Krieg mit M23-Rebellen in Kongo: Rebellen zielen auf Goma
Die Rebellenbewegung M23 rückt im Osten Kongos auf die Millionenstadt Goma vor. Panik bricht unter Kriegsvertriebenen aus.
Fast genau zehn Jahre, nachdem die M23 schon einmal Goma im Handstreich erobert hatte, droht sich jetzt offenbar das Drama zu wiederholen. In der Millionenstadt am Ufer des Kivu-Sees sowie in den umliegenden Vertriebenenlagern brach Panik aus.
In den vergangenen Wochen und Monaten, seit die Tutsi-geführten Rebellen der M23 weite Gebiete im Dreiländereck entlang der Grenzen zu Ruanda und Uganda eroberten, sind bis zu 40.000 Familien aus den umkämpften Ortschaften mit ihren Habseligkeiten in Richtung Goma geflohen. In Kanyaruchinya, einem nördlichen Vorort am Fuße des aktiven Vulkans Nyiragongo, haben sie sich rund um eine große Schule mit Fußballplatz niedergelassen, sich dort Zelte aus Planen und Eukalyptuszweigen gebaut – eine desaströse Lage, es regnet.
Jetzt müssen sie erneut fliehen. Am Dienstag war von Kanyaruchinya aus Artilleriefeuer zu hören. Panisch rafften Frauen und Kinder ihre Sachen zusammen und rannten bergabwärts in Richtung Stadt. Handy-Videos, die auf Twitter geteilt wurden, zeigen die Massenpanik. Die Frontlinie zwischen Regierungsarmee und M23 verläuft nur rund 10 Kilometer nördlich und die Rebellen rücken immer weiter vor.
Die Rebellen wollen verhandeln
Die M23 versucht, eine wichtige militärische Position zu erobern: einen erloschenen kleinen Vulkankrater mit drei Telefonmasten auf dessen Spitze, die sogenannten „Trois Antennes“. Von dieser Anhöhe in der Savanne aus kann man die Millionenstadt Goma bis zum See überblicken – und auch bombardieren.
Von hier aus hatte die M23 vor genau zehn Jahren am 20. November 2012 Goma erobert. Jetzt will sie sich zumindest in die Position versetzen, das erneut tun zu können – wenn die Regierung nicht in Gespräche einwilligt. „Gebiete zu besetzen ist nicht unser Ziel“, sagte vor wenigen Tagen M23-Präsident Bertrand Bisimwa gegenüber der taz. Ziel sei es, mit Kongos Regierung zu verhandeln.
Nord-Kivus Militärgouverneur, General Constant Ndima, der seit der Verhängung des Kriegsrechts vergangenes Jahr die Provinz verwaltet, ruft die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren. „Wir versichern Ihnen, dass die loyalen Regierungsstreitkräfte sich sehr gut auf dem Schlachtfeld schlagen“, versucht er die Menschen zu beruhigen. Die Armee hat aber in den vergangenen Monaten fast sämtliche Schlachten gegen die M23 verloren.
Erst den Krieg beenden, dann reden
Unterdessen ist am Dienstag Kenias Expräsident Uhuru Kenyatta in Goma eingetroffen. Er ist von den Staatschefs der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), deren Mitglied Kongo seit April ist, zum Vermittler ernannt worden. Am Montag hatte er in Kongos Hauptstadt Kinshasa Präsident Felix Tshisekedi getroffen.
Diese Woche sollte in Kenias Hauptstadt eine große Gesprächsrunde stattfinden: zahlreiche kongolesische Milizen und Rebellengruppen sollen unter Mediation von Kenyatta mit ihrer Regierung verhandeln. Kongos Regierung weigert sich aber strikt, sich mit der M23 zusammenzusetzen. „Bis zum Abzug aus den besetzten Orten wird es keine Verhandlungen mit den Terroristen geben“, versichert Regierungssprecher Patrick Muyaya.
„Lasst uns den Krieg beenden und dann reden wir“, fordert Kenyatta nun die Konfliktparteien auf. „Wir können keinen Dialog führen und danach erst die Feindseligkeiten einstellen.“ Die Gespräche, die ursprünglich bereits im April geplant waren, wurden nun auf nächste Woche vertagt, auf den 21. November.
Und auch beim G20-Treffen im indonesischen Bali ist der neue Kongokrieg ein Thema. US-Außenminister Antony Blinken traf dort am Dienstag Ruandas Außenminister Vincent Biruta. UN-Ermittler haben Beweise veröffentlicht, dass Ruanda die M23 militärisch unterstützt. „Ich habe die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten über die anhaltende Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo unterstrichen“, so Blinken. Er habe Ruanda aufgefordert, „aktive Schritte zur Erleichterung der Deeskalation zu unternehmen“.
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