Kontaktgruppe für Syrien: Zusammenarbeit mit dem Nationalrat
In Tunis formiert sich die neue internationale Kontaktgruppe für Syrien. Kofi Annan ist zum Sondergesandten der UN und Arabischen Liga für Syrien ernannt worden.
TUNIS dpa/afp/dapd/rtr | Die neue internationale Syrien-Kontaktgruppe stellt dem Oppositionsbündnis Syrischer Nationalrat (SNC) eine enge Zusammenarbeit in Aussicht. Der SNC sei "eine legitime Vertretung von Syrern, die einen friedlichen demokratischen Wandel suchen", heißt es in einer Erklärung, die beim ersten Treffen der Kontaktgruppe am Freitag in Tunis verabschiedet werden soll. Eine völkerrechtliche Anerkennung, auf die Teile der syrischen Opposition gehofft hatten, bedeutet dies jedoch nicht.
In der Abschlusserklärung wird das Regime von Machthaber Baschar al-Assad zu einem "sofortigen Ende aller Gewalt" aufgefordert. Internationale Organisationen müssten unverzüglich freien Zugang nach Homs und anderen belagerten Städten bekommen, um der Zivilbevölkerung helfen zu können.
In der "Gruppe der Freunde des syrischen Volkes", die am Nachmittag offiziell gegründet werden soll, sind mehr als 60 Staaten und internationale Organisationen vereint. Russland und China, die eine härtere Gangart gegen das Assad-Regime bislang verhindern, sind nicht dabei. Deutschland ist durch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vertreten. Ein militärisches Eingreifen steht nicht zur Debatte.
Annan fordert Ende der Gewalt
Die Vereinten Nationen und die Arabische Liga haben den früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan zu ihrem gemeinsamen Sondergesandten für Syrien ernannt. Das gaben UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, am Donnerstagabend in New York bekannt.
Annan forderte ein Ende der Gewalt in dem arabischen Land. Nach seiner Ernennung kündigte der frühere UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger zudem an, sich auch für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen in Syrien einsetzen zu wollen.
"Ich fühle mich geehrt, in der Syrien-Krise die Aufgabe des Sondergesandten annehmen zu dürfen", teilte der 73-jährige Annan mit. Der aus Ghana stammende Spitzendiplomat war von 1997 bis 2006 Generalsekretär der Vereinten Nationen. 2001 erhielt er den Friedensnobelpreis zusammen mit den UN. Damit würdigte das Nobel-Institut in Oslo Annans Engagement für Menschenrechte und seinen Einsatz zur Beilegung globaler Konflikte.
Französischer Botschafter zurück in Syrien
Nach mehr als zweiwöchiger Abwesenheit ist der französische Botschafter in Syrien, Eric Chevallier, am Donnerstagabend in die syrische Hauptstadt Damaskus zurückgekehrt. Ein Diplomat bestätigte die Rückkehr, wollte aber nicht sagen, ob der Schritt mit den französischen Opfern des Angriffs auf die Protesthochburg Homs vom Mittwoch zusammenhänge. Der französische Fotograf Rémi Ochlik war dort durch eine Granate tödlich getroffen worden, die die syrische Armee abgefeuert hatte. Mit ihm zusammen starb die US-Journalistin Marie Colvin.
Die Reporterin der französischen Zeitung "Le Figaro", Edith Bouvier, wurde bei dem Angriff an den Beinen verletzt. Sie bat am Donnerstag vom Krankenbett aus in einem Video um Hilfe. "Mein Bein ist am Oberschenkelhals längs und quer gebrochen. Ich muss so schnell wie möglich operiert werden", sagte sie in dem Clip. Ein Krankentransport müsse sie deshalb während einer Feuerpause in den Libanon bringen, da die Ärzte in Homs nicht operieren könnten.
In der belagerten Oppositionshochburg Homs in Syrien sind nach Angaben von Aktivisten am Freitag mindestens zwei Menschen getötet worden. Nach einer relativ ruhigen Nacht hätten die Regierungstruppen am frühen Morgen den Beschuss des Stadtteils Baba Amr wieder aufgenommen. Das Viertel gilt als Hochburg der Proteste gegen Präsident Baschar Assad.
Baba Amr wird seit drei Wochen belagert und befindet sich seitdem unter schwerem Beschuss. Hunderte Zivilpersonen sind nach Angaben von Aktivisten getötet worden. Unterdessen reisten Vertreter aus mehr als 70 Staaten zu einer Konferenz in Tunesien, um über Wege zur Lösung des Konflikts in Syrien zu beraten.
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