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Krise in MaliWestafrika sorgt sich um Westafrika

Die Staatschefs der Region Westafrika erhöhen den Druck für eine Lösung der Krise in Mali – vor allem aus Angst um ihre eigenen anstehenden Wahlen.

Protest gegen Staatspräsident Ibrahim Boubacar Keita in Malis Hauptstadt Bamako Foto: Matthiew Rosier/Reuters

Cotonou taz | Zum dritten Mal innerhalb von knapp zwei Wochen haben die Regierungen Westafrikas versucht, in der politischen Krise in Mali zu vermitteln. Für eine Überraschung haben die 15 Staatschefs in der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) aber keineswegs gesorgt. Per Videokonferenz verständigten sie sich am Montagnachmittag darauf, die Vorschläge der ersten Ecowas-Vermittlungsmission von Nigerias Ex-Präsident Goodluck Jonathan vor knapp zwei Wochen erneut zu unterstützen, obwohl Malis Protestbewegung davon nichts wissen will.

Besonders von einem Punkt weichen Westafrikas Staatschefs nicht ab: Ihr Amtskollege, Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta, bleibt im Amt. Dabei ist Keïtas Rücktritt das erklärte Ziel der Protestbewegung M5-RFP, die seit Anfang Juni regelmäßig Tausende Menschen für Demonstrationen in Malis Hauptstadt Bamako mobilisieren konnte.

Allerdings raten die Präsidenten zum sofortigen Rücktritt von 31 gewählten Parlamentsabgeordneten. Ihre Siege bei der Parlamentswahl im März und April gelten als umstritten: Die Opposition kritisiert, dass das Verfassungsgericht die ursprünglichen Wahlergebnisse aufgehoben und zugunsten von Be­wer­be­r*in­nen der Regierungspartei RPM (Sammlung für Mali) entschieden hatte.

Neben der Unzufriedenheit wegen der schlechten Sicherheitslage im Land gilt das als wichtigster Auslöser der Proteste. Schon im Juni hatte eine Ecowas-Mission für die betroffenen Wahlkreise Neuwahlen empfohlen.

Es droht ein Superwahljahr

Genau das kann Signalwirkung in ganz Westafrika haben, da der Region ein Superwahljahr bevorsteht. Zwischen Oktober und Dezember werden in Malis Nachbarländern Guinea, der Elfenbeinküste, Burkina Faso und Niger neue Prä­si­den­t*in­nen gewählt, außerdem in Ghana und Anfang 2021 in Benin.

Neben der Unsicherheit gilt Wahlstreit als wichtigster Auslöser der Proteste in Mali

Die Mehrheit dieser Wahlen gilt als höchst explosiv. In Guinea gibt es seit 2019 Proteste gegen eine dritte Amtszeit von Präsident Alpha Condé. In der Elfenbeinküste stehen die Zeichen auf Sturm, seit der Tod von Premierminister Amadou Gon Coulibaly, Spitzenkandidat der regierenden RHDP (Sammlung der Houphouëtisten) werden eine dritte Kandidatur von Amtsinhaber Alassane Ouattara wahrscheinlicher macht.

In Niger steht Präsident Mahamadou Issoufou wegen ähnlichen Korruptionsvorwürfen im Militär in der Kritik wie sein Amtskollege in Mali. In Burkina Faso, wo fast eine Million Menschen vor der Gewalt von Terrorgruppen, Milizen und Armee auf der Flucht sind, kann sich derzeit ohnehin niemand faire und transparente Wahlen vorstellen.

Opposition kompromisslos

Umso größer ist der Druck, nun wenigstens eine Lösung für Mali zu finden. Dass Malis Opposition den Plan der Ecowas annimmt, fordert daher auch der UN-Sicherheitsrat. Ohne Verzögerung sollten alle Interessengruppen den Dialog suchen, um Spannungen zu beenden und Rechtsstaatlichkeit zu wahren, hieß es in einer Erklärung des Rates am Montagabend.

Dazu müsste das Oppositionsbündnis M5-RFP auch eine Regierung der nationalen Einheit akzeptieren, die die Situation entschärfen soll. Das hat sie bisher stets abgelehnt, weil damit – so ihre Argumentation – weiterhin eine korrupte Elite an der Macht bleibe. Mali hat seit April kein Kabinett mehr.

Kurz nach dem Ende des virtuellen Ecowas-Gipfels präsentierte Präsident Keïta nun eine Miniregierung mit sechs Ministern, die Gespräche mit der Opposition einfädeln soll. Die aber will kommende Woche erneut auf die Straße gehen. Die Ecowas wiederum bringt ins Gespräch, Sanktionen gegen Kräfte zu verhängen, die ihren Lösungsvorschlag ablehnen.

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