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Krah sagt im Spionageprozess ausEin Passwort für alles

Im Spionageprozess äußert sich AfD-Politiker Maximilian Krah freigiebig zu den Vorwürfen gegen seinen früheren Mitarbeiter. Über Geld redet er nicht so gerne.

Maximilian Krah, Bundestagsabgeordneter der AfD, vor Verhandlungbeginn im Prozess um mutmaßliche Spionage für China, am 3.9.2025 Foto: Robert Michael/dpa

Dresden taz | Als das Gericht ihn aus dem Zeugenstand entlässt, entschwindet Maximilian Krah (AfD) mit zügigen Schritten – erst aus dem Saal und dann aus dem Gebäude. Für gewöhnlich steht er gerne vor der Kamera. Aber am Mittwoch beim Spionageprozess vorm Oberlandesgericht in Dresden ist das anders: Er ist schnurstracks weg.

Angeklagt ist Jian G., der mutmaßlich seit 2002 für einen chinesischen Geheimdienst spioniert hat. Zwischen 2019 und 2024 war er Parlamentsmitarbeiter beim damaligen AfD-Europaabgeordneten Krah. Als solcher hat G. laut Bundesanwaltschaft teils sensible Informationen über die EU und Deutschland an China weitergegeben. Mehr als 500 Dokumente habe er gesammelt, steht in der Anklageschrift. Über seinen Anwalt lässt G. das bestreiten. Er selbst hat sich im Prozess nicht geäußert.

Noch am Tag seiner Festnahme gelangte G. ins System

Maximilian Krah macht hingegen seine Aussagen. Nur bei einem Punkt beruft er sich auf seinem Zeugnisverweigerungsrecht. Als der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats mit mehreren Nachfragen wissen will, ob G. über den Account von Krah auf Dokumente im Parlament zugreifen konnte, berichtet dieser nach und nach, alle Mitarbeiter seines Büros hätten das Passwort gekannt. Es habe nur eins gegeben für die Mails, den Kalender und die Zugriffsrechte.

Wenn ein Mitarbeiter für seine Aufgabe Dokumente brauchte, habe er sie sich einfach besorgt. Krah selbst habe sich mit solchen Aufgaben nicht beschäftigen wollen, um sich ganz „der reinen Politik“ zu widmen. Noch am Tag seiner Festnahme im April 2024 konnte G. damit ins interne System des Parlaments. Laut Gericht erlaubt das Europäische Parlament nicht, dass die Passwörter weitergegeben werden. Krah sagt, das wisse er nicht.

Krah ist mittlerweile nicht mehr Europaabgeordneter. Nachdem er es sich im Europäischen Parlament mit allen verscherzt hatte, gelangte er über ein Direktmandat in Chemnitz in den Bundestag.

Krahs Experte für internationalen Handel

Im Gerichtssaal interessiert die Bundesanwaltschaft auch noch, warum der AfD-Politiker G. darum gebeten hatte, für ihn zu arbeiten. Krah berichtet, dass er in den Ausschuss für internationalen Handel gewollt habe. Jian G. habe ihn dabei mit Expertise für die Facharbeit unterstützen sollen. Zum einen sei G. als Unternehmer erfahren, was Import- und Exporthandel angehe, zum anderen kenne er die chinesische Kultur und Sprache. G. ist in der Volksrepublik aufgewachsen, hat aber inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft.

Zu den Dokumenten, die die Ermittlungsbehörden bei G. gefunden haben, gehören auch mehrere Gesprächsprotokolle. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass es um Gespräche mit Krah geht. Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete Ende Juli, G. habe diese Dossiers auf Chinesisch angefertigt. Denen zufolge ließ sich Krah über Parteiinternes aus – selbst über intime Lebensdetails der AfD-Vorsitzenden. Vor Gericht sagte Krah, er könne sich nicht daran erinnern, was er mit G. besprochen habe. Aber an Klatsch beteilige er sich nicht.

Dann möchte die Bundesanwaltschaft wissen, ob Krah Geld vom Angeklagten erhalten hat. Das ist der Moment, in dem Krah seine Angabe verweigert. Seit Mai ist bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden auch gegen ihn ermittelt und beim Bundestag beantragt hat, seine Immunität aufzuheben. Es geht um Bestechlichkeit als Mandatsträger im Europäischen Parlament und Geldwäsche. Der Richter lässt es zu Protokoll geben. Krah lächelt, bittet um Verständnis. Es wirkt, als sei ihm das ziemlich unangenehm.

Da Krah nach dem Gerichtstermin so schnell verschwand, schickte ihm die taz eine schriftliche Anfrage hinterher. Darauf reagierte Krah zwar, ließ die Fragen aber unbeantwortet. Um der gerichtlichen Aufklärung nicht vorzugreifen, wolle er keine weitere Stellungnahme abgeben. Er sei an einer umfassenden Aufklärung interessiert. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, zu denen er als Zeuge keine Aussage machen wollte, „entbehren jeder Grundlage und sind rein politisch motiviert“.

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