Konzertempfehlungen für Berlin: Musik gegen Musik
Die DDR-Avantgarde-Band Expander des Fortschritts kommt ins Urban Spree, Ja, Panik liefert Musik für Erwachsene, Laura Cahen macht besten French Pop.
D as Treiben der Punkszene in der DDR ist dank umtriebiger Zeitzeugen recht gut dokumentiert. Dass es zudem eine nicht weniger subkulturelle Avantgarde-Szene gab – nicht deckungsgleich, aber durchaus mit Überlappungen zu den Punks – gerät bisweilen in Vergessenheit.
Zu den zentralen Akteuren gehörte etwa die Band mit dem schönen Namen Expander des Fortschritts. Anlässlich des Release ihrer Box mit dem Titel „Kluge Köpfe rollen gut“ treten sie im Urban Spree auf, zusammen mit Planlos, die in der Punkszene Ost-Berlins legendär waren – auch wenn sie seinerzeit keine Tonträger veröffentlichen und nur illegale Shows spielten.
Der Tonträger wird jetzt nachgereicht – mit 40 Jahren Verspätung; Originalaufnahmen sind darauf ebenfalls zu finden wie nochmal eingespielte Stücke. Zu erleben gibt es die Doppel-Release-Show am Freitag im Urban Spree (7.3., 20 Uhr, Tickets im VVK 15 Euro).
Als es zwischenzeitlich so aussah, als bekomme Österreich eine offen rechtsextreme Regierung, nahm sich die Band Ja, Panik (teils in Berlin, teils in Österreich zu Hause – Sänger Andreas Spechtl gar in Argentinien, wo man ja auch in allerhand politische Abgründe blickt) vor, jede Woche einen (nicht zwingend im engeren Sinne politischen) Song gegen Faschismus zu veröffentlichen.
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Die Reihe heißt Fiesta Antifa. Nun ist die Kuh in Österreich vorläufig vom Eis. Doch vielerorts geht die Shitshow weiter. Es gibt also viele Gründe, sich zum Durchhalten und Gegenhalten motivieren zu lassen, auch von Songs. Im Februar sind von Ja, Panik zudem mit „Musik gegen Musik“ fünf neue Stücke erschienen, auf Studios für Erwachsenenbildung, dem bandeigenen neugegründeten Label. Zu erlauschen am Mittwoch in der Neuen Zukunft (12.3., 20 Uhr, Tickets kosten im VVK 27,50 Euro).
Musikinstrumente und der Raum, den sie mit Klang füllen: Dass das Schlagzeug da tief hineinrakt, liegt wohl in seiner raumgreifenden Natur begründet. Schließlich strukturiert es seine klangliche Umgebung einer Taktung. Dass man sich Räumen, gerade im urbanen Kontext, jedoch auch ganz ergebnisoffen, zögerlich und subtil nähern kann, zeigt Eli Keszler ein Grammy-nominierter Künstler, Komponist und Schlagzeuger aus New York.
Seine verästelten, klanglichen Texturen sind inspiriert vom urbanen Niedergang, von leeren Städten und Trümmern. Zusammen mit der Trompeterin Carina Khorkhordina, die ihr Instrument ebenfalls ganz anders klingen lässt, als man es gemeinhin kennt und ihre Performances oft ortsspezifisch in Szene setzt, tritt er, ebenfalls am Mittwoch im Silent Green auf (12.3., 20 Uhr,Tickets im VVK 21,31 Euro).
Am Samstag darf man mal dem French Pop huldigen. In ihrer Heimat ist Singer-Songwriterin Laura Cahen eine zentrale Figur der Indie-Szene; ihre bei aller Melancholie doch optimistische Musik oszilliert zwischen Chanson und Pop. Ihr aktuelles drittes Album hat sie im englischen Margate aufgenommen – im Studio des umtriebigen, für alle weirden Klangspielereien offenen Produzenten Mike Lindsay.
Dessen Equiment sorgte für einen retro-futuristischen warmen Touch, auch wenn die Themen von Cahens Album „De l’Autre Côté“ – queere Identität, ökologische Krise – durchaus zeitgeistig sind. Zu erleben im Gretchen (15.3., 20.30 Uhr, 24,70 Euro im VVK). Besagter Mike Lindsay ist übrigens kommende Woche, nämlich am 9.3., ebenfalls in der Stadt, genauer gesagt im Silent Green – und zwar mit seiner Folktronica-Band Tunng. Das Konzert ist aber leider ausverkauft.
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