Schwere Kämpfe im Ostkongo: Kongos Armee sucht die Entscheidung

Kongo will die M23-Rebellen zerschlagen und Verhandlungen mit ihnen überflüssig machen. Doch die Rebellen schlagen zurück.

Menschen transportieren schwere Güter auf Motorrädern

Alles mitnehmen, was aufs Motorrad passt: Zivilisten verlassen das umkämpfte Kibumba, Ende Oktober Foto: Justin Kabumba / ap

KAMPALA taz | Es ist kalt und nass, klagt Bertrand Bisimwa am Telefon. Der Präsident der kongolesischen Rebellenbewegung M123 (Bewegung des 23. März) hat sich in der ostkongolesischen Grenzstadt Bunagana einquartiert, die in Rebellenhand ist, direkt an der ugandischen Grenze. Jetzt ist Regenzeit und hoch oben in den Vulkanbergen entlang der Grenzen zu Ruanda und Uganda, wo sich die M23-Kämpfer verschanzt haben, kann es nachts sehr kalt werden. Bisimwa klingt heiser. Fast die ganze Truppe sei erkältet, berichtet er.

Es sei nun der entscheidende Moment für die Zukunft der ganzen Region, sagt Bisimwa. Am 21. November soll in Kenias Hauptstadt Nairobi unter Vermittlung von Kenias Ex-Präsident Uhuru Kenyatta eine große Gesprächsrunde beginnen: Sämtliche kongolesische Milizen und Rebellen sind eingeladen, mit Kongos Regierung zu verhandeln. Im April gab es ein solches Treffen schon einmal, ohne greifbares Ergebnis. Damals hatte sich Kongos Regierung geweigert, mit der M23 zu verhandeln. Sie nannten die Tutsi-Rebellen „Terroristen“, die es militärisch zu besiegen gelte. Aber damals kontrollierte die M23 noch keine Städte im Ostkongo.

Im Juni nahm die M23 Bunagana ein, in den vergangenen Wochen hat sie immer mehr Orte und Städte unter ihre Kontrolle gebracht. Die Armee zog sich zurück, um sich zu reorganisieren. Jetzt hat die Armeeführung neue schwere Waffen sowie Kampfhubschrauber, Kampfjets und Kampfdrohnen aufgefahren. Es toben seit einigen Tagen schwere Kämpfe. Am Samstag gelang es den M23-Kämpfern, vier Panzer der Armee unschädlich zu machen. Stolz zeigt Bisimwa Fotos, wie seine Kämpfer auf dem Kriegsgerät sitzen.

Die Panzer sollten die Millionenstadt Goma verteidigen. Sie waren im Dorf Kibumba stationiert, 25 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt, eine strategische Position, wo der Regenwald aufhört und die Savanne anfängt. Von hier aus hatte die M23 vor fast genau zehn Jahren Goma eingenommen und Kongos Armee in die Knie gezwungen. Die Regierung musste letztlich mit der M23 verhandeln. Eine erneute solche Blamage will Kongos Armee jetzt vermeiden. Am Sonntag gab es Berichte, sie sei wieder in Kibumba eingerückt – aber die M23 soll weiterhin die Hügel rings um das Dorf kontrollieren.

Rebellen wollen Eroberungen als Faustpfand behalten

Auf die Frage der taz, ob der Rebellenchef bereits die Koffer gepackt habe, um nach Nairobi zu reisen, seufzt Bisimwa tief. „Wir haben noch immer keine Einladung erhalten“, sagt er: „Wir wissen nur, was Kongos Regierungssprecher in der Pressekonferenz gesagt hat.“ Kongos Regierung hat den Rebellen am Freitag Bedingungen gestellt: Sie sollen das eroberte Gebiet inklusive Bunagana aufgeben und sich zurückziehen – am besten in ein Nachbarland. Kongos Regierung beschuldigt Ruanda und Uganda, die M23 zu unterstützen.

Das wäre dasselbe Szenario wie 2013, als die M23 nach ihrem ersten Krieg gegen Kongos Regierung aufgeben musste. Nach heftigen Luftangriffen, unterstützt durch UN-Blauhelme, waren die damals über 1000 M23-Kämpfer über den Grenzposten in Bunagana nach Uganda gerannt, um vor den Bomben Schutz zu suchen. Dort wurden sie von Ugandas Armee kaserniert, während die politischen Verhandlungen in Nairobi liefen, die dann folgenlos blieben.

Diesen Fehler mache die M23 jetzt nicht noch einmal, warnt Bisimwa. „Wir haben schon so viele Vereinbarungen unterzeichnet, die Regierung hat sie nie umgesetzt“, klagt er. Seine Kämpfer würden das eroberte Gebiet nicht freiwillig räumen.

Damit wird die Bevölkerung dieses Gebietes, einschließlich der Distrikthauptstadt Rutshuru, zu menschlichen Schutzschilden der Rebellen.Am Sonntag verschickt Bisimwa eine Pressemitteilung über „die barbarische Bombardierung der dicht bevölkerten Gebiete“ durch die Armee. 15 Zivilisten im M23-Gebiet seien durch Angriffe am Samstag umgekommen, darunter zwei Kinder. „Wir kämpfen nicht für militärische Ziele, sondern für politische“, erklärt er der taz. Die Eroberungen sollten die Regierung zu politischen Gesprächen zu zwingen.

Truppen aus Kenia – aber wofür?

Die M23-Forderungen, die Bisimwa aufzählt, sind dieselben wie 2012/13: Friede im Ostkongo, die Rückkehr der kongolesischen Tutsi-Flüchtlinge aus den Nachbarländern – die meisten sind Angehörige der M23-Kämpfer, die während der Pogrome gegen die Tutsi in den späten 1990er Jahre aus Kongo fliehen mussten. „Viele Probleme sind sogar noch schlimmer geworden“, sagt Bisimwa. Kongos Präsident hetze die Bevölkerung auf. Überall würden jetzt Milizen gegründet, um die Armee zu unterstützen. „Anstatt die Arbeitslosigkeit der Jugend anzugehen, stachelt er sie gegen uns auf.“

Unterdessen sind am Samstag in Goma Truppen aus Kenia eingetroffen. Die Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) schicken Soldaten nach Ostkongo – Kongos Regierung hofft, die EAC-Truppen würden ihnen helfen, die M23 zu besiegen.

Doch die militärischen Pläne, die der taz vorliegen, besagen, dass die Kenianer nur eine Pufferzone zwischen der Armee und den M23 einrichten sollen – während in Nairobi verhandelt wird. Am Sonntag trafen sich Kenias Vermittler Uhuru Kenyatta und Kongos Präsident Tshisekedi in Kinshasa..„Wir sind zuversichtlich, die Kenianer kennen unsere Probleme sehr gut“, sagt Bisimwa.

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