piwik no script img

Krise der AutoindustrieOpel macht Bochum dicht

Finanzkrise, Absatzkrise, Werkschließung: Wie Konkurrent Ford will auch Opel mit Jobvernichtung in die schwarzen Zahlen. Im Pott wackeln 45.000 Arbeitsplätze.

Dunkle Zeit: Spätestens 2016 könnte der letzte Opel in Bochum gebaut werden. Bild: dpa

BOCHUM taz | Die Schließung des für das Ruhrgebiet immens wichtigen Opel-Standorts Bochum wird Gewissheit. Gegenüber dem Betriebsrat hat das Management des Autobauers das Ende der gesamten Fahrzeugproduktion in den verbliebenen zwei Bochumer Werken für spätestens 2016 angekündigt. Die Getriebefertigung soll bereits 2013 auslaufen. Damit sind 3.100 Arbeitsplätze unmittelbar gefährdet.

„So ernst und bedrohlich war die Lage noch nie“, sagt der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel. Den Beschäftigten soll die bittere Nachricht am Montag bei einer Betriebsversammlung überbracht werden.

Opel ist nach Fahrzeugverkauf noch immer der viertgrößte Autoproduzent Europas, schreibt aber seit über zehn Jahren rote Zahlen. Wie die Massenhersteller Ford, Fiat und Peugeot/Citroën leidet der Autobauer seit der Finanzkrise unter wegbrechenden Absatzmärkten vor allem im Mittelmeerraum.

Außerhalb Europas darf die Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) kaum Autos verkaufen: Global setzt die GM auf andere Konzernmarken wie Chevrolet. Auch in Deutschland kam Opel schon 2011 nur auf einen Marktanteil von unter 8 Prozent und lag damit nicht nur unerreichbar hinter dem einstigen Vorbild VW, sondern noch hinter dem Luxusanbieter Mercedes.

Nur jeder Dritte Opel kommt aus Deutschland

Wie beim Konkurrenten Ford soll jetzt der Abbau von Produktionskapazität Gewinn bringen – auch die Kölner Ford-Zentrale hat die Schließung von drei westeuropäischen Werken mit 5.700 Arbeitnehmern beschlossen. Opel hat bereits große Teile seines Fahrzeugbaus von Deutschland in Länder mit niedrigerem Lohnniveau verlagert: Viele Wagen mit dem Blitz werden in Spanien und Polen gefertigt. Aus der Bundesrepublik stammt nur noch jeder dritte Opel.

Vom Aus für Bochum profitieren könnten die deutschen Opel-Standorte Rüsselsheim bei Frankfurt/Main und Eisenach sowie das Motorenwerk in Kaiserslautern. Besonders Rüsselsheim gilt als unantastbar. Im dortigen Entwicklungszentrum brüten nicht nur über 7.000 Ingenieure und Techniker über Innovationen für den gesamten GM-Konzern – ohne das hessische Stammwerk dürften Käufer Opel nicht mehr als „deutsche“ Marke begreifen, fürchtet die Marketingabteilung.

Der erst nach der Wende aufgebaute Standort Eisenach gilt als effektiver als die Bochumer Werke. Zu Hilfe kommen könnte den Eisenachern auch der Erfolg des kleinen Geländewagenmodells Mokka: Derzeit läuft der Mini-SUV, auf den Käufer nach 55.000 Vorbestellungen ein halbes Jahr warten müssen, in den ehemaligen Daewoo-Werken in Südkorea vom Band – und wird international als Chevrolet Trax vermarktet. Die Produktionsverlagerung nach Eisenach könnte ein Zugeständnis von GM sein, damit die IG Metall der Schließung in Bochum zustimmt.

Für das Ruhrgebiet wäre das nach Schließung des Nokia-Werks und den wirtschaftlichen Problemen des Stahlherstellers ThyssenKrupp die nächste Katastrophe: In der Region hängen mehr als 45.000 Jobs mittelbar an Opel, rechnet Betriebsratschef Einenkel vor. Er droht mit der „teuersten Werkschließung aller Zeiten“ und kündigt „kreative“ Aktionen an. „Die Region steht hinter uns“, sagte er.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • OF
    Opel Feind

    Jetzt geht Opel endlich Pleite der letzte macht das Licht aus

  • H
    Hannah

    Mein Mitleid mit Metallarbeitern hält sich sehr in Grenzen. Die haben sehr gute Löhne und Arbeitsbe-dingungen. Selbst als Arbeitslose kriegen die mehr Geld als sehr viele andere Arbeitnehmer, die unter gleichem Stress arbeiten müssen.

    Diese Arbeitsplätze wurden vor wenigen Jahren auf Staatskosten gerettet um jetzt letztendlich doch baden zu gehen, weil nun mal keiner mehr seit Jahren Opel kaufen will.

    Eigentlich war das schon vor der teuren Opelrettung absehbar!

  • L
    Lästerer

    Lange ersehnt, daß die Automafia Pleite geht.

    Daß sie leider nicht alle gleichzeitig dicht machen, ist doch klar.

    Wer braucht Opel?

    Wer braucht Bochum?

    Wer braucht Autofahrer?

    Wer den falschen Herren als Sklave dient,

    und Waffen baut, die sich gegen die Menschheit richten,

    darf kein Mitleid erwarten.

    Stellt ruhig mal 'was Vernünftiges her!

  • T
    Teermaschine

    Die Berliner Lösung für Kraftland

     

    "Pleite sind wir schon, jetzt müssen wir nur noch sexier werden!"

    Die neue linke Lichtgestalt Hannelore Kraft kümmert sich und arbeitet unermüdlich für glücklichere Menschen: weniger Auto, weniger Arbeit, dafür rauchfreie Kneipen und flächendeckende Islamunterweisung.

    Das ist doch mal eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.

  • E
    Ernst

    Jetzt lernen diese überversorgten "fetten" Opelaner endlich mal den Geschmack von Zeitarbeit kennen, und können sich den Marktpreisen anpassen was Löhne und Gehälter angeht, Schluss mit Häuschen für jeden Staplerfahrer ;-))

  • H
    Hannes

    Wir haben den Amis unser Geld in den Rachen geschoben, damit GM die Arbeitsplätze erhält. Dass das anders kommt war jedoch absehbar. Ganz schön blöde - oder korrupt? Danke an unsere Politiker!

     

    Da wir schon mal beim Thema sind: Mit wieviel Geld finanzieren wir den Amis ihre Militärbasen in Europa (und die Besetzung unseres Landes)? Recherchiert mal gründlich und veröffentlicht die Zahlen, wenn Ihr Euch traut.

  • L
    lala

    Besetzen und in Eigenregie der Arbeite weiterführen. Sozialisieren, statt Produktionskapazitäten vernichten, nur weil sie für irgendeine internationale Firma zu wenig erträglich sein mögen.

    Frau Kraft könnte politische Rückendeckung dafür geben und zeigen, dass ihr die Menschen wichtiger sind als das Kapital..

  • J
    Jürgen

    Ja, ja 45000 jobs: Als ob viele der Waren nur verkauft werden, wenn es Opel gibt. Aber den Betroffenen muss man auch sagen: Seit 20 Jahren wissen wir dass Klimawandel unser grösstes Zukunftsproblem ist, und Verkehr ist Kern des Problems. Aber die Autoindustrie WILL NICHT begreifen: SAAB fiel als "Zukunfsstrategie" ein, uns mit noch einem Stadtsjeep zu beglücken. Die Autobranche muss schrumpen, für Gesundheit und fürs Klima.