Konzertempfehlungen für Berlin: Munterer Eklektizismus
Xjazz! läutet den Frühling ein, im Ohm wird es experimentell, die taz Kantine lädt wieder zur Konzertsause, und Kara Delik feiern ihr erstes Album.
X jazz again! Traditionell ein Bote des Frühsommers, konnte man bei diesem Festival doch oft entspannt von Location zu Location trödeln und sich an der lauen Nacht erfreuen. Diesmal muss man nicht so viel unterwegs sein, denn das Festival findet in reduzierter Form statt. Schließlich wurde auch hier Förderung gestrichen, man musste sich neu aufstellen und formuliert es positiv: Man wolle einen „Kontrast zum hektischen Alltag zu schaffen“ und den „Fokus auf intimen, tiefgründigen Konzerten legen“.
So oder so, Schmankerl sind zweifellos wieder dabei. Etwa am Freitag im Rahmen des BERLIN FOCUS: neben dem Exil-Ungarn Àbáse, der in der neben seinem eigenen Musikschaffen in der Stadt schon so einige Strippen gezogen hat, ließen sich Ex Generation: The Napoli Exchange von Trips ans Mittelmeer zu einem flirrenden Klangerlebnis zwischen Jazz und Disco inspirieren. Yeah, About That bringen dagegen Hiphop und Jazz zusammen.
Außerdem Teil des Pakets, das man mit dem Tagesticket erleben kann: Brown Penny und D.$AHIN und das Refuge Worldwide Takeover im Oelgarten (16.5., ab 17 Uhr, diverse Spielorte, Tickets im VVK 31,42 Euro). Für Samstag sind die Tagestickets ausverkauft; Sonntag geht noch was – ein Blick ins Programm lohnt.
Wem nach so viel Groove der Sinn nach Experimentellem und einer Prise Dissonanz steht, der kann im Anschluss weiterziehen in den schönen Ohm Club. Dorthin lädt die Veranstaltungsreihe Kookoo und verspricht spannungsreichen Auftritte: etwa der eindrucksvollen Butoh-Tänzerin Yuko Kaseki und dem Komponisten und Klangforscher Kriton Beyr. Letzterer spielt das Daxophon – kein Tippfehler, sondern ein oft selbstgebautes Instrument aus der Experimental-Musik. Außerdem tritt die Klangkünstlerin und DJ Anna Butter auf und es gibt DJ Sets der Gastgeber Mieko Suzuki and Ara (ab 22 Uhr, 13-15 Euro, weitere Infos gibt es hier).
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Und nun noch Werbung in eigener Sache. In der taz Kantine gibt es, ebenfalls am Freitag, eine Fortsetzung der munteren Konzertsause, dank der man vergangenen November, wenige Tage nach Trumps Wiederwahl, ein bisschen in guter Gesellschaft Wunden lecken konnte.
Wieder dabei, Friedrich Greiling aka Mittekill, der Gäste dabei haben wird. Zudem der immer wieder sehenswerte Knarf Rellöm, Meister der produktiven Verwirrung – übrigens mitsamt Arkestra. Außerdem im Boot: das überaus charmante Lo-Fi-Indie-Pop Trio Cremant Ding Dong und das DJ-Performance Duo Sophunky & Annekraut Stengel, das Electroclash mit munterer Plapperei zusammenbringt. Die Single „Anything on ice“ gibt einen Vorgeschmack. Kurzum: Eine Art komprimiertes Mini-Festival – viel Abwechslung in kürzester Zeit! (16.5., 20 Uhr, Tickets im VVK 18-11 Euro).
Am Dienstag laden fast vergessene, wohlgeschätzte Bekannte ins Quasimodo: die Mekons. Vor fast 50 Jahren fand die Band, die ursprünglich aus Leeds kam, mittlerweile aber überwiegend in den USA lebt, im Umfeld von Gang of Four im Geiste des Punk zusammen. Im Laufe der Jahrzehnte kam musikalisch einiges dazu: Elektronik, Dub, aber auch Country und Folk, den sie eigenwillig interpretierten. Mittlerweile eilt ihnen der Ruf voraus, eine großartige Liveband zu sein.
Sie engagieren sich auch politisch, etwa gegen die Todesstrafe. So veröffentlicht Gitarrist Jon Langford, der zudem als Bildender Künstler arbeitet, unter anderem die Compilation-Reihe „The Executioners Last Song“. Der früh verstorbene Musikkritiker Lester Bangs bezeichnetet die Mekons in ihrer Frühphase als „most revolutionary group in the history of rock 'n’ roll“. Na denn. Gerade erschien ihr neues Album „Horror“ (20.5., 22.30 Uhr, Tickets kosten im VVK: 32,95 Euro).
Am Donnerstag stellt das Berliner Trio Kara Delik sein erstes Album vor, nach tollen Single-Veröffentlichungen, die mit munterem Eklektizismus im orientalischen Soundgewand experimentierten. Das Trio, bestehend aus Barış Öner (Istanbul Ghetto Club) an der Saz, Bassist und Synthie-Mann Andi Sommer (Henry Fonda, Yacht Communismon) und der Schlagzeugerin Eilis Frawley (die unter anderem mit Anika und Laura Lee & The Jettes tourte und unlängst auch ein schönes Soloalbum veröffentlicht hat) ist live ein großer Spaß, zu erleben im Gretchen (22.5., 20.30 Uhr).
Und noch ein neues Album, das gefeiert werden will. Tara Nome Doyle, Kreuzbergin mit irisch-norwegischen Wurzeln mit einem großen Faible für doppelbödigen Folk-Pop, stellt am Samstag in der Kantine Berghain ihr Album „Ekko“ vor. Das kommt weniger konzeptlastig als die beiden Vorgänger daher, auch wenn natürlich Fragen offen sind: etwa, welche Verbindung zwischen Auswüchsen der Digitalisierung und altgriechischen Mythen bestehen.
Klanglich kommen die neuen Songs schön reduziert daher: Doyles Stimme, Klavier, Gitarre, ab und an Streicher, und ein bisschen ein analoger Synthesizer oder Mellotron (eine Art analoger Sampler) (24.5., 20 Uhr, Tickets im VVK 24,50 Euro).
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