Konzertempfehlungen für Berlin: Tradition trifft Loop
Das Sonic Pluriverse Festival lädt ins HKW, Cucina Povera kommt mit soghaften Tracks. Und ein Sammelband erzählt vom Magnetbanduntergrund in der DDR.
D ie Songwriterin, Produzentin und Bildende Künstlerin Fee Ronja Kürten, einstmals Tellavision, hat sich ganz sendungsbewusst in TEll A ViSiON umbenannt und bei der Gelegenheit ihren Sound frisch justiert: Hip und Trip Hop trifft auf Post-Punk.
Gerade ist ihr neues Album „TEll A ViSiON“ erschienen. Gefeiert wird das mit einer Release Party, bei der die ebenfalls tolle Musikerin Masha Qrella Tanzmusik auflegen wird. Support gibt es vom retro-futuristischen Elektroprojekt Telesonic 9000. Zu erleben am Freitag in der Kantine der B.L.O. Ateliers (7. 7., 20.30 Uhr, Tickets im VVK 13,20 Euro).
Wer sich lieber draußen rumtreiben will – schließlich sollen die Temperaturen zum Wochenende wieder steigen – dem sei die Terrasse des HKW ans Herz gelegt. Dort werden, ebenfalls am Freitag, im Rahmen des Sonic Pluriverse Festivals, unter anderem La Perla auftreten, ein Percussion-Vokal-Trio aus Bogotá. Die drei Frauen bringen eine traditionelle Instrumentierung mit Beatboxing und Rap zusammen.
Außerdem dabei: das ägyptische Ensemble Mazaher, welches sich auf vorchristliche und vorislamische Traditionen beruft, um den Zuhörer:innen Heilung oder zumindest kathartische Momente zu verschaffen. Man darf gespannt sein, ob’s klappt.
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Nach 22 Uhr geht es nach drinnen, im Restaurant Weltwirtschaft gibt es zwei DJ-Sets: von Rafael Pereira alias Makumba (eine Hälfte des peruanischen Electro-Psychedelik-Duos Dengue Dengue Dengue ) und dem kongolesischen Rapper ChrisMan (7. 7., 19 Uhr, Tickets für 18 Euro gibt es hier).
Samstag darf man dann dort ausgehen, wo Menschen sich gemeinhin in schicken Häusern verschanzen: im Grunewald. Der nomadische Kiezsalon ist im Brückemuseum zu Gast. Und wird sich nicht mal im Gebäude verschanzen, sondern den Garten bespielen.
Unter anderem gibt es Cucina Povera, die, anders als die namensgebende süditalienische Küche nicht auf günstige Zutaten und Resteverwertung setzt – wohl aber auf Improvisation. Und einen minimalistischen Ansatz verfolgt Maria Rossi, die Cucina Povera zu ihren Alias gemacht hat, außerdem. Nur aus geloopten Gesang und Field Recordings baut die aus der finnischen Region Karelien stammende Musikerin soghafte Tracks.
Außerdem zu Gast: die polnische Komponistin Martyna Bastam mit somnabulen Klangwelten und Laila Sakini, eine in Großbritannien arbeitende Autralierin (8. 7., 20 Uhr, Tickets im VVK für 10,65 Euro gibt es auf der Seite des Kiezsalons).
Am Sonntag kann man dann im Jugendwiderstandsmuseum in der Friedrichshainer Galiläakirche vorbeischauen, zur Vorstellung des Sammelbands „Magnetizdat DDR: Magnetbanduntergrund Ost 1979-1990“, der im Verbrecher Verlag erscheint. Die Geschichte der DDR-Punkszene wurde ja vielfach, in Buch wie Film, beackert: bei den weiteren Verästelungen, etwa in Gestalt der musikalischen Avantgarde-Szene, die sich im letzten Jahrzehnt der DDR herausbildete, gibt es noch Aufklärungsbedarf.
Aus Konsumenten wurden seinerzeit mulitmedial arbeitende Untergrund-Produzenten, ermöglicht wurde das nicht zuletzt durch das Teilen von Magnetbändern. DDR-weit entstand eine „Kassettentäter“-Szene, die man in Anlehnung an das russische Wort Samizdat – was so viel bedeutet wie „Ich habe mich selbst herausgegeben“ – als Magnetizdat bezeichnen könnte und aus deren Schaffen auch Bands wie Tarwater oder To Rococo Rot hervorgingen.
Parallel zum Buch wird die Compilation „Magnetizdat DDR“ als Triple-LP bei Label Edition Iron Curtain Radio erscheinen. Auch bei der Buchpräsentation gibt es Musik: die vom Schauspieler Wolfgang Grossman initiierte Version der Band Zwitschermaschine (9. 7., 19 Uhr, weitere Infos gibt es beim Verbrecher Verlag)
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