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Krieg im Osten der DR KongoKongos Rebellen stiften Verwirrung, USA drohen Ruanda

Die M23-Rebellen wollen sich aus der frisch eroberten Stadt Uvira zurückgezogen haben. Aber nach dem vermeintlichen Abzug sind sie offenbar noch da.

Das überlebensgroße Denkmal von Kongos Präsident Felix Tshisekedi vor dem Sturz … Foto: Kivu News
Simone Schlindwein

Aus Kampala

Simone Schlindwein

Mit Spitzhacken hauen die Kongolesen auf eine Statue von Präsident Felix Tshisekedi ein, bis sie vom Sockel fällt. Das bemerkenswert hässliche Zementdenkmal für „Fatshi Beton“, wie sich Kongos Präsident von seinen Fans gerne nennen lässt, stand bislang in der Mitte eines Kreisverkehrs in der ostkongolesischen Stadt Uvira an der Grenze zu Burundi.

Vor rund zehn Tagen rückten die Rebellen der AFC/M23 (Allianz des Kongo-Flusses/Bewegung des 23. März) in Uvira ein. Ihre Zerstörung des Präsidentendenkmals am Samstag verdeutlicht den Staatszerfall im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Die Rebellen richteten am Samstag einen „Salongo“ ein, ähnlich wie die schwäbische Kehrwoche: die Bevölkerung ist angehalten, kollektiv Grundstücke und Straßen zu reinigen. Dabei wurde jetzt offenbar auch die Statue demoliert und deren Überreste weggefegt.

Eigentlich hatte die M23 hatte am vergangenen Mittwoch den Rückzug aus der 700.000-Einwohner-Stadt angekündigt. Denn die Einnahme von Uvira war in den USA scharf kritisiert worden. Erst am 4. Dezember hatten die Staatschefs von Ruanda und DR Kongo in Washington unter Schirmherrschaft von Präsident Donald Trump feierlich einen Friedensvertrag unterzeichnet.

Nun drohten die USA Ruanda, das die M23 militärisch unterstützt, mit Sanktionen. Sie suspendierten als Erstes die Teilnahme Ruandas an der sogenannten „Green Card Lottery“, die Aufenthaltserlaubnisse in den USA nach dem Zufallsprinzip gewährt – bisher gab es für Ruanda nach ruandischen Angaben 400 solche „Green Cards“ pro Jahr.

Auf den Hügeln statt auf den Straßen

Daraufhin erklärten die M23 ihren „freiwilligen“ Rückzug aus Uvira, als Zeichen des guten Willens. Doch sie setzten Bedingungen: die Stationierung einer „neutralen“ Truppe, die verhindert, dass Kongos Armee oder die mit ihr verbündeten „patriotischen“ Milizen (Wazalendo) die Stadt erneut besetzen.

Ohne das abzuwarten, zogen erste M23-Einheiten am Mittwoch und Donnerstag tatsächlich ab. Aber wie Einwohner von Uvira gegenüber lokalen Medien berichteten, gingen sie nicht weit. Von den Hügeln rings um Uvira blicken sie nun auf die Hauptverkehrsstraßen, die nach Uvira hineinführen, sowie auf den gewaltigen Tanganyika-See, an dem die Stadt liegt. Die M23-Einheiten sind erfahren in hügeligem bewaldeten Terrain, Häuserkampf in dicht besiedelten Gebieten vermeiden sie stets.

…und danach Foto: Kivu News

Nachdem am Samstag die Bilder vom Denkmalsturz in Uvira um die Welt gingen, bestätigte Kongos Armee am Abend in einer Erklärung, die M23 sei doch noch in Uvira. Die Rebellen sowie Ruandas Armee kontrolliere weiterhin mehrere Stadtviertel und Straßen. Die Rückzugsankündigung sei ein reines „Ablenkungsmanöver“.

Im Umland von Uvira gehen derweil die Kämpfe weiter. In den Bergen zwischen Mwenga und Minembwe sowie auf der Fizi-Hochebene kam es die letzten Tage zu heftigen Gefechten. Offenbar haben die M23-Truppen über die Hügel Uvira umgangen und rücken nun weiter gen Süden vor. Kongos Armeesprecher meldet, die M23-Truppen seien am Freitag 35 Kilometer südlich von Uvira auf der Überlandstraße Richtung Baraka gesichtet worden.

Nach Baraka hatte sich nach eigenen Angaben Süd-Kivus Provionzregierung zurückgezogen. Der Dachverband der Zivilgesellschaft von Baraka lässt nun aber vermelden, dies sei nicht der Fall; die Einwohner seien von Kongos Regierung „im Stich gelassen“ und „ohne militärischen Schutz“ zurückgelassen worden.

UN-Blauhelme bleiben in DR Kongo

Unter dem Eindruck dieser Lage beschloss der UN-Sicherheitsrat am Freitag einstimmig die Verlängerung der UN-Mission in der DR Kongo (Monusco) um ein Jahr. Die noch 11.500 Blauhelme befinden sich eigentlich auf dem Rückzug; dieser pausiert nun. Bereits 2024 aber verließen alle UN-Blauhelme die Provinz Süd-Kivu, in welcher Uvira liegt. Deren erneute Stationierung als „neutrale“ Truppe, wie die M23 sie fordert, kommt nicht mehr in Frage; nur mobile Einheiten zur Überwachung eines Waffenstillstands sollen eingesetzt werden.

Das verschärfte Mandat der UN-Eingreiftruppe FIB ist ebenso verlängert. Doch diese UN-Spezialkräfte mit Kampfmandat stehen im M23-kontrollierten Goma in der Provinz Nord-Kivu. Sie kämpfen nicht, sie sitzen fest.

Ruanda zeigt sich vom internationalen Druck ohnehin unbeeindruckt. „Wir überwinden diese Hürden und gehen unseren Weg weiter“, erklärte Ruandas Präsident Paul Kagame am Samstag auf dem Kongress seiner Regierungspartei RPF (Ruandische Patriotische Front) selbstsicher. Am Freitag traf Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe am Rande des „Russland-Afrika“ Forums in Ägyptens Hauptstadt Kairo seinen russischen Amtskollegen Sergei Lawrow. Sie bekräftigten eine engere Zusammenarbeit und eine Abstimmung bei UN-Resolutionen.

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