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Krise des argentinischen FußballsBald mischt auch noch Maradona mit

Es läuft nicht: Messi ist gesperrt, die Nationalelf droht die WM zu verpassen und der neue Verbandsboss nennt seinen korrupten Vorgänger ein Idol.

Nur so in die Luft gesagt: Lionel Messi ist wegen Schiedsrichterbeleidigung gesperrt Foto: dpa

Barcelona taz | Seit Mittwochnacht ist Lionel Messi wieder in Barcelona. Unter Polizeischutz bestieg er am Flughafen ein Taxi – ohne weitere Erklärungen abzugeben. Er hat ja schon genug gesagt, eher zu viel. Bei der „Muschel deiner Mutter“ soll er einen Linienrichter verflucht haben, was ihm in einem ungewöhnlichen Fifa-Eilverfahren die ebenso erstaunliche hohe Sperre von vier Länderspielen eintrug. Trotz eines persönlichen Briefes, den er dem Weltverband schrieb. „Wir haben uns freundschaftlich unterhalten“, steht darin, und die Versicherung: „Meine Aussagen galten nicht ihm, ich habe sie so in die Luft gesagt.“

Das klingt doch schon wieder eher nach dem „Kuschelteddy“. So hat ihn Diego Maradona nun bezeichnet, als er ankündigte, sich in das Verfahren einzuschalten. Angesichts von Platz fünf in der WM-Qualifikation (der nur zum Play-off berechtigen würde) geht es um eine Sache von nationaler Dringlichkeit, das hat auch Fifa-Botschafter Maradona eingesehen: „Ich werde mal mit Infantino reden“, dem Präsidenten. Der kurze Dienstweg. Über die offizielle Vorgehensweise für eine Reduzierung der Sperre beraten derweil die Herren, die jetzt den argentinischen Fußballverband AFA führen.

Zeitgleich zu Messis Landung in Barcelona war über dem Stadtteil Ezeiza in Buenos Aires nämlich weißer Rauch aufgestiegen. Nach 973 Tagen Interimsführung, zuletzt unter einem von der Fifa eingesetzten „Normalisierungskomitee“, hat das wohl chaotischste Fußballgremium der Welt wieder einen gewählten Präsidenten: Claudio „Chiqui“ Tapias, Präsident des Drittligisten Barracas Central.

Für ein Ende der Illusion vom Neuanfang reicht wohl der Hinweis, dass Tapia als Vorbild den im Juli 2014 verstorbenen AFA-Paten und Fifa-Vizepräsidenten Julio Grondona kultiviert. Während dessen 35-jähriger Amtszeit füllten sich ein paar Privatkonten, und die Gewalt der „barras bravas“ wuchs an. Ergänzt wurde das durch die Unfähigkeit, im Land mit den vielleicht größten Talenten der Welt auch mal ein paar zu halten, oder wenigstens einige der exzellenten Trainer, die auch alle lieber im Ausland arbeiten.

Vom Straßenkehrer zum Verbandsboss

Wie sein Idol Grondona will nun also Tapia diese Geflechte steuern. Anfang des Jahrtausends kam er aus der Provinzhauptstadt San Juan nach Bue­nos Aires, wo er als Straßenkehrer begann, in der Müllwirtschaft weitermachte und seinen Aufstieg einläutete, als er der Lastwagenfahrergewerkschaft beitrat und dort eine Tochter des mächtigen Syndikatsführers und Präsidenten des Traditionsvereins Independiente, Hugo Moyano, eroberte. Heute ist er Vize der Abfallbeseitigungsbehörde Ceamse, und hat, Ehrensache, auch schon das ein oder andere Korruptionsverfahren am Hals.

Schon seit zwei Jahren unterhielt Tapia ein Büro im AFA-Gebäude, um seine Kandidatur zu lancieren. Kennern gilt er gleichwohl primär als Marionette seines Schwiegervaters Moyano sowie des Boca-Juniors-Präsidenten Daniel Angelici. Beide bekamen ein Amt als AFA-Vize, Angelici gilt zudem als Vertrauter von Staatspräsident Mauricio Macri, der seine politische Karriere einst selbst als Boca-Chef begann. Das Panoptikum wird abgerundet durch San-Lorenzo-Vize Marcelo Tinelli, einen smarten, persönlich mit Messi befreundeten und mit Maradona verfeindeten Showmaster, der jetzt die Nationalmannschaft managen sowie die erste Liga leiten darf.

Bei so viel Ballyhoo muss wohl selbst ein Kuschelteddy mal freidrehen. Zurück im ruhigen Barcelona wird Messi nun verfolgen, wie es mit seiner Sperre weitergeht, und zu welchem Nationaltrainer er zurückkehrt. „Eine der zu analysierenden Fragen“, nannte der neue AFA-Chef nach seiner Inthronisierung die Zukunft des erst seit acht Monaten amtierenden Edgardo Bauza. Die Tendenz steht auf Abschied.

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