Korruption in Guatemala: Arévalo kämpft mit der Justiz
In Guatemala wird die Partei des designierten Präsidenten Arévalo vorerst nicht suspendiert. Doch der spricht weiter von einem „juristischen Staatsstreich“.
Das ist die positive Nachricht und dazu passt die Begründung von Gerardo Ramírez, dem Sprecher des Obersten Wahlgerichts (TSE): „Es ist nicht vernünftig oder klug, den Status politischer Organisationen anzufechten […], bevor das Wahlverfahren vorbei ist.“
Die negative Nachricht ist jedoch, dass die Suspendierung von Semilla nur vorübergehend aufgehoben ist. „Bis zum 31. Oktober und der Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses. Am 1. November ist Semilla dann wieder suspendiert. Das ist ein machtpolitisches Pingpongspiel zwischen den Behörden“, so der deutsche Jurist Michael Mörth, der seit Mitte der 1990er Jahre in Guatemala-Stadt lebt.
Er hat sich sehr amüsiert über das Video, das derzeit in Guatemala in den sozialen Netzen ein Hit ist und zeigt, wie bei einer Sitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Uruguays Vertreter den guatemaltekischen Kollegen düpierte. Die OAS hatte da bereits eine überaus deutliche Erklärung formuliert, die eine Praxis der Einschüchterung und Instrumentalisierung der Justiz in Guatemala verurteilt. Darauf hatte Uruguays Vertreter verwiesen, worauf der guatemaltekische Außenminister Mario Búcaro mehr Respekt vom Kollegen einforderte. Der verwies daraufhin auf die Tatsache, dass er diese Erklärung doch ebenfalls unterzeichnet habe. Eine Randnotiz, die in Guatemala für Belustigung sorgt, die allerdings nichts an den Verhältnissen im Land ändert.
Ein Instrument gegen Korruption
Die weiterhin drohende Suspendierung der Partei des Präsidenten würde seine parlamentarische Basis schwächen. De facto dürften die 21 gewählten Abgeordneten keine Fraktion bilden und auch nicht an den wichtigen Kommissionen und Ausschüssen innerhalb des 160 Abgeordnete zählenden Parlaments teilnehmen, so die Direktorin der Menschenrechtsorganisation Udefegua, Claudia Samayoa.
Für den designierten Präsidenten Bernardo Arévalo ist das Vorgehen der Justiz illegal. Er sprach am Wochenende vor Journalisten von einem „juristischen Staatsstreich“, der im Gange sei. Mit der OAS hat die erste große internationale Organisation das Vorgehen der vom „Pakt der Korrupten“ kontrollierten Justiz in Guatemala deutlich verurteilt.
Was der ehemalige Ombudsmann für Menschenrechte, Jordán Rodas, begrüßt. „Von den USA und der Europäischen Union (EU) könnte jedoch mehr kommen. Mehr Druck beispielsweise auf Unternehmen, die die Korruption unterstützen, sie fördern und davon profitieren. Die EU könnte sich unter der derzeitigen spanischen Präsidentschaft zum Beispiel auf ein ähnliches Instrument wie die Lista Engel verständigen“, regt der Jurist an, der seit einem Jahr im Exil lebt und die Situation in Guatemala beobachtet.
Auf der „Lista Engel“ landen in den USA korrupte und die Demokratie gefährdende Politiker:innen und Unternehmer:innen und werden mit Einreise- und Geschäftsverbot sanktioniert. Ein Instrument, das seit drei Jahren im Einsatz und für die korrupten Eliten in Mittelamerika zumindest unbequem ist.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße