Krise zwischen Uganda und Deutschland: Fake-Telefonat sorgt für Fake-Strafmaßnahme
Weil der deutsche Botschafter in Uganda angeblich Rebellen unterstützt, kündigt Uganda die militärischen Beziehungen. Dabei gibt es beides gar nicht.

Der ugandische „Shitstorm“ gegen die Deutschen ist Ergebnis einer politischen Entwicklung, die sich seit vielen Monaten zuspitzt. Im Januar 2026 sind Wahlen anberaumt. Ugandas 80-jähriger Präsident Yoweri Museveni will erneut antreten, er regiert bereits seit 1986. In den Startlöchern steht auch sein ältester Sohn Muhoozi Kainerugaba, derzeit Ugandas Armeechef und ein ausgesprochen agiler Kommentator auf X weit über seine offizielle Funktion hinaus.
Auf den Wahlkampf bereitet sich auch Ugandas derzeit wichtigste Oppositionspartei NUP (Nationale Einheitsplattform) vor, unter dem Musiker Robert Kyagulanyi, bekannt unter seinem Künstlernamen Bobi Wine.
Ende April verschwand Wines Leibwächter Edward Mutwe spurlos. Es stellte sich heraus: Er saß in einem der zahlreichen illegalen Gefängnisse, wo auch gefoltert wird, wie er selbst nach seiner Freilassung bestätigte. Armeechef und Präsidentensohn Kainerugaba postete auf X Fotos von Mutwe – sein Kopf kahl rasiert, sein Gesicht schmerzverzerrt. „Er macht sich in die Hose, wenn er mich sieht“, witzelte der Präsidentensohn: „Wir bringen ihm Runyankore bei“. Runyankore ist die Sprache von Musevenis Ankore-Ethnie aus dem Südwesten des Landes, die seit 40 Jahren Ugandas politische und militärische Elite stellt.
Europäische Botschafter treffen Oppositionspolitiker
Zur selben Zeit begannen europäische Botschafter in Uganda mit ihren Treffen verschiedener Parteien – eine übliche Konsultationsrunde im Vorfeld der Wahlen. Ein Foto prangte kurz darauf auf den Titelseiten: Bobi Wine im Handschlag mit Vertretern von EU-Staaten, darunter dem deutschen Botschafter Mathias Schauer. Kurz darauf zirkulierte eine Audio-Datei in Ugandas Sicherheitskreisen. Darauf sichert angeblich Botschafter Schauer einem Vertreter von Wine die volle Unterstützung des Auswärtigen Amtes und der deutschen Medien zu – offenbar ein gestelltes Telefongespräch.
Die EU-Botschafter würden mit „Feuer spielen“, war Kainerugabas Kommentar auf X. Die Deutschen würden „illegale und geheime“ Aktivitäten in Uganda finanzieren und unterstützen, kritisierte Armeesprecher Magezi und stellte klar: „Unsere Geheimdienste sind ihnen auf der Spur. Wir sind dabei, die Terrorzellen auszuheben.“
Kurz darauf reisten europäische Botschafter in den Norden Ugandas für ein lang im Voraus geplantes Gesprächsprogramm mit den lokalen Vertretern verschiedener Regionen. In der nördlichen Bezirkshauptstadt Gulu residiert auch General Caleb Akandwanaho, bekannt unter seinem Kriegsnamen Salim Saleh, der seit Jahrzehnten sehr einflussreiche Bruder von Präsident Museveni.
Beim Treffen mit Saleh vergangene Woche meldete sich auch der deutsche Botschafter Schauer zu Wort. Das Video seiner Aussage ging später landesweit viral. „Wir sind besorgt über den Schaden der Reputation“, so Schauer über die X-Kommentare von Armeechef Kainerugaba. Unterfüttert von klaren Gesten fordert der deutsche Botschafter General Saleh auf, „eine rote Linie“ zu ziehen hinsichtlich der Onlinekommentare seines Neffen.
Die Antwort des Präsidentensohns an den deutschen Botschafter kam prompt: „Es hat mit ihm als Person zu tun. Er ist völlig ungeeignet, in Uganda stationiert zu sein“, so Kainerugaba auf X.
Immerhin: Saleh versprach, sich des Problems anzunehmen, betonte allerdings auch, dass Kainerugaba seine X-Kommentare als Privatperson tätige, nicht als Armeechef. „Er ist ein guter Junge“, so Onkel Saleh.
Nachts wird geholzt, morgens gelöscht
Es ist nicht das erste Mal, dass Kainerugabas X-Tweets diplomatische Skandale auslösen. Zu Beginn des Jahres drohte er online erst der Demokratischen Republik Kongo, dann Sudan mit einem militärischen Einmarsch. Vor allem nachts setzt der 51-jährige Präsidentensohn mitunter zahlreiche provokante Tweets ab, viele werden im Morgengrauen wieder gelöscht.
Als Armeechef hat er nun via Armeesprecher Magezi den Deutschen die militärischen Beziehungen gekündigt. Dabei hat Deutschland in Uganda keinen Militärattaché stationiert und unterhält auch keine militärischen Beziehungen zu Ugandas Armee. Diese wird mittlerweile vor allem aus Russland unterstützt.
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