Krise in der Ukraine: Gazprom droht

Der russische Energiekonzern Gazprom setzt die Ukraine erneut unter Druck und droht mit einem Lieferstopp. Der IWF sieht die Übergangsregierung in Kiew positiv.

Ein russisches Kriegsschiff vor Sewastopol. Bild: reuters

MOSKAU/KIEW/ISTANBUL/BERLIN dpa/afp/rtr | Mitten in der Krim-Krise hat der russische Gazprom-Konzern der proeuropäischen Regierung in der Ukraine erneut mit einem Stopp der Lieferungen gedroht – wegen offener Rechnungen. „Entweder begleicht die Ukraine ihre Schulden, oder es besteht das Risiko, dass wir zu einer (kritischen) Lage wie 2009 zurückkehren“, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller am Freitag der Agentur Interfax zufolge in Moskau.

Gazprom hatte damals die Lieferungen im Winter eingeschränkt, davon waren mehrere EU-Länder betroffen. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russisches Gas nach Europa. Miller bezifferte die Schulden der Ukraine auf rund 1,37 Milliarden Euro.

Auf der Direktverbindung nach Westeuropa über die Ostsee-Pipeline Nord Stream führten die Spannungen zwischen Russland und der EU bisher zu keiner Veränderung der Gaslieferungen. Derzeit sei die Leitung zu 61 Prozent ausgelastet, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG. Das liege innerhalb der technisch bedingten Schwankungsbreite von 60 bis 64 Prozent.

„Es gibt keine Anzeichen, dass Gazprom den Gasstrom drosseln wird“, hieß es. Die 1224 Kilometer lange Gasleitung zwischen Wyborg bei St. Petersburg und Lubmin bei Greifswald war im November 2011 in Betrieb genommen worden.

IWF attestiert Reformwillen

Im Ringen um Finanzhilfen für die Ukraine hat der Internationale Währungsfonds (IWF) der Übergangsregierung in Kiew Reformwillen attestiert. „Die Entschlossenheit, das Verantwortungsbewusstsein und das Bekenntnis zu einer Reformagenda der Behörden hat mich positiv beeindruckt“, erklärte der Leiter der IWF-Europaabteilung, Reza Moghadam, am Freitag in Washington. In den vergangenen Tagen habe er „produktive“ Gespräche mit Interimsministerpräsident Arseni Jazenjuk und dessen Wirtschaftsberatern geführt. Der Währungsfonds stehe bereit, um der Ukraine und ihrer Bevölkerung zu helfen.

Seit Dienstag halten sich Experten des Währungsfonds in der Ukraine auf, um mit der Übergangsregierung über Finanzhilfen zu sprechen. Das Team soll bis zum 14. März im Land bleiben. Angesichts eines drohenden Staatsbankrotts hatte die Ukraine den Währungsfonds offiziell um Unterstützung gebeten.

Der IWF knüpft seine Unterstützung an strenge Reformauflagen und verlangt politische Stabilität. Zuletzt hatte der Währungsfonds der Ukraine im Jahr 2010 eine Kreditlinie von 15,3 Milliarden Dollar zugesagt. Davon wurden aber nur 3,4 Milliarden Dollar ausgezahlt, weil Kiew die geforderten wirtschaftlichen Reformen nicht umsetzte.

Inmitten der Krise um die Ukraine hat der US-Zerstörer „USS Truxtun“ am Freitag durch den Bosporus Kurs auf das Schwarze Meer genommen. In Begleitung eines Schiffes der türkischen Küstenwache passierte das Kriegsschiff am Nachmittag die Meerenge bei Istanbul. Die US-Marine hatte ihren Zerstörer am Donnerstag vom griechischen Stützpunkt Souda Bay auf den Weg ins Schwarze Meer beordert, wo er nach ihren Angaben an einem Manöver mit der rumänischen und bulgarischen Marine teilnehmen soll. Seine Verlegung wurde demnach schon vor Beginn der Krise auf der ukrainischen Halbinsel beschlossen.

Gabriel fordert Hilfe

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat in Kiew konkrete Hilfen für die von Russland bedrohte Ukraine gefordert. Das Land habe große wirtschaftliche Sorgen, aber auch große wirtschaftliche Potenziale, sagte Gabriel nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk am Freitag. Es gebe etwa den Vorschlag, dass die Ukraine Strom nach Polen exportieren könnte, wo ein Bedarf dafür bestehe.

Gabriel sprach sich für wirtschaftliche EU-Hilfen an die Ukraine aus. „Wir können nicht zulassen, dass die politischen Auseinandersetzungen die wirtschaftliche Lage immer schwieriger machen“, warnte er. Was gegenwärtig in dem Konflikt geschehe, helfe weder der Ukraine noch Russland. „Auf Dauer führen Sanktionen dazu, dass alle darunter leiden“, mahnte er mit Blick auf die von der EU angedrohten Strafmaßnahmen gegen Russland. Zugleich forderte der SPD-Politiker die russische Führung zum Einlenken auf.

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