piwik no script img

Konny Gellenbeck über ihre taz-Zeit„Oje, jetzt kommt Konny schon wieder …“

Konny Gellenbeck war jahrelang das Gesicht der taz Genossenschaft. Jetzt geht sie in den Ruhestand. Wie hat sie Menschen gewonnen, Millionen gesammelt?

„Alles wird gut“: Konny Gellenbeck im Büro der taz Genossenschaft Foto: Doro Zinn
Peter Unfried
Interview von Peter Unfried

An einem mittelgrauen Novembertag kommt Konny Gellenbeck in die taz Kantine zum Interview. Will sie eigentlich nicht, macht sie dann aber doch. Nachdem die beiden Geschäftsführer Kalle Ruch und Andreas Bull bereits im Ruhestand sind, bedeutet Gellenbecks Beendigung ihrer Leitungsfunktion Genossenschaft und Stiftung eine weitere personelle Zäsur im taz-Verlag. Sie hat die taz Genossenschaft und die taz Stiftung mit ihrem Team aufgebaut und groß gemacht.

taz: Konny, Dein meistbenutzter Satz ist angeblich „Alles wird gut“.

Konny Gellenbeck: Stimmt.

Im Interview: Konny Gellenbeck

war Mitte der 1980er Jahre zu taz gekommen. Anfangs arbeitete sie in der Abo-Abteilung, später war sie jahrelang Leiterin und das prägende Gesicht der taz-Genossenschaft. Später war sie im Vorstand der taz Panter Stiftung. Sie ist ohne Zweifel seit Jahrzehnten eine der wichtigsten Personen im taz-Kosmos. Nun geht sie in den Ruhestand. Zum Abschied erscheint die Konny-taz – als mehrseitige Beilage in der gedruckten Ausgabe der taz vom 5.12.2024. Daraus ist auch dieses lange Gespräch entnommen.

taz: Die gesellschaftliche Stimmung tendiert derzeit dazu, dass alles schlecht wird.

Konny Gellenbeck: Na ja, wir sind wirklich in einer sehr schwierigen Zeit. Mich erschüttert nicht nur Trumps Wahl, sondern auch das große Geld dahinter. Dann: Der Israel-Hamas-Konflikt, der meiner Meinung nach auch alle in Richtung Unversöhnlichkeit treibt. Und der Ukrainekrieg – nach drei Jahren ist nicht in Sicht, wie man das noch mal wenden kann im Interesse der Menschen und Frieden herstellen. Und in diesem Zusammenhang: die sozialen Netzwerke und wie sie agieren.

taz: Was tun?

Konny Gellenbeck: Aufgeben steht nicht zur Debatte, wir brauchen eine große, starke Bewegung der Zivilgesellschaft. Es ist toll, wenn drei Millionen auf der Straße sind, aber das reicht nicht. Es braucht eine strukturelle Vernetzung und auch eine existenzielle Mobilisierung gegen diesen ganzen gesellschaftlichen Schwung nach rechts. Wir müssen einen Prozess organisieren, der demokratische Strukturen stärkt und für viele Menschen wieder attraktiv macht. Zu diesem Prozess gehören große und kleine Player dazu.

taz: Die große Dagegen-Bewegung dieser Tage ist illiberal und antistaatlich. Die taz ist 1979 auch als Dagegen-Bewegung entstanden. Das ist kulturell bis heute sehr prägend.

Konny Gellenbeck: Wir waren nicht nur dagegen. Die vorhandenen Medien lehnten wir ab, weil unsere Themen – Anti-AKW-Bewegung, Feminismus, Solidarität mit den Befreiungsbewegungen und mehr – nicht vorkamen. Eine eigene Zeitung, die taz, wurde gegen alle Widerstände gegründet

taz: Aber wir haben uns schon im Widerstand gegen die ‚Mainstream-Gesellschaft‘ gesehen.

Konny Gellenbeck: Ja, das stimmt.

taz: Die Vorstellung, dass man mit politisch Anderstickenden etwas zusammen hinkriegen kann oder sogar muss, ist kulturell und emotional sehr schwierig.

Konny Gellenbeck: Aber in entsprechenden Situationen geht das, wenn man groß und breit werden will. Das war schon bei der großen Anti-AKW-Bewegung in den Siebzigern so, das kennt Fridays for Future.

taz: Da bist Du eine der wenigen gewesen, die das früh verstanden hat und in der Lage war, das aktiv umzusetzen.

Konny Gellenbeck: Das glaube ich nicht, sonst hätte das Unternehmen taz gar nicht überlebt. Es hätte nicht überlebt, wenn Kalle …

taz: … der langjährige Geschäftsführer Kalle Ruch...

Konny Gellenbeck: … nicht zu jedem Zeitpunkt überlegt hätte, wo wir hinwollen und wen wir dafür brauchen, auch aus einem anderen gesellschaftlichen Milieu. So haben eigentlich alle in der taz agiert, die Verantwortung übernommen haben. Das war meiner Meinung nach auch das Erfolgskonzept von Bascha Mika, unserer ehemaligen langjährigen Chefredakteurin. Oder die letzte große Rettungskampagne 2000. Da standen wir ja vor dem Aus. Im Spiegel stand schon: „Die taz ist tot“.

taz: Und dann kam Harald Schmidt und sagte: „Die taz ist unsterblich.“

Konny Gellenbeck: Das meine ich. Stefan Kuzmany ist damals auf die unterschiedlichsten Leute zugegangen und dann kamen 167 Prominente und sagten: TAZ muss sein! Übrigens hat diesen Werbespruch ein taz-Leser erfunden.

taz: Linke haben bisweilen ein unsouveränes Verhältnis zu Geld. Du hast Millionen eingesammelt und offenbar gar kein Problem damit?

Konny Gellenbeck: Nein, überhaupt nicht. Schon bei meinen allerersten Aktionen, 1976 in Münster, war ich immer diejenige, die zu Leuten gehen musste und nach Geld fragen, zum Beispiel für Plakate. Bei der Anti-Atomkraft-Bewegung musste man Busse mieten, Kautionen hinterlegen. Man brauchte immer Leute, die andere nach Geld fragten. Das war vielen unangenehm.

taz: Warum Dir nicht?

Konny Gellenbeck: Ich dachte immer, ich frage ja nicht für mich persönlich, sondern für eine Idee oder eine Aktion, wir wollen ja was bewegen. Ich bin manchmal bei einer Fundraising-Akademie, wo Leute ausgebildet werden für Geldakquise, da kam die Frage auf: Sie haben die letzten Jahrzehnte ganz schön oft nach Geld gefragt, waren die Leute nicht irgendwann müde und überdrüssig und haben gesagt, es reicht mir? Oder: War Ihnen das nicht peinlich? Und da kann ich wirklich mit voller Überzeugung sagen: Wenn die Leute dein Engagement sehen und spüren, du fragst nach Geld, um etwas zu erreichen, dann springt der Funke über und Viele machen mit.

taz: Was hat Dich zur taz gebracht?

Konny Gellenbeck: Ich habe 4 1/2 Jahre bei einer senatseigenen Bank in Berlin gearbeitet. Gleichzeitig war ich aber auch Hausbesetzerin und politisch aktiv. Deshalb bin ich später, 1986, durch Zufall zur taz gegangen, zuerst als Aushilfskraft in der Abo-Abteilung. 1993 wurde ich in den Vorstand gewählt, und als 1996 die zweite große Rettungskampagne für die taz anstand, habe ich angeboten, die taz Genossenschaft zu reaktivieren. Es gab dann harte Vorgaben von Kalle und Andi …

taz: … Andreas Bull, der zweite Geschäftsführer neben Kalle Ruch …

Konny Gellenbeck: … weil wir ja überhaupt kein Geld hatten. Kalle hat gesagt: Du hast ein Jahr Zeit und musst 500.000 Mark akquirieren, das wären heute etwa 250.000 Euro. Schaffst du das nicht, musst du zurück in die Abo-Abteilung. Ich war am Anfang alleine für den Bereich Genossenschaft zuständig, hatte aber ganz viel Unterstützung. Thomas Purps, unser Controller, und Susanne Hüsing, damals Leiterin Abo, halfen bei der Umstrukturierung der Datenbank. Und Klaudia Wick, damals Chefredakteurin der taz, sagte: Konny lass uns das Projekt Genossenschaft zusammen angehen. So haben wir in der Anfangsphase alle Konzepte zusammen mit Kalle und Andi entwickelt. Nach ihrer Zeit in der taz haben Klaudia und ich fast alle Kampagnen gemeinsam auf den Weg gebracht. Und dann die Satelliten: Jony Eisenberg, Christian Ströbele und Bernhard Brugger, ihre Unterstützung in den beschwerlichen Anfangsjahren kann man nicht oft genug benennen. Fundraising war in Deutschland fast unbekannt und unsere Arbeit war am Anfang schwerfällig und wir haben Fehler gemacht.

taz: Welche?

Konny Gellenbeck: Wir wollten, dass die Leute gleich bei der Genossenschaft einsteigen und Mitglied werden, und es hat sich auf unsere Aufrufe kaum jemand gemeldet. Dann habe ich zu Kalle gesagt: Wir müssen alles ganz neu aufbauen, die Leute erst mal anschreiben und interessieren – und dafür brauche ich einen Etat. Kalle hat gedacht, jetzt dreht Konny durch, die Kassen waren ja total leer. Aber letztlich hat er mich machen lassen. Wir haben zweimal im Jahr per Post Interessenten angeschrieben und danach die telefonische Nachakquise aufgesetzt. Tine Pfeiff, Anita Knierim und ich haben abends alle Interessenten angerufen und auch mal eine Stunde mit den Leuten geredet, um ihnen zu sagen, warum es wichtig ist, ein unabhängiges Medium zu unterstützen. Der gute Draht zur Redaktion war dafür extrem wichtig.

taz: Wenn ich in Stanford oder einer US-Uni fett spende, dann kriege ich meinen Namen auf ein Gebäude. Was genau kriege ich bei der taz-Genossenschaft oder Panter Stiftung?

Konny Gellenbeck: Was Menschen bewegt, ist ein Gegenwert, der eben nicht nur ideell ist. Als Ge­nos­s*in hat man keinerlei finanzielle Vorteile und auch kein redaktionelles Mitspracherecht. Aber man ist Eigentümerin dieses Mediums und hat morgens die taz im Briefkasten oder im E-Mmail-Fach, also einen sehr realen Gegenwert. Die gewachsene Relevanz der taz in den letzten 45 Jahren stärkt dieses Verhältnis zwischen Geld­ge­be­r*in­nen und tazlern. Deshalb ist die Genossenschaft von ursprünglich 3.000 Mitgliedern inzwischen auf fast 24.000 Mitglieder angewachsen. Allein in diesem Jahr sind 1.000 neue Mitglieder hinzugekommen und über 1.000 Mitglieder haben ihren Anteil für die Renovierung des Rudi Dutschke Hauses erhöht.

taz: Und bei der Stiftung?

Konny Gellenbeck: Die taz Panter Stiftung ist gemeinnützig und man bekommt für jede Spende eine Spendenbescheinigung. Also man hat einen steuerlichen Vorteil. So kommen jedes Jahr 800.000 bis 900.000 Euro zusammen. Das Wichtigste ist aber, dass die Geldgeberinnen und Geldgeber bei der Stiftung sehen, was ihr Geld bewirkt.

taz: Was zum Beispiel?

Konny Gellenbeck: Als 2016/2017 mehr als 250 Journalisten in der Türkei inhaftiert waren, auch unser ehemaliger Kollege Deniz Yücel, haben wir mit geringen Mitteln „taz Gazete“, ein deutsch-türkisches Online-Portal, aufgesetzt und haben so etwa 50 Jour­na­lis­t*in­nen in der Türkei ermöglicht zu publizieren. Dafür haben Spenderinnen und Spender gerne Geld gegeben. Mit Beginn des Krieges gegen die Ukraine haben wir innerhalb von drei Wochen 250.000 Euro an Spenden für ein Kriegstagebuch unter dem Motto „Krieg und Frieden“ mobilisiert. Eine Idee von Elke Schmitter aus dem Kuratorium der Stiftung. Das wurde in der taz und dann als Buch veröffentlicht.

taz: „Dialog trotz Krieg“?

Konny Gellenbeck: Wir haben auch Helme und schutzsichere Westen für Jour­na­lis­t*in­nen in der Ukraine organisiert. Mit dem Motto ‚Dialog trotz Krieg‘ haben wir in Absprache mit dem Kuratorium aber nicht nur auf die Kriegsschiene gesetzt. Der immense Spendenrücklauf für Osteuropa in den letzten drei Jahren ist auch darauf zurückzuführen, dass wir ein eigenes Profil hatten, das aus dem Mainstream herausfiel und der politischen Seele unserer Mitglieder entspricht. Mit dem Geld haben wir unter anderem journalistische Workshops ins Leben gerufen, bei denen Ukrai­ne­r*in­nen und Kol­le­g*in­nen aus Russland, Moldau, Armenien, Kirgisien hier in der taz getagt haben. Fünf haben wir inzwischen mithilfe des Auswärtigen Amtes organisiert. Ich erinnere mich noch an den ersten im November 2022. Am Anfang habe ich gedacht; oje, das wird nicht funktionieren. Die Teil­neh­me­r*in­nen waren zu Beginn wie erstarrt, die Ukrai­ne­r*in­nen trafen zum ersten Mal seit Kriegsausbruch auf Russ*innen.

taz: Und?

Konny Gellenbeck: Am Ende lagen die sich in den Armen und haben alle geheult. Solche Erfahrungen geben uns auch Kraft für unsere Arbeit.

taz: Das hätte ich nicht gedacht, dass Osteuropa so ein wichtiger Faktor der Stiftung wird.

Konny Gellenbeck: Barbara Oertel, Leiterin des Ressorts Ausland, war die Erste, die gesagt hat: Lass uns einen Osteuropa-Workshop machen. Damals war Osteuropa für viele uninteressant. Seit 2011 haben wir kontinuierlich Osteuropa-Workshops durchgeführt und damit auch eine internationale Ausrichtung der Stiftung eingeleitet. Dadurch hatten wir zu Beginn des Ukrainekrieges auch ein bereits starkes Netzwerk in Osteuropa, auf das wir zurückgreifen konnten. Dass wir unsere Osteuropa-Projekte so erfolgreich umsetzen konnten, hat mit Tigran Petrosyan zu tun, dem Projektleiter Osteuropa. Er hat damit etwas Bleibendes geschaffen.

taz: Man attestiert Dir Durchsetzungsstärke, Hartnäckigkeit bei gleichzeitiger Freundlichkeit. Ist das die Konny-Methode?

Konny Gellenbeck: Ich bin radikal freundlich. Ich habe immer versucht, mit Freundlichkeit die Kol­le­g*in­nen zu motivieren, das Beste aus Projekten rauszuholen.

taz: Also das zu machen, was Du wolltest?

Konny Gellenbeck: Ich weiß, dass ich intern auch total viele Leute genervt habe, die sagten: Oje, jetzt kommt Konny schon wieder und will noch eine Veränderung oder hat eine neue Idee.

taz: Dir wird auch Härte attestiert.

Konny Gellenbeck: Ja, totale Härte. Also ich bin oft heulend nach Hause gefahren, weil ich fertig war.

taz: Also doch nicht hart?

Konny Gellenbeck: Doch, in der Sache bin ich schon hart, aber ich habe das oft nicht einfach weggesteckt. Ich war oft gestresst. Früher waren die taz-Strukturen viel härter. Ich saß bei Sitzungen mit Jony Eisenberg, Christian Ströbele, Klaus Wolschner, Kalle, Andi. Das waren nicht nur Männer, sondern sie waren kompetent und engagiert.

taz: Das hört sich nicht gut an.

Konny Gellenbeck: Ich musste mich am Anfang da erst reinfinden. Das war sehr anstrengend. Aber Kalle, Andi und auch Christian Ströbele waren meine Mentoren. Sie haben mich unterstützt und mich gestalten lassen, ohne sie wäre ich in der taz nix geworden. Aber am Anfang war es für mich schwer, ernst genommen zu werden. Da brauchte es Hartnäckigkeit, Dranbleiben, Nichtaufgeben. Dass ich das gut machen konnte, liegt daran, dass ich Lust hatte, diesen Job zu machen. Das ist wie bei jedem, der Lust auf seinen Beruf hat, der Beruf wird irgendwann Teil der eigenen Persönlichkeit

taz: Was heißt das konkret?

Konny Gellenbeck: Dass ich Lust habe auf Menschen, dass ich politisch bin und das Projekt vertreten kann und dass ich den größten Meckerer ertragen kann. Oder mehr noch: Ich habe gerade vor den Meckerern große Achtung.

taz: Warum das denn?

Konny Gellenbeck: Wer meckert, der bleibt. So meine Erfahrung. Wer ganz aussteigt, der meckert nicht, der geht. Aber wer meckert, den erreichst Du noch.

taz: Was war der entscheidende Punkt, der Dich von einer linken Aktivistin zu einer Frau gemacht hat, die in Salons von Millionären Geld für unabhängigen Journalismus akquiriert?

Konny Gellenbeck: Vorweg, die Millionäre sind nicht meine Zielgruppe. Die brauchen wir auch, aber mit 500 Euro kann man bei der taz Geno Mitglied werden. Ich habe immer auf diese vielen kleinen Beteiligungen gesetzt. Und ich bin immer noch links.

taz: Was heißt das heute?

Konny Gellenbeck: In vielen Fragen habe ich eine klare linke Position, für die ich mich engagiere und auf die Straße gehe. Deshalb habe ich auch über 30 Jahre bei der taz gearbeitet.

taz: Hat denn die taz in diesen Jahren seit Gründung von Verlag, Genossenschaft und Stiftung viel erreicht oder haben wir zu wenig erreicht?

Konny Gellenbeck: Wir haben ungeheuer viel erreicht. Die taz hat in den letzten Jahrzehnten fast alle Debatten mit beeinflusst. Wir haben als Medienunternehmen nicht nur den Journalismus erweitert, sondern auch die anderen Medien verändert. Es gibt ja so etwas wie eine Pipeline von ehemaligen Kol­le­g*in­nen in fast alle anderen Medien. Wir haben zwei Häuser. Wir haben ein riesiges Unterstützungsnetzwerk von fast 24.000 Genossenschaftsmitgliedern. Wir sind gewachsen, auch im Hinblick darauf, wer uns liest, nutzt und gut findet. Heute sind das so viele Menschen wie nie zuvor. Fast 40.000 Menschen zahlen freiwillig für unsere Onlineangebote, obwohl sie alles umsonst haben könnten. Und die taz gibt 250 Leuten einen Job. Ich sehe die taz ganz groß. Mit diesem Bewusstsein bin ich auch immer auf Leute zugegangen wenn ich nach Geld gefragt habe.

taz: Was ist die DNA der taz?

