Krach beim PEN Berlin: „Selbstherrliche Verachtung“
Beim PEN Berlin ist ein offener Streit um die Sprecherin Eva Menasse ausgebrochen. Im Hintergrund geht es um die Haltung zu Israel.
Ziemlich zeitgleich mit dem Statement, mit dem Sharon Dodua Otoo am Mittwoch auf die Aussetzung des Peter-Weiss-Preises reagierte, bekamen die Literaturredaktionen eine Mail vom PEN Berlin. In dem Statement distanzierte sich Otoo souverän von der Gruppierung Artists for Palestine, die sie unterstützt hatte.
Zum Hamas-Terror schrieb sie: „Nichts kann diese Gewalt rechtfertigen.“ Das Statement war beeindruckend. Im Dezember, so heißt es, will in Bochum die Jury des Peter-Weiss-Preises über Otoos Vorschlag entscheiden, den Preis einmal auszusetzen und das Preisgeld einer gemeinnützigen Organisation zukommen zu lassen.
Die Mail vom PEN Berlin war dagegen schwierig. Eva Menasse, die Sprecherin, meinte die deutschen kulturellen Institutionen an ihre „Sorgfaltspflicht gegenüber anerkannten Künstler:innen“ erinnern zu müssen und wandte sich gegen „Gesinnungsschnüffelei auf Unterschriftenlisten“.
Dass Otoo diese Form der Unterstützung gar nicht brauchte, weil sie selbst viel klarer und gegenüber den Opfern des 7. Oktober einfühlsamer reagierte, konnte Eva Menasse vielleicht noch gar nicht wissen; offenbar kannte sie Otoos Statement noch nicht. Doch das ist es nicht nur. Vielmehr ist die Mail kurz davor, nahezulegen, dass durch die kulturellen Institutionen dieses Landes derzeit zensurwütige Mobs toben, denen Einhalt geboten werden muss.
Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr ist vielerorts eine Unsicherheit darüber mit Händen zu greifen, wie mit der aktuellen Situation umgegangen werden soll – und diese Unsicherheit ist auch nur zu verständlich.
Raum für Dissens
Gleichzeitig ist unter den Mitgliedern des PEN Berlin um Eva Menasse offener Streit ausgebrochen. Der ehemalige Verleger Ernst Piper ist ausgetreten, mit Facebook-öffentlichem Verweis auf Menasses „selbstherrliche Verachtung“ Israels.
Aus den vielen Kommentaren zu diesem Post gewinnt man den Eindruck, dass im PEN Berlin der interne Raum, Dissense gut auszutragen, nicht immer gegeben ist. Soll man der Sprecherin raten, auch bei sich selbst etwas mehr Unsicherheit zuzulassen?
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