Kontaktdaten in der Gastronomie: Prost – und Daten her!
Gäste, die Falschangaben im Restaurant machen, und Wirte, die das nicht kontrollieren, sollen zur Kasse gebeten werden.
Wie soll ein Bußgeld – das in Schleswig-Holstein laut Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bis zu 1.000 Euro betragen soll – verhängt werden, wenn beim Eintrag eines falschen Namens und falscher Kontaktdaten eben gerade nicht klar ist, wer da geschummelt hat? Noch gibt es keine klaren Umsetzungsregeln in den Ländern. In Hamburg verlautet aus dem Rathaus, „die Meinungsbildung sei dazu noch nicht abgeschlossen“, frühestens kommenden Dienstag werde der Senat eine Rechtsverordnung beschließen, die die Umsetzung des Bußgeldbeschlusses regele.
Klar aber ist schon heute, dass die Bußgeldandrohung ohne eine stärkere Kontrolle der Gäste durch die Wirte ins Leere läuft. „Das ist jetzt eine gemeinsame Aufgabe der Gastronomie“, betont Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Unklar ist aber noch in allen Nord-Bundesländern, ob bei Verstößen gegen die Wahrheitspflicht der Gast oder der Wirt die Buße zahlen muss.
Zumindest aber sollen die Gastronomen eine Mitverantwortung dafür tragen, dass die Angaben richtig sind. Künftig solle sich das Gastronomie-Personal bei Zweifeln generell den Ausweis des Gastes zeigen lassen, heißt es in dem Bund-Länder-Beschluss. So könnten zumindest Namen und Adressen überprüft werden. Eine Verifizierung von Telefonnummern und E-Mail-Adressen ist dadurch allerdings nicht möglich. Wenn es hier ernsthafte Zweifel gebe, sollen die Gastronomen die Verdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.
In der Gastronomie trifft die Regelung auf Skepsis
In der Gastronomie trifft die Bußgeldregelung auf Skepsis: Schon der Aufwand, bei jedem Bier den Ausweis zu kontrollieren und mit den notierten Daten abzugleichen, ist praktisch nicht zu leisten“, sagt ein Hamburger Wirt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Ausgangspunkt für den Bußgeldbeschluss waren vor allem die Hamburger Erfahrungen mit der Schanzenkneipe „Katze“, deren Personal sich vor einigen Wochen mit Corona infiziert hatte. Etwa die Hälfte der daraufhin von den Gesundheitsämtern ausgewerteten Selbstauskünfte der Gäste enthielt Falschangaben. Manche waren offensichtlich, etwa Lucky Luke oder Darth Vader. Viele Listen aber erhielten Namen und Kontaktdaten, bei denen nicht zu erkennen war, dass sie statt der Realität nur der Fantasie des Ausfüllenden entsprachen.
Warum so viel geschummelt wird? Deniz Celik, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, machte dafür am Mittwoch in der Hamburger Bürgerschaft „das mangelnde Vertrauen in den Datenschutz“ mitverantwortlich. Viele Gäste würden die Angabe korrekter Personalien scheuen, seitdem bekannt sei, dass die Polizei die Angaben zur Aufklärung von Straftaten nutzt.
Immer wieder waren Fälle bekannt geworden, in denen die Polizei Einblick in die Listen nahm. Mal wurden mögliche Zeuginnen und Zeugen eines Verkehrsunfalls gesucht, mal die eines Körperverletzungsdelikts. So kassierte die Polizei Anfang Juli die Corona-Kontaktlisten eines asiatischen Restaurants in der Hamburger Neustadt ein und wertete sie aus, nachdem es vis à vis zu einer Messerstecherei gekommen war.
Die Polizei nutzt die Angaben zur Aufklärung von Straftaten
Zwar lässt die Strafprozessordnung das grundsätzlich zu, Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar aber fordert, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Der Rechtsstaat werde keinen Schaden nehmen, wenn nicht bei jedem Bagatelldelikt der Zugriff auf die Daten möglich sei, sagt er. Andernfalls werde die Akzeptanz der Coronalisten und die Ehrlichkeit der Angaben immer weiter untergraben.
Laut dem Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter, werde die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen in jedem Fall genau geprüft. Nur wenn es sich um schwere Straftaten handele, die nicht anders aufgeklärt werden könnten, greife die Polizei auf die Listen zurück.
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