Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule: Raed Saleh fordert das Unmögliche
Der SPD-Fraktionschef überrascht schon wieder. Statt 120 Wohnungen fordert er den Weiterbetrieb als Schule. Das ist rechtlich aber gar nicht mehr möglich.
Schon wieder Raed Saleh. Der Autor dieser Zeilen hat den SPD-Fraktionsvorsitzenden einmal als einen „Linkspopulisten“ beschrieben. In dem taz-Porträt stand der Satz: „Vielleicht geht es gar nicht um Inhalte. Vielleicht ist das Vorankommen seiner Person dem Politiker Raed Saleh wichtiger als das Vorankommen der Sache.“
Seitdem sind anderthalb Jahre vergangen. Eine lange Zeit, in der Saleh freilich nichts unternommen hat, um zu zeigen, dass es ihm in erster Linie um die Sache geht. Schlimmer noch: Inzwischen entbehren seine Forderungen gar jeglicher Grundlage.
Jüngstes Beispiel ist ein Gespräch des SPD-Fraktionschefs mit dem RBB. Darin fordert er, aus der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg wieder ein Schulgebäude zu machen. Das Problem ist nur: Ab diesem Sommer wird dort die Howoge mit dem Bau von 120 Wohnungen beginnen. Diese sollen laut der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft „Geflüchteten, wohnungslosen Frauen mit Kindern, Studenten und einkommensschwachen Familien kostengünstigen Wohnraum bieten“. Im Erdgeschoss soll unter anderem Platz für die öffentliche Else-Ury-Bibliothek geschaffen werden.
Spielt da also ein SPD-Mann eine soziale und dringend nötige Nutzung (Wohnen) gegen eine andere aus (Bildung), nur um mal wieder in den Medien zu sein?
Das wäre schon peinlich genug, aber offenbar gibt es bei dem Mann aus Spandau auf der Peinlichkeitsskala keine Begrenzung nach oben. Laut dem Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), wäre eine Schule derzeit nämlich gar nicht genehmigungsfähig. „Das Gebäude ist keine Schule mehr. Es müsste baurechtlich komplett neu aufgesetzt werden“, sagt Schmidt der taz. Und noch etwas: Laut dem Schulamt Kreuzberg ist der Bedarf an Grundschulplätzen dort gar nicht gegeben. Der Schulstadtrat kommt übrigens von der SPD. Offenbar hat ihn Saleh nicht mal gefragt.
Was also treibt Raed Saleh an? Arbeitet er, der nächstes Jahr um seinen Job an der Fraktionsspitze bangen muss, bereits an Alternativen? Der Autor dieser Zeilen jedenfalls arbeitet in Gedanken schon an einer neuen Überschrift. Sie steht über dieser Kolumne und entbehrt ebenso wie Salehs Forderungen jeglichen Wahrheitsgehalts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht