Konzertempfehlungen für Berlin: Mysteriöse Musik mit Kind
Michael Vorfeld lässt elektrische Spannung tönen, „The Wats“ verbindet Soundexperiment mit Musiktheater, beim Kiezsalon geht es etwas klassischer zu.

S o gut wie alles, was einem im Alltag begegnet, kann Musik werden – wenn man es nur als solche versteht. Sogar Licht, zumindest das vom Menschen erzeugte. Darauf, aus Glühlampen Töne zu holen, mit Hilfe der elektrischen Spannung, die fließt, hat sich der Medienkünstler und Musiker Michael Vorfeld spezialisiert – auf wirklich erstaunlich tönende, elektroakustische Weise, die auch visuell etwas hermacht. Am Donnerstag stellt er im West Germany sein Album „Glühlampenmusik“ vor, erschienen bei Karlrecords. Ebenfalls dabei: das Duo Periode (2.10., 21 Uhr, AK 10 Euro Eintritt).
Ebenfalls am Donnerstag feiert ein interdisziplinäres Musiktheater der Berliner Komponistin und Musikerin Stepha Schweiger Premiere im Ballhaus Ost Premiere: es folgen Vorstellungen an den kommenden Tagen. Das Stück namens „The Wats“, welches Neue Musik mit Musiktheater, Videoelementen, Tanz und Elektronik zusammenbringt, ist angelehnt an die Geschichte „The Woman at the Store“.
Geschrieben wurde die von der jung verstorbenen neuseeländischen Schriftstellerin Katherine Mansfield. In dem treffen drei Reisende auf eine mysteriöse Frau mit Kind, es entspinnt sich eine eindrückliche Geschichte um Gewalt, Isolation und Emanzipation (2.-4.10., 20 Uhr + 5.10. 18 Uhr, Tickets kosten im VVK 16,60, erm. 11 Euro).
Am Freitag kehrt der mittlerweile nomadische Kiezsalon wieder an seine traditionelle Heimstatt zurück, in die Musikbrauerei – und bringt ein nicht allzu heimeliges Programm mit. Unter anderem wird die Soundkünstlerin Victoria Shen aka Evicshen aus San Francisco Noise-Kollagen aus allerhand Selbstgebautem generieren. Die Autorin dieser Kolumne durfte schon erleben, wie Shen bei einem Festivalauftritt den Saal im Nu leer leerspielte. Die, die blieben, erlebten ihre chaotischen und doch soghaften Sounds jedoch als große Kunst.
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Etwas anschlussfähiger dürften die anderen Acts des Abends sein: Der Engländer James Blackshaw etwa, der auf seiner 12-seitigen Gitarre klassische mit östlichen und minimalistischen Einflüssen verbindet.
Die Libanesin Mayssa Jallad spielte schon in der Indie-Pop Band Safar, im Kiezsalon ist sie aber solo zu Gast – im Gepäck hat sie vermutlich ihr Solodebüt „Marjaa: The Battle of the Hotels“ von 2023, der aus dem libanesischen Bürgerkrieg aus Perspektive eines namenlosen Mann erzählt (3.10., 20 Uhr, Tickets kosten im VVK 10,65 Euro).
Am darauffolgenden Freitag stellt die Kreuzberger Jodel-Queen, Autoharp-Spielerin und Komponistin Doreen Kutzke aka Kutzkelina das mit ihrem Ribo Chor aufgenommene Album „My Favourite Spells“ vor – in der erfreulicherweise (zumindest vorübergehend) wieder für Veranstaltung nutzbaren wunderbaren B.L.O. Kantine.
Nachdem das letzte Programm den schön Titel „Jammern auf hohem Niveau“ trug und sich verschiedensten Klageliedern widmetet, handlen die Stücke diesmal um weiblichen Figuren aus der Mythologie. Die hätten teils wohl durchaus Grund zum Jammern gehabt, hatten aber Spannenderes am Start.
Getragen wird der Chor von minimalistischen elektronischen Arrangements und dem eigenwilligen Sound der Autoharp. Der Support kommt vom fulminanten Seth Faergolzia aus New York (10.10., 20.30, Tickets gibt es im Vorverkauf für 14,15-19 Euro).
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