Krieg in der Ukraine: Kyjiw bestätigt Wagner-Rückzug

Die Söldnertruppe Wagner hat begonnen, der russischen Armee im umkämpften Bachmut Stellungen zu übergeben. Neue Drohgebärden kommen aus Belarus.

Ein aufgerissenes Dach und im Hinterrund bunte Hochhäuser

Ein aufgerissenes Dach nach einem Drohnenangriff in Kyjiw Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

BERLIN taz | Mit Drohnenangriffen im Luftraum um die Hauptstadt Kyjiw und um andere ukrainische Städte ist die Ukraine am Donnerstag aufgewacht. „Der Feind setzte 36 Shaheds ein“, erklärte Präsident Wolodimir Selenski via Kurznachrichtendienst Telegram. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge waren das Ziel der Drohnenangriffe aus iranischer Produktion militärische Einrichtungen und kritische Infrastruktur im Westen des Landes.

Im Osten der Ukraine wiederum meldete sich am Donnerstagvormittag in den sozia­len Medien erneut der Chef der „Wagner“-Söldnertruppe, Jewgeni Prigoschin, zu Wort. Seine Männer hätten begonnen, Stellungen in der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut an die russische Armee zu übergeben.

Einen Rückzug von Wagner aus Bachmut bis zum 1. Juni hatte Prigoschin bereits vor einigen Tagen angekündigt. Ob es aber wirklich so weit kommt, war mehr als fraglich. Denn der russische Unternehmer, bekannt als Putins „Koch“, spielt stets mit Desinformation und Provokationen in der Öffentlichkeit. Im Laufe des Donnerstags bestätigten dann auch ukrainische Medien, dass reguläre russische Armeeeinheiten wohl in den Außenbezirken von Bachmut die Wagner-Truppe ersetzen. Laut Pravda.ua dauern die Gefechte dort an.

Nach Angaben von Kyjiw konnte die Ukraine am Donnerstag 106 Verteidiger aus russischer Gefangenschaft rund um Bachmut befreien. Am Mittwochabend hatte Wagner-Chef Priogoschin in einem kremlnahen Militär-Blog den Verlust von 10.000 rekrutierten Strafgefangenen gemeldet.

Weiterer Angriff in Belgorod?

Unterdessen veröffentlichte die kremlfeindliche paramilitärische Gruppierung Russisches Freiwilligenkorps (RDK) Videos und Fotos in ihrem Telegram-Kanal über einen angeblichen neuen Angriff von ukrai­nischem Territorium aus im südrussischen Gebiet Belgorod. In einer Pressekonferenz am Mittwochabend zusammen mit der anderen paramilitärischen Gruppierung Legion Freiheit Russlands, die seit Anfang der Woche solche Angriffe im russischen Territorium eigenen Angaben zufolge tätigt, gab das RDK bekannt, dass es zwei Tote und 10 Verletzte in dieser noch unklaren und dubiosen Operation gab. Der Kreml, der die Informationen über Angriffe im russischen Gebiet für eigene Propaganda nutzt, sprach am Donnerstag von höheren Verlusten.

Auf dem Territorium des an die Ukraine angrenzenden Belarus wurde am Donnerstag die Stationierung von nichtstrategischen russischen Atomwaffen bestätigt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Verteidigungsminister beider Länder erklärte der Russe Sergei Schoigu, dass Moskau keine Atomwaffen an die Republik Belarus gebe. „Die Kontrolle darüber und die Entscheidung über ihren Einsatz verbleiben bei uns“, sagte er. Zugleich betonte er, dass beide Länder Maßnahmen „in Einklang mit allen geltenden internatio­nalen rechtlichen Verpflichtungen“ ergriffen hätten.

Nach Angaben der russischen Agentur Tass werden die nichtstrategischen Atomwaffen bis zum 1. Juli in einem speziellen Lager in Belarus deponiert worden sein. Moskau hatte Minsk bereits das Raketensystem Iskander – als Träger für Atomwaffen – übergeben, bei der Umrüstung belarussischer Flugzeuge geholfen und belarussische Soldaten in Russland entsprechend ausgebildet.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko ließ sich am Donnerstag nach zwei Wochen Spekulationen über seinen Gesundheitszustand in Moskau bei einer Sitzung des Obersten Eurasischen Wirtschaftsrates blicken. Erstmals nahm daran auch der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew teil.

In Moskau soll am Freitag der chinesische Sondergesandte Li Hui mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow zusammentreffen, um für den Pekinger Friedensplan für die Ukraine zu werben. Am selben Tag wird Kanzler Olaf Scholz seinen baltischenVerbündeten in der estnischen Hauptstadt Tallinn begegnen, um den Nato-Gipfel im Juli in Vilnius vorzubereiten.

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