Krieg in der Ukraine und Sport: Rollen Panzer, ruht der Ball
In der Ukraine herrscht Krieg, auch der internationale Profisport muss sich neu sortieren. Vorerst beherrschen Absagen und Entsetzen die Lage.
Ist der Sport politisch? Und wenn ja, wie? Das ist eine Frage, die Sport und Sportpolitik schon seit einiger Zeit umtreibt; meist wird eine Verbindung beider Bereiche einschlägig abgelehnt, aus meist offensichtlichen Gründen. Die großen Dickschiffe des Sports, speziell der Fußball-Weltverband FIFA, oder, noch markanter, das IOC, haben sich in den letzten Dekaden zu Problemverbänden gemausert, die sich aufgrund der demokratischen Widerstände gegen ihre ausbeuterischen Großveranstaltungen nur allzu gern prestigebedürftigen autoritär regierten Staaten andienten. Als Beispiele genannt seien die Fußball-Weltmeisterschaften 2018 in Russland und die im kommenden Winter in Katar.
Auch die letzten Olympischen Spiele, die gerade noch rechtzeitig vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine zu Ende gingen, fanden im weltpolitisch umstrittenen China statt. Ob die Paralympics, die am 4. März in Peking starten sollen, tatsächlich stattfinden, bleibt offen.
Immerhin haben der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Behindertensportverband den Angriff Russlands auf die Ukraine „auf das Schärfste“ verurteilt, wie die dpa verbreitete. Die Verbände fordern Russland auf, „die kriegerischen Handlungen einzustellen“. Zugleich empfehlen sie ihren Mitgliedsorganisationen, „die Teilnahme an Wettkämpfen und Trainingsmaßnahmen in Russland und den Kriegsgebieten auszusetzen“. Das IOC zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Sicherheit der olympischen Gemeinschaft in der Ukraine und schloss sich wie auch der DFB den entsetzten Meldungen an.
Die Uefa-Exekutive beriet noch über einen neuen Austragungsort des für den 28. Mai angesetzten Endspiels der Fußball-Champions-League, das ursprünglich in St. Petersburg stattfinden sollte. Auch von der DFL gab es eine Adresse: „Krieg ist in jeder Form inakzeptabel – und mit unseren Werten des Sports unvereinbar“, teilte man via Twitter mit.
Minaj – Luhansk: ausgesetzt
In der Ukraine selbst ruht schon der Ball. Nur wenige Stunden nach dem Angriff russischer Truppen hat der ukrainische Fußball-Verband den Spielbetrieb der ersten Liga ausgesetzt. Eigentlich sollte die Winterpause der Premier Liga an diesem Freitag mit einem Spiel des Abstiegskandidaten FK Minaj gegen den Tabellenvierten Sorja Luhansk beendet werden. Der Conference-League-Teilnehmer Luhansk wird seit 2019 von Viktor Skripnik trainiert, der insgesamt 20 Jahre als Spieler, Jugend- und Cheftrainer für Werder Bremen tätig war.
Clubs wie Sorja Luhansk oder der Serienmeister Schachtar Donezk, die aus den bereits seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine kommen, trainieren und spielen bereits seit mehreren Jahren nicht mehr in ihrer Heimat. Skripniks Club ist in das südukrainische Saporischschja umgezogen. Spieler und Trainer von Schachtar leben und trainieren in der Hauptstadt Kiew. Nach Informationen von Sky Italia sitzen das Team und sein italienischer Trainer Roberto De Zerbi aktuell in einem Hotel in Kiew fest und können weder das Land noch die Unterkunft verlassen.
Die ersten Meldungen waren an diesem traurigen Donnerstag eher randständig. Das Weltcup-Finale der Naturbahnrodler in Moskau fällt aus, die Skiverbände riefen ihre Teilnahmen im Osten zurück. „Zurückgezogen“ ist ein Länderspiel der Ukraine im Basketball, „verlegt“ eines im Handball. Als „zurückgezogen“ wird auch der Weltcup im Fechten in Sotschi gemeldet. Zur Formel 1 am selben Ort heißt es lapidar, dass „die Folgen auch für das im Herbst geplante Formel-1-Rennen in Sotschi noch nicht absehbar“ seien (ebenso dpa).
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