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Krieg in SyrienIn Afrin wird wieder geschossen

In Nordsyrien liefern sich Kurden und Türken heftige Kämpfe. Zudem wurden ein Staudamm und archäologische Stätten beschädigt.

28. Januar: die türkische Armee auf dem Berg Barsaja Foto: ap

Ankara/Damaskus ap/dpa | In der nordsyrischen Enklave Afrin sind erneut heftige Kämpfe um einen strategisch wichtigen Berg ausgebrochen. Kämpfer der Kurdenmiliz YPG versuchten, die türkische Armee und deren Verbündete wieder vom Barsaja zu vertreiben, der den Nordosten des Gebietes beherrscht, berichtete die in Großbritannien beheimatete Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag. Die Gefechte konzentrierten sich auf den Rand der Anhöhe. In der Türkei wurden 311 mutmaßliche YPG-Unterstützer festgenommen.

Die Türkei betrachtet die YPG als Terrororganisation und hat eine Offensive gestartet, um die Miliz aus Afrin und anderen Gebieten nahe der Grenze vertreiben. Der Barsaja liegt zwischen dem von der Türkei kontrollierten Asas und Afrin. Er hat seit Beginn des türkischen Feldzuges mehrfach den Besitzer gewechselt. Am Wochenende meldete die Türkei die erneute Einnahme der Anhöhe. Eine für Montag von der Regierung geplante Pressetour über den Barsaja wurde wieder abgesagt. Das Militär sprach von „Sicherheitsbedenken“.

Bei der türkischen Offensive sind Berichten zufolge auch ein wichtiger Damm sowie archäologische Stätten beschädigt worden. Die Einwohner Afrins fürchteten eine Überflutung der Region, sollte der „Damm des 17. April“ brechen, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Montag. Der Damm im Gebiet Maidanka sei bereits dreimal seit Beginn des türkischen Einsatzes bombardiert worden. Die türkischen Streitkräfte hatten zuvor Luftangriffe in der Nacht zum Montag bestätigt.

Der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana zufolge waren die Städte Dschandaris und Hammam sowie die Region um den Damm am Montag weiter unter Beschuss. Laut Abdel Rahman trafen türkische Kampfflugzeuge unter anderem archäologische Stätten in Deir Mischmisch im Nordosten Afrins sowie Ain Dara südlich von Afrin. Ein Großteil des antiken Tempels von Ain Dara sei zerstört worden. Das syrische Generaldirektorat für Antiquitäten und Museen im Kulturministerium verurteilte die türkischen Angriffe.

„Hexenjagd gegen Kritiker“

In der Türkei wurden 311 Personen unter dem Vorwurf festgenommen, in sozialen Medien im Internet „terroristische Propaganda“ verbreitet und die türkische Militäroffensive in Syrien untergraben zu haben, wie das Innenministerium mitteilte. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte die Festnahmen als Teil einer „Hexenjagd gegen Kritiker“ der Regierung.

Auch aus dem nahegelegenen Idlib wurden Luftangriffe gemeldet. Mutmaßliche Flugzeuge der syrischen Regierungstruppen hätten in der Rebellenhochburg ein Krankenhaus getroffen und unbrauchbar gemacht, meldete die Beobachtungsstelle. Mindestens 14 Menschen seien getötet worden, unter ihnen sechs Kinder. In dem Hospital seien ein Erwachsener und ein Kind getötet worden. Die Rettungsorganisation Weißhelme berichtete, in der Stadt Sarakeb sei der größte Gemüsemarkt der Provinz getroffen worden.

Die Regierung hat ihre Bombardements in der Provinz offenbar verstärkt. Die Beobachtungsstelle meldete allein am Montag 90 Luftangriffe mit insgesamt 21 Toten.

Wichtigstes Oppositiongremium und YPG fehlen

Die Kämpfe überschatteten den Beginn der Syrien-Friedensgespräche in Sotschi am Schwarzen Meer, zu denen Russland am Montag etwa 1.600 Vertreter von Regierung und Opposition in Syrien eingeladen hatte. Allerdings kamen zunächst nur die Regierung und von ihr tolerierte Oppositionsvertreter. Sowohl das wichtigste Verhandlungsgremium der Opposition, das Hohe Verhandlungskomitee, als auch die YPG sagten ihre Teilnahme ab. Letztere machte Russland für die türkische Offensive verantwortlich.

Der russische Syrien-Botschafter Alexander Lawrentiew sprach von Provokationen, die den Ausgang der Konferenz nicht beeinflussen würden. Die Situation in Afrin habe sich „irgendwie stabilisiert“. Die Einladungen blieben bestehen. Er hoffe, dass sich die Vernunft durchsetze.

Russland rief zudem die mit ihm verbündete syrische Regierung auf, mit den Rebellen in der belagerten Damaszener Vorstadt Ost-Ghouta über die Evakuierung medizinischer Notfälle zu verhandeln. Ein Ende der Feindseligkeiten dort sei die einzige Chance für eine politische Lösung, erklärte das Moskauer Verteidigungsministerium.

