Krakaus Kampf gegen Abgase: Erst sind die Öfen weg, dann die Autos
Über Krakau, der zweitgrößten Stadt Polens, hängt eine Smogschicht. Ein Verein hat die Luft verbessert. Mit Holz und Kohle wird kaum noch geheizt.
Auch über Krakau, der zweitgrößten Stadt Polens, hängt eine dicke graue Smogschicht. Die Luft ist seltsam klebrig, riecht nach kaltem Lagerfeuer und verbrannten Plastikfolien. Aus manch einem Schornstein quillt schwarzer oder quittengelber stinkender Rauch. „Das sollte schon verboten sein!“, empört sich Magdalena Kozlowska vom „Krakauer Smogalarm“. „Aber 2019 ist es so weit: dann wird niemand in unserer Stadt mehr Abfall, Lumpen oder Kohleschlamm im heimischen Öfen mehr verbrennen dürfen.“ Denn der Rauch macht krank, unter den Emissionen ist Benzo[a]pyren am gefährlichsten. Er steht im Verdacht, Krebs zu erregen.
Dabei gilt Krakau längst als Vorreiter der Luftreinehaltepolitik. Das ist das große Verdienst des kleinen Umweltvereins „Krakauer Smogalarm“. Gegründet hatten ihn 2012 fünf Studenten und Studentinnen, die sich vornahmen, nicht mehr nur über die schlechte Luft in Krakau zu schimpfen, sondern aktiv etwas dagegen zu tun.
Mit Bücherwissen zur grünen Revolution
„Damals wurden Bürgerbefragungen zum Thema Luftqualität in der Woiwodschaft Kleinpolen durchgeführt“, erklärt Kozlowska in einer Krakauer Altbauwohnung, die als Büro dient. „Es ging um ein EU-Programm, aber für die meisten Leute war das viel zu abstrakt.“
Die Gruppe begann Gesetze und Verordnungen zu lesen; Fachliteratur zum Thema Luftbelastung durch Feinstaub, Stickstoffoxide und Ozon. Dann forderten sie, dass in Krakau der traditionelle Hausbrand mit Holz und Kohle verschwinden solle. Denn er war hauptverantwortlich für den Smog in der Stadt.
„Wir haben dann eine Informationskampagne gestartet“, so die 31-jährige Historikerin. „Schließlich schickten wir eine Petition an den Stadtrat und organisierten eine Pressekonferenz.“ Es habe durchaus schon Expertisen und konkrete Daten zur Schadstoffbelastung der Luft gegeben, nur seien beispielsweise die täglichen Messdaten auf einer schwer zu findenden Seite des Umwelt-Inspektorats veröffentlicht worden. Der Verein bereitete die Daten auf ihrer Homepage neu auf und erklärte sie verständlich.
Der Krakauer Stadtrat war zunächst von den Aktivitäten des kleinen Vereins wenig angetan, doch als sich immer mehr Krakauer dem Protest gegen den Smog anschlossen, übernahm Stadtpräsident Jacek Majchrowski die Forderungen des Krakauer Smogalarms. Schon 2013 legte er ein mehrjähriges Millionenprogramm zum Austausch der alten Öfen auf. Doch um ein Verbot der im Volksmund „Stinker“ genannten Herd- und Kachelöfen zu erreichen, musste der Verein eine juristische Odyssee absolvieren.
Tausche Ofen gegen Zuschuss
Zwar verabschiedete das Woiwodschafts-Parlament von Kleinpolen ein Verbot, doch wenig später erklärte das Oberste Verwaltungsgericht die Verordnung für ungültig. Geändert werden musste zunächst das Umweltgesetz auf Staatsebene. Die Abgeordneten in Warschau mussten überzeugt werden und der Umweltminister. Das dauerte.
In der Zwischenzeit bot die Stadt Krakau ihren Bürgern bereits den Austausch der alten Öfen auf freiwilliger Basis an: im ersten Jahr würde die Stadt die Kosten zu 100 Prozent übernehmen, im zweiten zu 80 Prozent, im dritten zu 60 Prozent. Ärmere Krakauer könnten in Zukunft auch einen Heizzuschuss zu ihrer neuen Gasheizung bekommen.
„Inzwischen sind alle rechtlichen Hürden genommen. Im nächsten Jahr wird das Verbot rechtskräftig“, ist Kozlowska erleichtert. Die meisten Krakauer hätten ihre Öfen bereits auf Gas umgestellt.“ Die junge Frau deutet auf eine Broschüre mit Smog-Fotos aus ganz Polen. „Inzwischen haben sich in 9 von insgesamt 16 Woiwodschaften Smog-Alarm-Vereine nach unserem Vorbild gegründet.“
Kozlowska dreht die Broschüre um und deutet auf eine Europakarte mit einem dunkelroten Polen in der Mitte: „Da sollte doch eigentlich bei allen Politikern eine rote Warnlampe aufleuchten: 36 der 50 meistbelasteten Städte Europas liegen in Polen. „Von jedem Verein wird zumindest einer von uns nach Kattowitz zum Klimagipfel fahren. Dort wollen wir besprechen, wie wir die Autoabgase reduzieren können. Das ist unser nächstes Ziel.“
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