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Kritik an TeslaZoff bei der Anhörung

Kommentar von Susanne Messmer

Dreimal wird die Erörterung der Einwände gegen den Bau der Tesla-Fabrik in Grünheide am Mittwoch unterbrochen. Es gibt drei Befangenheitsanträge.

Kritik auch vor der Stadthalle Erkner, wo die Anhörung am Mittwoch stattfand Foto: dpa

E nde vergangenen Jahres wurde es publik: Schon ab Sommer 2021 sollen im idyllischen Grünheide bei Berlin bis zu 500.000 recht großformatige Elektroautos vom Band rollen. Die Pläne des exzentrischen Autobauers Tesla aus dem Silicon Valley sind in Brandenburg eingeschlagen wie ein Komet.

Das wurde erneut bei der Erörterung der Einwendungen klar, die am Mittwoch in der Stadthalle Erkner stattfand, etwa fünf Kilometer westlich von Grünheide. Eigentlich sollte diese Veranstaltung bereits im Frühjahr stattfinden, dann kam Corona und eine Änderung des Bauantrags durch Tesla. Nun, da die über 400 Einwendungen, wenn auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, endlich diskutiert werden dürfen, wirkt der inzwischen recht massive Baufortschritt in Grünheide dank Vorabgenehmigung für viele wie ein Schlag ins Gesicht. Wald wurde gerodet, erste Betonklötze stehen.

Die Angst und der Ärger der Menschen, die hier leben, wirken wuchtig, sind aber auch nachvollziehbar. 12.000 Arbeitsplätze in der ersten Version der Fabrik, das wird der Region ordentlich einheizen. Dies ist aber nur das Eine. Das Andere ist die berechtigte Sorge der Menschen um ihre Ruhe, ihre Natur, ihr Trinkwasser. Selbst im stoischsten aller Bundesländer ist die Angst vorm Klimawandel angekommen – und sei es auch nur wegen der letzten heißen, trockenen Sommer, die viel Schaden angerichtet haben in der ohnehin dürren Sandbüchse Mark Brandenburg.

Die Fabrik wird zum Teil in einem Wasserschutzgebiet stehen. Trotzdem hat die örtliche Wasserbehörde Tesla am Abend vor der Erörterung durchgewunken. Noch im Juli hatte ein Verbandsvorsteher vor zu wenig Trinkwasser für den Ausbau gewarnt.

Bis jetzt steht Tesla eher für eine Wette auf die Zukunft. Und nicht, wie manche meinen, für die Zukunft selbst

Und abgesehen davon: Was helfen Elektroautos, wenn man sie mit Atomstrom füttert und anderswo bei der Rohstoffgewinnung für die Batterien ganze Landstriche zerstört? Bis jetzt steht Tesla eher für eine Wette auf die Zukunft. Und nicht, wie manche meinen, für die Zukunft selbst.

Insgesamt dreimal wird die Erörterung am Mittwoch unterbrochen. Diskussionsleiter Ulrich Stock vom Brandenburger Landesamt für Umwelt wiegelt immer wieder Argumente als „nicht verfahrensrelevant“ ab. Er droht, Rednerinnen das Mikro abzustellen. Es hagelt insgesamt drei Befangenheitsanträge. Am Donnerstag heißt es dann gleich noch einmal, Stock sei nicht neutral.

Das blöde Gefühl der sogenannten Einwender, um Beteiligung gebeten worden zu sein, obwohl „die da oben“ schon längst alles entschieden zu haben scheinen: auch das hat seine Berechtigung. Stock ist nicht der erste, der schon vor der Erörterung gesagt hat, es seien „keine grundsätzlichen Genehmigungshindernisse zu erkennen“. Wahrscheinlich wäre es selbst einer hoch pokernden Firma wie Tesla zu riskant gewesen, einfach drauflos zu bauen, wenn sie ernsthaft mit einem Rückbau bei Nichtgenehmigung zu rechnen hätte.

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1971, schrieb 1995 ihren ersten Kulturtext für die taz und arbeitet seit 2001 immer wieder als Redakteurin für die taz. Sie machte einen Dokumentarfilm („Beijing Bubbles“) und schrieb zwei Bücher über China („Peking" und "Chinageschichten“).
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3 Kommentare

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  • Wie sich die Zeiten ändern. Vor 30 Jahren hätte man Musk mit Kusshand und Blumenkranz in Grünheide begrüßt, da bin ich sicher. Heute sorgt man sich um seine Ruhe.



    Aber sicherlich wird das Werk fertiggebaut, das kann sich kein klar denkender Lokalpolitiker nehmen lassen.

    • @Fabian Wetzel:

      Wie sich die Zeiten ändern. Vor 50 Jahren hätte man ein AKW mit Kusshand und Blumenkranz in Grünheide begrüßt, da bin ich sicher. Heute sorgt man sich um Radioaktivität.



      Aber sicherlich wird das Werk fertiggebaut, das kann sich nur ein klar denkender Lokalpolitiker nehmen lassen.

  • Das Baurecht ist hinsichtlich Industrieansiedlungen ohnehin eine reine Surrogatgesetzgebung.

    Gorleben, Asse, Herfa, Konrad, Wolfen / Bitterfeld, Leverkusen, Moorfled, die CO-Pipeline und alle AKW - diese Projekte wurden allesamt am Volk vorbei durchgedrückt.



    Und natürlich ist das nur die Spitze des Eisbergs.

    Natürlich sind Industrieansiedlungen wichtig und unverzichtbar. Aber dann sollte doch die Politik nicht so tun, als ob das Volk da irgendwie mitentscheiden dürfte.