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10 Kommentare

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  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Der Titel "In Afrin wird wieder geschossen" ist daneben, weil dies ein nicht ernst zu nehmendes Spektakel assoziieren lässt. So als ob dort seit 10 Tagen nicht jeden Tag von Erdogan gebombt und gemordet würde. Etwas mehr Respekt vor den Opfern des Erdogan-Faschismus wäre angebracht.

  • Ich frage mich, aus welchem Grund der völkerrechtswidrige Überfall der Türkei auf Syrien ständig verharmlosend als "Offensive" oder "Einsatz" bezeichnet wird.

    • @markstein:

      ... und weil dann viele weitere "Operationen" anderer Länder ebenfalls als Völkerrechtsbruch oder Kriegsverbrechen eingestuft und entsprechend behandelt werden müssten. Regeln gelten immer nur für die, die sich nicht erlauben können, sich darüber hinwegzusetzen.

    • @markstein:

      Weil man ansonsten zu dem sehr unbequemen Schluss kommen müsste, dass das NATO-Mitglied Türkei einen völkerrechtswidrigen ethnischen Angriffskrieg führt? Kein Mensch wüsste, wie man damit umgehen sollte, also nennt man das lieber anders.

      • @Mustardman:

        Mit der Etnie hat dieser Konflikt nichts zutun. Es ist ein Kampf um Macht zweier Ideologien. Es geht um islamisch, rechts-konservativ gegen Links(extrem). Erdogan hat massenhaft islamische Kurden als Wähler(die aktuell vermutlich teilweise verliert). Nicht vergessen sollte man, dass sich die PKK zu der Tötung zweier Polizisten 2015 bekannt hat. Genau in der Zeit, als die PKK aufgrund des Erfolges der HDP ihre Bedeutung verlor. Das Thema is hochkomplex und kann nicht mit einfachem Türkei/Erdogan/Türken Bashing abgehandelt werden.

        • @deniz:

          Sagen wir mal so: Die Türkei duldet inzwischen ÜBERHAUPT keine "Ideologie" außer der türkisch-nationalistischen-islamischen mehr.

           

          Ich will da gar niemanden bashen, ich finde sogar, dass die europäischen Staaten einen guten Teil Mitschuld an dieser Entwicklung tragen, indem sie die Türkei am ausgestreckten Arm verhungern lassen haben, was die EU-Mitgliedschaft angeht.

           

          Die Kurden (zumindest soweit sie irgendwie organisiert sind) sind da in der Tat nur ein willkommener Sündenbock.

        • 8G
          81622 (Profil gelöscht)
          @deniz:

          Man kann und muss aber darlegen, dass die Türkei immer mehr in Richtung Faschismus marschiert: Gleichschaltung der Presse und Institutionen, innenpolitische Repression und Säuberungswellen gegen jeden Widerspruch zur offiziellen Meinung (wie heute gegen die Ärztekammer), hysterischer Nationalismus, gepaart mit Islamismus (Gebete für die "gloreiche" Armee), Angriffskrieg gegen einen äusseren Feind (Terroristen), ein innerer Feind (Kurden), Zusammenarbeit von neoliberalem Kapitalmarkt und Islamismus. Erdogan hat es zudem geschaft, den Westen vorzuführen und mit Putin ins Bett zu gehen.

          Es wird wohl noch schlimmer kommen müssen, bevor unser Aussenminister Gabriel aufwacht aus seinem Dornröschenschlaf.

          • @81622 (Profil gelöscht):

            Dazu ein Zitat von jemandem, der es wissen sollte:

             

            "Nun, natürlich, das Volk will keinen Krieg. Warum sollte auch irgendein armer Landarbeiter im Krieg sein Leben aufs Spiel setzen wollen, wenn das Beste ist, was er dabei herausholen kann, daß er mit heilen Knochen zurückkommt? Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg; weder in Rußland, noch in England, noch in Amerika, und ebenso wenig in Deutschland. Das ist klar.

             

            Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. (…)

             

            Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land."

             

            (Hermann Göring, 18. April 1946, Nürnberg, abends in seiner Zelle, „achselzuckend“)

             

            nach G.M. Gilbert, „Nürnberger Tagebuch“, Fischer Frankfurt a. M., 1962, S. 270

          • @81622 (Profil gelöscht):

            "Aussenminister Gabriel aufwacht aus seinem Dornröschenschlaf"

             

            Sie haben ja recht. Erdogan ist Islamist und damit indiskutabel. Aber was soll Gabriel denn machen außer Abwarten, was bei dem ganzen herauskommt?

        • @deniz:

          War es nicht eher so, dass die AKP aufgrund des Entspannungskurses Stimmen an die faschistische MHP verlor und seitdem der Konglikt von AKP-Seite gezielt eskaliert wurde?