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Krise bei VolkswagenTarifverhandlungen beginnen

Mitten der Krise bei VW startet heute die Tarifrunde bei dem Autobauer. Dabei geht es dieses Mal nicht nur ums Geld. Die Fronten sind verhärtet.

Mit den Beginn der Tarifgespräche werden häufiger Fahnen der Gewerkschaft IG Metall vor Werken des kriselnden VW-Konzerns wehen Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Hannover dpa | Im Ringen um die neuen Sparpläne bei VW treffen Unternehmen und Gewerkschaft heute erstmals zu Verhandlungen zusammen. Ab 11 Uhr wollen beide Seiten in Hannover zusammenkommen, wie VW und Gewerkschaft ankündigten. Die Positionen liegen weit auseinander.

Während VW auf Einsparungen auch bei den Personalkosten drängt, will die IG Metall Einschnitte verhindern. „Über Werksschließungen und Massenentlassungen ist mit uns nicht zu reden“, stellte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger vor den Verhandlungen klar. Betriebsratschefin Daniela Cavallo, die für die IG Metall mit am Verhandlungstisch sitzt, hatte beides zuvor als klare rote Linien bezeichnet.

Die eigentlich erst für Ende Oktober geplante Tarifrunde war vorgezogen worden, nachdem VW seinen Sparkurs Anfang des Monats verschärft hatte. Statt nur über das Entgelt soll auch über die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung verhandelt werden. Betroffen sind zunächst nur die rund 120.000 Beschäftigten in den sechs großen westdeutschen Werken, die unter den VW-Haustarif fallen. Bei VW Sachsen gelten eigene Regelungen. Auch dort hatte VW am Dienstag die Beschäftigungssicherung aufgekündigt.

Was die IG Metall fordert

Die IG Metall forderte VW auf, zunächst konkrete Sparpläne auf den Tisch zu legen, damit man in Verhandlungen eintreten könne. Bisher gebe es außer der Kündigung mehrerer Tarifverträge keinerlei Details zu möglichen Entlassungen und Werksschließungen. Damit gieße VW nun „zusätzliches Öl ins Feuer“, kritisierte Gröger. Stattdessen brauche man „ein tragfähiges Zukunftskonzept für alle Standorte“, das ohne Werksschließungen und Massenentlassungen auskomme.

Bei der ebenfalls stattfindenden Entgeltrunde fordert die IG Metall für die Branche und auch bei VW 7 Prozent mehr Lohn. Abstriche soll es hier auch nicht für VW geben. Ab Dezember wären auch Streiks möglich. Dann endet bei VW die Friedenspflicht.

VW-Konzernchef Oliver Blume drängt dagegen auf Zugeständnisse der IG Metall: „Ich erwarte dort schon deutliche Bewegung, um auf der Kostenseite voranzukommen“, sagte er am Montag im ZDF. Zugleich betonte er: „Wir werden hier in Deutschland auch um jeden Arbeitsplatz kämpfen, das ist ganz klar. Aber dafür ist die Grundlage, dass wir auf der Kostenseite über alle Bereiche deutlich nach unten kommen.“ Ziel sei es, bis Jahresende zu einer Einigung zu kommen.

Der Konzern hatte Anfang des Monats seinen Sparkurs bei der Kernmarke Volkswagen verschärft und die seit 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung gekündigt. Laut Manager Magazin könnten mittelfristig bis zu 30.000 Jobs wegfallen. Auch die Schließung ganzer Werke wird nicht länger ausgeschlossen. Laut Finanzvorstand Arno Antlitz fehlen dem Konzern die Verkäufe für rund zwei Werke. Zudem will VW die Bezahlung der Leiharbeiter senken und weniger Auszubildende übernehmen.

Verhandlungen unter Zeitdruck

Beide Seiten stehen in den Gesprächen unter Zeitdruck: Kommt es zu keiner Einigung, so würden mit der Job-Garantie auch die Zugeständnisse der Belegschaft wegfallen, auf die man sich vor 30 Jahren geeinigt hatte, etwa der Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Statt zu sparen, würde es für VW dann sogar teurer, kritisiert die IG Metall. VW drohte bereits, dass in diesem Falle „betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen sind“. Mögliche wäre das nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten ab Juli 2025.

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4 Kommentare

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  • "Über Werksschließungen und Massenentlassungen ist mit uns nicht zu reden"

    Nun, VW baut Autos, um sie zu verkaufen. Genauer: die Beschäftigten bauen die Autos.

    Wenn nun zu wenig Autos verkauft werden, und das dafür eingenommene Geld nicht genügt die Beschäftigten zu bezahlen?

    Was macht dann so ein Unternehmen? Höhere Löhne zahlen? Beschäftigungsgarantie? Werke volle Pulle weiterlaufen lassen und Autos auf Halde stellen? Oder besser noch: produzierte, nicht verkaufte E-Autos sozialverträglich an bedürftige Menschen kostenlos abgeen?

  • Volkswagen, ein Konzern, in dem es allen Beschäftigten finanziell und perspektivisch besser geht als den allermeisten anderen Nicht-VW-lern mit den gleichen Jobs in diesem Lande.



    Man darf gespannt sein, wie das ausgeht. Insbesondere ob auch in den Verwaltungsetagen mal der Besen ausgepackt wird. Klar bei mir: Sowas gehört nicht unterstützt, bei VW wurde im Geschäftswagenbereich in unserer Firma seit knapp 15 Jahren nix mehr bestellt.

  • "Während VW auf Einsparungen auch bei den Personalkosten drängt, will die IG Metall Einschnitte verhindern."

    Dann würde ich mal bei der Vorstandsetage anfangen. Produziert nichts, kostet enorm viel, ist Schuld an der verfehlten Strategie. Kunst ist es auch nicht, kann also weg.

  • „Ich erwarte dort schon deutliche Bewegung, um auf der Kostenseite voranzukommen“

    Das Management versucht 1 zu 1 die aktuelle Absatzkrise von VW auf alle Beschäftigten umzulegen, außer auf das Management. Die Auszahlungen von Boni, Extraleistungen etc. die sind garantiert nicht berührt. Dafür muss die IG Metall sich sehr gut überlegen, was sie hier opfert, weil es durchaus sein kann, dass es ein Bluff ist und die Krise schon in einem Jahr nicht mehr da ist, dann könnten aber die geopferten Standards für immer weg sein. Und es ist schon sehr auffällig, dass die Gewerkschaft bislang nur Ankündigungen zum Sparen auf dem Tisch liegen hat. Konkrete Pläne präsentiert das Management nicht, was sehr darauf hindeutet, dass Blume VW anders führen will, den Einfluss der Gewerkschaft schwächen will. Es könnte am Ende nur darum gehen, eine andere Gewinnspanne zu erzielen, auf Kosten der Beschäftigten.