereits vor den Sommerferien verlauten lassen.

Aus Sicht von Kettgen-Hahn spricht nichts gegen die Einführung einer Testpflicht auch für Kita-Kinder – sofern die Lolli-Methode nach dem Piloten flächendeckend angewandt werde. „Das ist nicht invasiv wie der Nasentest, den Kindern macht das häufig sogar Spaß.“

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1 Kommentar

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  • "Die Jugendverwaltung sagte auf auf taz-Anfrage, das Testkonzept für die Kitas sei ausreichend – auch, weil „die Erzieherinnen und Erzieher inzwischen mehrheitlich geimpft sein dürften“. Über die Einführung einer Testpflicht für den Kitabesuch analog zur Testpflicht für die Schulen denke man derzeit nicht nach, teilte ein Sprecher mit."

    Nur nachvollziehbar. Das Offenhalten von KiTas und Schulen wird hauptsächlich dadurch gewährleistet, dass man diese nicht schließt. Gerade ein

    Und das sollte gewährleistet sein, so lange man sich nicht an festen Inzidenzwerten orientiert, sondern lediglich eine mögliche Überlastung der Krankenhäuser verhindert, die momentan schon extrem unwahrscheinlich erscheint.

    Ein stringentes Niederhalten des Virus zum jetzigen Zeitpunkt könnte sogar viel mehr dazu führen, dass eine Welle im Winter stärker würde und dann möglicherweise doch nochmal merkliche Einschränkungen nötig würden, weil dann eben keine erhöhte Teilimmunität in der ungeimpften Bevölkerung besteht.

    Die kommende Welle dürfte ihren Höhepunkt irgendwann Ende September erreichen. Und so lange es keine merklichen Probleme im Gesundheitswesen gibt, sollte man versuchen, mit möglichst wenig Einschränkungen durchzukommen. Je mehr Einschränkungen jetzt vorgenommen werden, umso mehr Einschränkungen brauchen wir auch in Zukunft.

    Mit dem Zeitpunkt, an dem alle geimpft sind, die wollen und können, kann es nur noch diese Taktik geben, um die Pandemie zu beenden. Alles andere verlängert lediglich die Pandemie.