Massengräber in Burkina Faso: Eiskalt erschossen

Rund um die Stadt Djibou wurden 180 männliche Leichen entdeckt. Aktivist*innen für Menschenrecht vermuten die Täter in den Reihen der Armee.

Ortschild von Djibou

In der Stadt Djibou wurden Anfang April 31 Männer ermordet Foto: 2020 Burkina24

COTONOU taz | Ihre Hände wurden auf den Rücken gefesselt, die Augen waren verbunden, die Todesursache: Schüsse. So beschreiben laut Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) Augenzeug*innen die Leichen, die sie in Massengräbern rund um die Stadt Djibou im Norden Burkina Fasos entdeckt haben.

Mindestens 180 sind es. Alle Opfer sind Männer, die zwischen November 2019 und Juni 2020 hingerichtet wurden. Verscharrt wurden sie in kleinen Gruppen auf unbebauten Grundstücken, unter Brücken und auf Feldern in einem Umkreis von fünf Kilometern.

Die Mühe, sie so gut es geht zu verstecken, machte sich offenbar niemand. Immer wieder heißt es, dass Leichen entlang der Hauptverkehrsstraßen lagen. Nach Einschätzung der Augenzeug*innen muss es sich aufgrund der Kleidung um Peulh, die im anglophonen Afrika Fulani genannt werden, handeln. Etwa zehn sollen in der Stadt namentlich bekannt gewesen sein.

Die mutmaßlichen Täter sind nach Einschätzung der Menschenrechtler*innen in den Reihen der Armee zu finden. Seit Monaten werden die Sicherheitskräfte in Burkina Faso sowie in den Nachbarländern Mali und Niger für Hinrichtungen ohne Beweisaufnahme, Strafverfahren und Verteidiger*innen an Zivilist*innen verantwortlich gemacht.

Verbindungen zu Al Qaida

In Djibou, noch bis vor ein paar Jahren zentrale und lebendige Marktstadt in der Nähe der Grenze zu Mali, sorgte vor allem eine Hinrichtung Anfang April international für Aufmerksamkeit: Gleich 31 Männer wurden ermordet.

Die Anschuldigungen lauten immer gleich: Den Opfern wird vorgeworfen, Mitglieder von Terrormilizen zu sein. Seit 2016 sind in Burkina Faso Gruppierungen aktiv, die Verbindungen zur Al Qaida und dem Islamischen Staat haben. Über die Region Sahel, in der Djibou liegt, dürfte sich auch die Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime (JNIM) von Mali in das Land, das einst als Stabilitätgarant im Sahel galt, ausgebreitet haben.

Beweise für die Anschuldigungen finden sich jedoch selten. Bewohner*innen von Djibou sagen, dass viele der Opfer im Rahmen von Militäroperationen verhaftet wurden. Auch soll es sich um Binnenflüchtlinge handeln, die in den vergangenen Monaten aufgrund der fortschreitenden Gewalt ihre Heimatdörfer verlassen haben.

Rund zehn Kilometer südlich der Stadt liegt außerdem das Flüchtlingscamp Mentao, in dem rund 6500 malische Flüchtlinge untergebracht sind. Es wurde im Frühjahr 2012 nach der Ausbreitung islamistischer Gruppierungen im Norden Malis eröffnet.

Exhumierung gefordert

Anfang Mai stürmten burkinische Sicherheitskräfte auch dieses Camp auf der Suche nach mutmaßlichen Kompliz*innen von Bewaffneten. Mindestens 32 Menschen wurden dabei verletzt.

Human Rights Watch fordert die burkinische Regierung auf, die Leichen von Djibou zu exhumieren und mithilfe der Vereinten Nationen und internationaler Partner*innen die Gräber zu analysieren, ohne dabei Beweismaterial zu vernichten. Auch sei es wichtig, die mutmaßlichen Täter*innen zur Verantwortung zu ziehen und die Untersuchungsergebnisse öffentlich zu machen.

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