Krise der konventionellen Landwirtschaft: Mehr Bauern stellen auf Bio um
Nach einem Jahr Stagnation wächst die Fläche für Ökolandbau um 3,9 Prozent. Noch bessere Zahlen soll eine Bioquote in Staatskantinen bringen.
Berlin taz | Der deutsche Ökolandbau wächst wieder: 2015 legte die Fläche für Biolandwirtschaft um 3,9 Prozent zu, wie das Bundesagrarministerium am Montag mitteilte. Das ist so viel wie seit 2010 nicht mehr; 2014 hatte die Fläche mit einem kaum merklichen Plus von 0,3 Prozent quasi stagniert.
Biobauern müssen auf chemisch-synthetische Pestizide und mineralische Stickstoffdünger verzichten. Diese Mittel werden maßgeblich für das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten verantwortlich gemacht. Öko-Tiere haben Auslauf und mehr Platz im Stall.
Die nun 1.088.838 Hektar Äcker, Wiesen und Weiden mit Biozertifikat stellten 6,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 0,2 Prozentpunkten. Auch die Zahl der Bio-Agrarbetriebe stieg: um 5,7 Prozent auf 24.736.
Biopreise stabil
Der Branchenverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) führte das Wachstum vor allem darauf zurück, dass die Preise für viele konventionelle Agrarprodukte gefallen sind, für Bio aber weitgehend stabil sind. Der Umstieg auf Bio ist für Landwirte also wieder attraktiver.Der Schwerpunkt liege bei Milchbauern, die für konventionelle Milch derzeit weniger als die Produktionskosten erhalten.
Zudem hätten erstmals alle Bundesländer Bauern Prämien gezahlt, wenn sie auf Bio umstellen. „Wir werden dieses Jahr ein noch höheres Wachstum haben. Unsere Berater werden von Umstellungsinteressenten aus allen Produktionszweigen zugerannt“, sagte BÖLW-Chef Felix Prinz zu Löwenstein der taz. Allerdings würden inzwischen die meisten Bio-Molkereien keine neuen Lieferanten mehr aufnehmen.
Trotz des Wachstums urteilt Löwenstein: „Das reicht nicht.“ Denn die Öko-Fläche legte immer noch langsamer zu als die Ausgaben der Verbraucher für Bio-Lebensmittel. Der Markt expandierte laut BÖLW sogar um rund 11 Prozent. Deutschland musste also auch 2015 mehr importieren als im Vorjahr. Zudem seien in Frankreich die Bio-Flächen „auf hohem Niveau“ um 23 Prozent gewachsen, so Löwenstein.
Deutschland habe zum Beispiel bei der Außer-Haus-Verpflegung noch viel Luft nach oben. „Die Bundesregierung sollte dafür sorgen, dass 20 Prozent des Lebensmittelverbrauchs in ihren Kantinen bio ist“, forderte Löwenstein. Schließlich strebt der Bund seiner Nachhaltigkeitsstrategie zufolge einen Bio-Anteil an der Landwirtschaft von 20 Prozent an.
Leser*innenkommentare
Traverso
Mich erinnern sehr stark die Argumente der Bio - Kritiker an die vernichtende Kritik zum Ausbau der regenerativen Enegien noch in den 90er Jahren.
Die Realität hat uns aber längst eingeholt.
Weltweit gilt der Ausbau der Regenerativen als immer wirtschaftlicher und der unverzichtbare Bestandteil zur Reduzierung des CO2 - Ausstoßes.
Kritik ist immer gut. Damit man verbessern kann. Vernichtende Kritik und Ablehnung basiert aber meistens auf Bequemlichkeit und Unwissenheit.
Lieber halten wir am Alten fest, ignorieren die gigantischen Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft, ignorieren den vernichtenden Artenschwund weltweit, die totale Verarmung der Böden solange man noch gesunde Böden in Entwicklungsländern findet, den damit verbundenden Landraub und die Profigier der monopolisierten Pestizid - Konzerne.
Bio wird sich genauso durchsetzen wie die regenerativen Energien. Weil alles Andere dauerhaft vernichtend ist.
Die Subventionierung wir sich zehnmal auszahlen.
Es ist Alles nur eine Frage der Zeit und damit natürlich auch die Frage wie weit blockiert und abgelehnt wird.
Manfred Stein
Wenn ausreichend Landwirte auf Bio umgestellt haben, tritt auch dort eine Marktsättigung ein und die Preise fallen.
Konni Scheller
Leider ist Bio weder für die Umwelt noch für den Verbraucher besser. Nur teuerer. Aber man fühlt sich gut dabei, gell?
Sapasapa
Andere fühlen sich halt dabei gut, den Status Quo zu verteidigen, gelle?
Viele Gemeinkosten der modernen Landwirtschaft sind nicht internalisiert, da können wir schon einen höheren Preis für Lebensmittel zahlen. Ein höherer Preis schärft auch das Bewusstsein, so dass die Menschen mehr auf Nährstoffe und Vitamine achten, statt auf Völle; vielleicht schmeißen sie auch weniger weg; also alles in allem können wir vom Teuerungseffekt mittelfristig ganz schön profitieren.
Manfred Stein
@Sapasapa Öko ist eine Subventionswirtschaft. Rund 90% der Gewinne stammen aus Subventionen. Das rechnet sich hinten und vorne nicht.
Matthias Rackwitz
@Manfred Stein wieviel Prozent sind es bei den Konventionellen? und wie sieht es aus wenn man die Folgekosten konventioneller Tierhaltung und Landbewirtschaftung einrechnet?