Krieg in Sudan: Weiter Kämpfe trotz Feuerpause
Die Waffenruhe in Sudan bleibt brüchig, auch am Samstag kam es zu Gefechten. Im Land sind nach Evakuierungen nur noch wenige Deutsche.
Im Krisenland Sudan gab es trotz einer neuen Waffenruhe auch am Freitag wieder Kämpfe. Augenzeugen berichteten, dass vor allem die Hauptstadt Khartum erneut unter schwerem Beschuss stand. Zuvor war in der Nacht zum Freitag eine zweite, 72 Stunden lange Feuerpause in Kraft getreten.
Auch am Samstag wurde die am Donnerstag um drei Tage verlängerte Feuerpause nicht eingehalten. Am Morgen waren in Khartum Luftangriffe, Flugabwehrwaffen und Artillerie zu hören. Über Teilen der Hauptstadt stieg dunkler Rauch auf. Damit gehen die Kämpfe zwischen der Armee und der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF) in die dritte Woche.
In Sudan kämpfen das Militär und die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) seit dem 15. April um die Macht. Vertreter beider Gruppen hatten die Führung des nordostafrikanischen Landes mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsame Militärcoups 2019 und 2021 übernommen.
RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo sagte der BBC, dass er nicht verhandeln werde, solange die Kämpfe nicht beendet seien. Seine Kämpfer würden seit der Verlängerung des dreitägigen Waffenstillstands „unerbittlich“ bombardiert. „Wir wollen den Sudan nicht zerstören.“ Er sei offen für Gespräche, aber die Bedingung sei, dass der Waffenstillstand halte. „Stellt die Feindseligkeiten ein. Danach können wir Verhandlungen führen.“
Insgesamt kamen bei den Gefechten in Sudan nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bisher mindestens 512 Menschen ums Leben, fast 4200 wurden verletzt. Die wahre Zahl der Opfer dürfte aber deutlich höher liegen.
Mehr als 75.000 Menschen vertrieben
Das UN-Nothilfebüro Ocha teilte am Freitag mit, mehr als 75.000 Menschen seien in Sudan vertrieben worden und es werde erwartet, dass diese Zahl in den kommenden Tagen noch steigen werde. 61 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in Khartum seien geschlossen und nur 16 Prozent arbeiteten wie gewohnt, sodass Millionen Menschen keinen Zugang zur medizinischen Versorgung hätten. In den am stärksten betroffenen städtischen Zentren, vor allem in Khartum, würden Wasser, Lebensmittel, Treibstoff und andere wichtige Güter knapp. Die Kosten für den Transport aus den vom Konflikt betroffenen Gebieten seien exponentiell gestiegen. Telekommunikation und Internet seien beeinträchtigt.
Am Donnerstagabend war eine erste 72 Stunden lange Waffenruhe ausgelaufen. Auch diese hielt nur sporadisch. Trotzdem konnten in dieser Zeit Tausende Zivilisten in Nachbarländer fliehen. Mehrere Länder evakuierten ihre Staatsangehörigen und weitere Menschen aus dem Krisenland. Am Donnerstag stimmten die sudanesischen Streitkräfte und die RSF jedoch erstmals Verhandlungen in Juba zu, der Hauptstadt des benachbarten Südsudan.
Wegen der Kämpfe hatte die Bundeswehr mehr als 700 Menschen aus dem Sudan ausgeflogen, neben Deutschen auch Menschen aus anderen Ländern. Die Soldatinnen und Soldaten, überwiegend Fallschirmjäger, flogen am Freitag mit vier Flugzeugen vom Typ A400M von Jordanien aus nach Wunstorf bei Hannover. Pistorius sagte vor der Landung, der Einsatz sei ausgezeichnet gelaufen. Das zeige, „dass die Truppe da ist, wenn man sie braucht“, so der SPD-Politiker.
Die Bundeswehr hatte von Sonntag bis Mittwoch in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und der Bundespolizei nach eigenen Angaben mehr als 700 Menschen aus mehr als 40 Nationen aus dem umkämpften Sudan ausgeflogen. Darunter waren mehr als 200 Deutsche. Zeitweise waren für den Evakuierungseinsatz etwa 1000 Soldaten tätig. Der Bundestag hatte dem Einsatz der Bundeswehr am Mittwoch nachträglich mit einer ungewöhnlich deutlichen Mehrheit zugestimmt.
Leutnant Konstantin Brabsche, der mit den Feldjägern für die Sicherheitsschleuse am Flugplatz nahe der Hauptstadt Khartum verantwortlich war, sagte nach seiner Rückkehr am Freitagabend, der Rettungseinsatz habe den beteiligten Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr viel abverlangt. Die Truppe habe in brütender Hitze unter improvisierten Bedingungen hochkomplex und schnell arbeiten müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles