Krieg in Syrien: Die Evakuierung geht weiter
Der UN-Sicherheitsrat stimmt am Sonntag über Beobachter für Aleppo ab. Generalsekretär Ban Ki Moon soll humanitäres Personal in die Stadt entsenden.
Die Abstimmung solle trotz des Widerstands Russlands gegen den Resolutionsentwurf, der seit Freitagabend unter den 15 Ratsmitgliedern im Umlauf ist, stattfinden. Moskau ist ein Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und verfügt über ein Vetorecht.
Laut dem von Frankreich eingebrachten Entwurf würde sich der Sicherheitsrat „alarmiert“ über die sich immer weiter verschlechternde humanitäre Lage in Aleppo äußern. Der Text hält fest, dass „zehntausende belagerter Einwohner von Aleppo“ Hilfe brauchen und in Sicherheit gebracht werden müssen. Die Beobachter sollen den Abtransport von Zivilisten überwachen und ihren Schutz gewährleisten.
In der Resolution wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon aufgefordert, schnell humanitäres Personal nach Aleppo zu entsenden, das sich bereits in Syrien befindet. Dieses solle eine „angemessene neutrale Überwachung und direkte Beobachtung“ der „Evakuierung der belagerten Teile Aleppos“ sicherstellen.
Russland mauert
Syrien wird aufgerufen, den UN-Beobachtern Zugang zu gewähren. Ban soll dem Text zufolge dem Sicherheitsrat binnen fünf Tagen nach Beginn der Mission berichten, ob der Zugang nach Aleppo tatsächlich möglich ist.
Tausende Zivilisten und die letzten Rebellen warteten am Samstag noch darauf, aus der zerstörten Stadt gebracht zu werden. Am Tag zuvor hatte die syrische Führung die Evakuierungsaktionen unterbrochen.
Der französische UN-Botschafter François Delattre sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Entsendung internationaler Beobachter nach Aleppo würde „ein weiteres Srebrenica“ verhindern. Dort hatten 1995 bosnisch-serbische Milizen etwa 8.000 muslimische Männer und Jungen getötet. Das Massaker ging als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg in die Geschichte ein.
Über die Initiative hatte sich Frankreich nach Angaben Delattres eng mit Deutschland abstimmt, das dem Sicherheitsrat nicht angehört. Das mächtigste UN-Gremium hat sich im Syrien-Konflikt allerdings wiederholt als nicht handlungsfähig erwiesen. US-Botschafterin Samantha Power hatte die Hoffnung ausgedrückt, dass die Abstimmung dieses Wochenende stattfinde. Ihr russischer Kollege Witali Tschurkin hatte sich dagegen skeptisch gezeigt. Es würde Wochen dauern, bis Beobachter entsendet würden, sagte er.
Busse fahren nach Ost-Aleppo
Inzwischen steht die Wiederaufnahme der Evakuierung Ost-Aleppos offenbar kurz bevor. Die Busse zum Abtransport Tausender Rebellen und Zivilisten seien in den belagerten Teil der Stadt eingefahren, berichteten regimenahe Medien und die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag. Regierungskreise hatten zuvor von einer neuen Vereinbarung zwischen der syrischen Führung und den Rebellen berichtet.
In die schiitschen Dörfer Fua und Kafraja in der südwestlich von Aleppo gelegenen Provinz Idlib fuhren nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag ebenfalls Busse ein. Sie sollen rund 1500 Verletzte, Frauen und Kinder in Sicherheit bringen, wie syrische Regierungskreise mitteilten. Milizen aus dem schiitischen Iran, die an der Seite der syrischen Armee kämpfen, hatten nach Angaben aus Regierungskreisen gefordert, dass im Gegenzug für die Evakuierung der Rebellengebiete Aleppos auch die Blockade dieser beiden Orte aufgehoben werden müsse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken