Krankenhaus-Protest in Frankreich: „Weiße Kittel, schwarze Wut“
Das Personal der öffentlichen Krankenhäuser in Frankreich geht auf die Straße. Sie wollen endlich mehr Geld – für sich und für das Gesundheitssystem.
Das Pflegepersonal, die Ärztinnen und Ärzte, die Angehörigen paramedizinischer Berufe und der Krankenhausverwaltung möchten für ihren Einsatz während der Covid-Pandemie mehr als ein „Merci beaucoup“ von der Staatsführung. Sie fordern Lohnerhöhungen statt schöner Worte der Anerkennung oder einer Medaille oder Orden, wie sie ihnen großmütig versprochen wurde.
„Diese Medaille wollen wir nicht, wir werden sie bestimmt nicht tragen, Das ist geradezu eine Provokation“, meint Céline Philippard. Sie ist Sekretärin in einer Geriatrie-Abteilung im Val-d'Oise im Norden der Hauptstadt und Delegierte des Gewerkschaftsbunds CGT. Sie bestätigt, dass in ihrem Krankenhaus alle die von Präsident Macron versprochene Prämie von 1.500 Euro erhalten hätten. Doch diese Prämie ist eben einmalig und wird auch nicht zur Berechnung der späteren Altersrente berücksichtigt.
Die Demonstrierenden wollen eine signifikante Lohnerhöhung. Auf Schildern und Spruchbändern verlangen sie 300 Euro mehr pro Monat für alle ohne Unterschied bezüglich der Gehaltsklassen, aber auch eine deutliche Erhöhung des Budgets der öffentlichen Krankenhäuser sowie ein Stopp der Reduzierung der Bettenzahl aus reinen Kostenüberlegungen. Mit Covid-19 ist die Gesundheit in Frankreich zur obersten Priorität geworden – das muss nun aber auch im Staatshaushalt bewiesen werden.
In ganz Frankreich demonstrierten an diesem Dienstag die Berufstätigen der Gesundheitssektors, oft in ihren weißen, hellgrünen oder blauen Arbeitskleidern. An der Pariser Kundgebung, wo sich schon zwei Stunden vor dem eigentlichen Demonstrationsbeginn Tausende lautstark vor dem Gesundheitsministerium hinter dem Invalidendom versammelten, war auf einem Transparent ein Slogan zu lesen, der konstrastreich die vorherrschende Stimmung verdeutlicht: „Weiße Kittel, schwarze Wut!“
Personal fühlt sich von den Behörden missachtet
Die Gesundheitsdienste waren sehr schlecht auf die Coronakrise vorbereitet. Das Personal fühlte sich nicht nur überlastet, sondern auch von den Behörden missachtet, erklärt Pierre Etien Leblanc, Arzt in der Intensivstation von Kremlin-Bicêtre im Süden von Paris. „Das öffentliche Gesundheitssystem ist krank, und das seit sehr Langem, seitdem die Finanzierung neu organisiert wurde. Die rechten und linken Regierungen hatten nur ein Ziel: die Kosten zu senken. Jetzt will die Staatsführung weitermachen wie vor der Covid-Krise, als wenn nichts gewesen wäre!“
Derzeit laufen im Gesundheitsministerium an der Avenue Ségur Gespräche mit Delegierten der öffentlichen Gesundheitsdienste. „Von diesem Ségur-Palaver erwarte ich mir rein gar nichts“, sagt Leblanc. Sein Medizinerkollege vom Pariser Krankenhaus Robert Debré, Professor André Baruchel, ist auch nicht optimistisch: „Erstens sind die nichtmedizinischen Berufskategorien zu wenig repräsentiert.
Das Kollektiv Inter-Urgences, das seit 15 Monaten für bessere Arbeitsbedingungen in den Notfall-Aufnahmen gekämpft hat, ist gar nicht vertreten. Und zweitens hat man uns im Voraus gesagt, dass diese Ségur-Gespräche nicht Verhandlungen seien, sondern nur der Anhörung dienen.“
Dass sich die Demonstrierenden nach dem Einsatz in der Covid-Krise, der ihnen die Dankbarkeit der Nation eingebracht hat, mit einem Alibi-Dialog abspeisen lassen, scheint aufgrund der imposanten Mobilisierung an diesem Dienstag höchst unwahrscheinlich.
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