Kosten der Vorratsdatenspeicherung: Bürger zahlen eigene Überwachung
Kunden zahlen die anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten selbst. Die Kosten werden auch aus Steuermitteln gedeckt.
Die deutschen Telefon- und Internet-Unternehmen sollen künftig die Verbindungsdaten aller Kunden anlasslos zehn Wochen lang speichern. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, über den der Bundestag in diesem Herbst abstimmen wird. Für die „ersten Investitionskosten“ in die Technik müssen die betroffenen Unternehmen nach Angaben der Bundesregierung rund 260 Mio. Euro aufwenden. Die Regierung bezieht sich dabei auf eine „grobe Schätzung“ der Bundesnetzagentur. Der deutsche Normenkontrollrat schätzt die Kosten mit 600 Mio. Euro sogar mehr als doppelt so hoch ein.
Betroffen von dem Gesetz sind nach Angaben der Bundesregierung rund 1.000 Unternehmen. Die meisten von ihnen sind so klein, dass die Investitionskosten für sie als „unbillige Härte“ gelten und entschädigt werden. Bei größeren Providern wie der Deutschen Telekom geht die Regierung davon aus, „dass diese die Kosten in ihre Preisgestaltung einkalkulieren und an ihre Kunden weitergeben“.
In ihrem Gesetzentwurf hatte die Bundesregierung noch angegeben, dass es für die Bürger „keinen“ Erfüllungsaufwand gebe. Daran hält die Regierung auch fest. „Normadressaten“ seien schließlich nur die Unternehmen. Der Linken-Abgeordnete Jan Korte kritisiert jedoch: „Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen entweder über ihre Steuern oder über die Telekommunikationsgebühren für die Vorratsdatenspeicherung und ihre eigene Überwachung bezahlen - Kunden der großen Unternehmen also gleich doppelt.“
Telefonseelsorge ist eine Ausnahme
Dass die endgültigen Kosten noch unklar sind, hängt auch daran, dass die konkreten Anforderungen zum Schutz der zwangsgespeicherten Daten erst noch von der Bundesnetzagentur festgelegt werden müssen. Korte findet auch das bezeichnend. „Wer im Gesetzgebungsverfahren noch keine substantiierte Idee hat, wie die Ausgestaltung aussehen könnte, sollte lieber die Finger davon lassen.“
Auf die Speicherung der Daten wird laut Gesetzentwurf nur bei sozialen und kirchlichen Stellen verzichtet, die anonyme Beratungen anbieten - etwa bei der Telefonseelssorge. In der entsprechenden Liste der Bundesnetzagentur sind bisher 5.200 Anschlüsse eingetragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Umwälzungen in Syrien
Aufstieg und Fall der Familie Assad