Konny Gellenbeck: Die taz ist größer als jede/r Einzelne von uns. Hunderte von Leuten haben darin Ideen, Engagement und Lebenszeit reingesteckt. Viele Menschen haben die Idee und das Unternehmen taz mit Geld unterstützt. Das ist eine grandiose Kombi und funktioniert schon seit 45 Jahren, das fing schon vor Erscheinen der taz mit den 7.500 Voraus-Abos an.

taz: Die Leute haben 1979 gezahlt, damit die taz überhaupt erscheinen konnte.

Konny Gellenbeck: Das ist der rote Faden in der taz-Geschichte. Die taz lebt durch die Solidarität ihrer Unterstützer*innen, die sich für deren ökonomischen Erfolg verantwortlich fühlen. Meine Aufgabe war es, diese Brücke zu schlagen zwischen dem Projekt und den Leuten, denen die taz wichtig ist und die Geld geben wollen. Die taz ist eine intelligente Struktur.

taz: Was heißt das?

Konny Gellenbeck: Die taz hat sich in wichtigen Situation für den richtigen Weg entschieden, etwa bei der Gründung der taz Genossenschaft. Sie hat ein Gespür dafür, die richtigen Leute an die richtigen Stellen zu setzen. Davon habe ich absolut profitiert. Alleine schafft man nix. Im Genossenschafts- und Stiftungsteam haben über die letzten fast 30 Jahre 25 Leute gearbeitet. Alle total unterschiedlich, mit diversen Fähigkeiten und immer neuen Ideen. Bis heute ist jede/r Mit­ar­bei­te­r*in an dem Erfolg des Projekts taz beteiligt. In der Redaktion ganz sichtbar, denn eine gute Berichterstattung ist die Basis, aber die vielen unsichtbaren Kol­le­g*in­nen sind genauso wichtig. Wenn Zahlen nicht stimmen, der Vertrieb nicht läuft, unsere Veröffentlichungen nicht schön gestaltet sind, und, heute absolut wichtig, die Webentwickler und EDV. Wenn dann noch das Essen in der taz Kantine schmeckt, super!!!

taz: Wie siehst Du die Zukunftschancen für die taz?

Konny Gellenbeck: Wir haben unter Corona-Bedingungen in den letzten Jahren einen riesigen Generationswechsel durchlaufen. In der Geschäftsführung mit Aline Lüllmann und Andreas Marggraf, in der Leitung der Genossenschaft Lana Wittig und bei der taz Panter Stiftung mit Gemma Terés Arilla. In fast allen Bereichen der taz hat dieser Wandel stattgefunden. Dass das so reibungslos und lautlos gelungen ist, war nicht absehbar und das liegt an den Menschen, die jetzt die taz tragen. Da sind überall Leute, die genauso engagiert sind wie wir in der Anfangsphase und mit großer Kompetenz das Unternehmen weiterführen. Das freut mich, davor ziehe ich meinen Hut.

taz: Was ist das beste Alter, Konny?

Konny Gellenbeck: Jedes Alter ist schön.

Och, ne.

Konny Gellenbeck: Mir geht das so. Als ich jung war, hatte ich eine tolle Zeit, und jetzt habe ich auch eine tolle Zeit. Das Wichtigste ist, dass man gesund ist, dass man neugierig bleibt und nicht verknöchert ist.

taz: Nach dem Ende des klassischen Berufslebens hätte man neue Freiräume, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Der Trend geht aber zu Frührente und Weltreise. Was machst Du?

Konny Gellenbeck: Weltreise mache ich nicht. Aber ich verreise gerne. Ich berate kleine NGOs und Strukturen im Fundraising, unterstütze hier und da die Arbeit der Stiftung und habe eines mit der taz Genossenschaft verabredet: Ich kümmere mich um das Erbenprojekt der taz.

taz: Man kann sich vorstellen, dass Du nicht immer total glücklich mit der Redaktion bist?

Konny Gellenbeck: Ich bin wie eine normale Leserin, manches gefällt mir, anderes nicht. Aber selbst wenn ein Kommentar in der taz steht, den ich politisch absolut daneben finde, verteidige ich den. