Kristin Helberg über die Anzeige gegen Assad: Unerträgliche Straffreiheit
Seit fünfeinhalb Jahren steht in Syrien auf Massenmord: Straffreiheit. Egal was das Regime des Diktators Baschar al-Assad tut – es bleibt folgenlos. Assad wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuklagen, liegt deshalb nah. Zumal es Beweise genug gibt: Berichte von UN-Untersuchungskommissionen und Menschenrechtsorganisationen, dazu 28.707 Leichenfotos des desertierten Militärfotografen namens „Caesar“. Die Kommission für Internationale Gerechtigkeit und Verantwortung (Cija) hat sogar fertige Akten mit den Namen von Verantwortlichen parat. Was bislang fehlte, war ein zuständiges Gericht.
Der Internationale Strafgerichtshof fällt aus, weil Damaskus ihn nicht anerkennt und Russland im UN-Sicherheitsrat eine Überstellung nach Den Haag verhindert. Auch für ein sogenanntes hybrides Gericht in einem Nachbarland fehlt das Einverständnis der Vereinten Nationen. Deshalb können internationale Strafrechtler die Verbrechen in Syrien nur vor nationalen Gerichten verhandeln. Unter anderem dann, wenn die Verbrechen so schrecklich sind, dass sie die ganze Welt angehen. Auf Letzteres berufen sich die sechs Anwälte, denn die Bundesrepublik hat dafür ein Völkerstrafgesetzbuch.
Deutschland ist der perfekte Ort für die Anklage, denn nirgendwo im Westen leben so viele geflüchtete Syrer: eine halbe Million potenzielle Zeugen für die Gräueltaten. Viele davon hören sich die Anwälte täglich an, wenn sie die Syrer in Asylverfahren vertreten. Daher der Wunsch, diese Aussagen für etwas Größeres zu nutzen: eine Anzeige gegen Assad.
Auch wenn diese zunächst folgenlos bleibt, die Botschaft an die Syrer ist wichtig: Assad ist kein kleineres Übel, sondern ein Kriegsverbrecher. Nicht der IS tötet die meisten Zivilisten, sondern das Regime. Und nein, wir werden nicht mit Assad zusammen den Terror bekämpfen– schließlich ist er in Deutschland wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.
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