Korruptionsurteil in Südkorea: Nächster Ex-Präsident im Knast
Südkoreas Ex-Präsident Lee Myung-bak wurde wegen Korruption zu 15 Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis trifft er seine einstige Nachfolgerin.
Lee reiht sich damit in eine ganze Reihe an konservativen Spitzenpolitikern ein, die seit Amtsantritt des linksgerichteten Präsident Moon Jae-in mit Gefängnisstrafen belegt wurden. Seine Nachfolgerin Park Geun-hye muss derzeit gar über 30 Jahre Haft absitzen – ebenfalls wegen Korruption.
Die konservativen Parteien sprechen bei der Verhaftungswelle aus ihrer Fraktion wiederholt von politisch motivierten Verfahren der linken Regierungspartei. Auch gegen den früheren Präsidenten Lee Myung-bak wurden die Ermittlungen erst gründlich aufgenommen, nachdem Moon Jae-in an die Macht kam.
Handelt es sich also um politische Racheakte? „Ich habe erstmal grundsätzliches Vertrauen in den Rechtsstaat Koreas“, sagt Sven Schwersensky, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung Seoul. Laut dem Ostasienexperten deute vieles daraufhin, dass die Staatsanwaltschaft während der erzkonservativen Regierungen blockiert würde. Erst jetzt könne sie ihre Arbeit frei ausüben.
Direktes Ticket ins Gefängnis
Im südkoreanischen Volksmund wird oft gescherzt, dass die Wahl zum Präsidenten ein direktes Ticket ins Gefängnis ist. Tatsächlich wurden seit den ersten demokratischen Wahlen des Landes im Jahr 1988 insgesamt vier Staatschefs zu Gefängnisstrafen verurteilt. Fast immer ging es dabei um Korruption.
Laut Transparency International rangiert Südkorea beim Korruptionsindex auf einem schwachen 51. Platz, noch hinter Malta, Spanien oder Ruanda. Das hat auch mit der Mentalität aus der Vergangenheit zu tun. “Noch in den 60er Jahren, als Südkorea bitterarm war, gehörte es selbst für Regierungsbeamte zur Notwendigkeit, Bestechungsgelder von Firmen zu fordern. Ihr Gehalt war viel zu gering, um über die Runden zu kommen“, sagt Buchautor Michael Breen, der seit den frühen 80er Jahren bereits in Südkorea lebt.
Zu diesem alten System gehört auch die enge Verflochtenheit zwischen den großen Konglomeraten und der jeweiligen Regierung, bei der oft eine Hand die andere wäscht. Es ist kein Zufall, dass sowohl beim Fall Park Geun-hye als auch beim Fall Lee Myung-bak das größte Unternehmen des Landes, Samsung, Bestechungsgelder in Millionenhöhe gezahlt hat.
Südkoreas aktueller Präsident Moon Jae-in wurde vor allem für sein Versprechen ins Amt gewählt, das korrupte System zwischen Wirtschaft und Politik endgültig zu reformieren. Deutliche Resultate ist er jedoch seinen Wählern bislang schuldig geblieben.
Samsungs de-facto-Chef Lee Jae-yong saß gar Ende September hochoffiziell in Moon Jae-ins Präsidentenmaschine nach Pjöngjang. Beim innerkoreanischen Gipfeltreffen war er Teil der Regierungsdelegation, um im Falle einer weiteren Annäherung mit Nordkorea Wirtschaftsprojekte anzukurbeln. Dabei befindet sich der bekannteste Manager des Landes noch immer auf Bewährung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag