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Konzertempfehlungen für BerlinDer Herbst wird schön – zumindest musikalisch

Das Avantgarde-Pop-Label RÖ13 lädt zur großen „Rövolution“-Revue. Dabei gibt es ebenso dystopischen Rap und sanften Gesang nebst zarter Gitarre.

Im Schokoladen spielt am Mittwoch Bella Wakame Foto: Andreas Staebler

N un ist es wirklich Herbst: Zeit, herunterzufahren. Wem improvisierte Musik eine Form der Meditation ist, wird sicher bei The Necks glücklich – man könnte das Konzert fast als Gegenentwurf zum zeitgleich stattfindenden Jazzfest bezeichnen, mit seinem dichten Programm und Gewusel. Die Musiker aus Australien, die teils in Berlin leben, verstehen sich auf extralange Stücke, die sich extralangsam entwickeln – milde angestupst vom Schlagzeugspiel von Tony Buck. Zwingend und dynamisch ist ihr hypnotischer Improv-Jazz jedoch allemal. (Heimathafen Neukölln, 31.10., 20 Uhr)

Chemnitz ist als Europäische Kulturhauptstadt mittlerweile auf der Zielgeraden. Die coolste Chemnitz-Sause, zumindest dieses Wochenende, findet allerdings in Berlin-Lichtenberg statt. Das Avantgarde-Pop-Label RÖ13 lädt zur großen „Rövolution“-Revue. Vorgestellt wird der gleichnamige Sampler aus dem musikalischen Underground der Stadt.

Dabei lässt man sich nicht lumpen, was Vielfalt und Abwechslung betrifft: dystopischer Rap (vom „Augenringemann“) kommt ebenso auf die Bühne wie sanfter Gesang nebst zarter Gitarre (von „Der Anfang“). Gleich zehn Acts aus dem Umfeld des Duos Baumarkt treten auf. Baumarkt ließen Synthie-Punk auf kühne Improvisation treffen, bis sie sich Anfang des Jahres auflösten – just nach ihrem Auftritt zur Eröffnung des Kulturhauptstadt-Jahres. Als Jens Ausderwäsche (aka Jenny Kretzschmar) und Florian Illing machen sie jedoch weiter Musik, auch am Freitagabend. (B.L.O. Ateliers, 31. 10., 20 Uhr)

Wer sich am Sonntag das Herz wärmen lassen will, dem sei die Kinovorführung von „Songs of Joy“ an selbiges gelegt. Bei der wird Regisseur Jan Becker aus dem Nähkästchen plaudern, über seine Mitarbeit an dem Projekt, das die Hamburger Musiker Carsten „Erobique“ Meyer und Jacques Palminger 2006 am hiesigen Maxim Gorki Theater ins Leben riefen. Die Idee: Texte und Gedichte zu vertonen, die die Berliner Bevölkerung eingesendet hatte.

Über 15 Jahre später machten sie sich an eine Fortsetzung: in Kooperation mit dem Hamburger Schauspielhaus und mit Fokus auf den teils recht prekären Stadtteil Veddel. Musik wird gesellschaftlicher Resonanzraum und Teilhabe für jene, deren Stimme oft übergangen wird. Was pathetisch klingt, bringt Becker so empathisch wie humorvoll auf die Leinwand. Für veritablen Groove sorgen Erobique und Palminger. (Babylon Mitte, 2. 11., 20 Uhr)

Am Mittwoch gibt es den wunderbar luftig aufspielenden Schlagzeuger Andi Haberl – man kennt ihn als Teil der Tour-Band von Notwist – gleich in zwei Zusammenhängen: zum einen mit seinem atmosphärischen, sanft-melancholischen Soloprojekt SUN, das heute zum Duo wird. Und dann noch mit Florian Zimmer (Saroos, Driftmaschine), mit dem er als Bella Wakame ein wunderbar verspultes Album herausgebracht hat. Wird sicher toll und klanglich bunt. (Schokoladen, 5. 11., 20 Uhr)

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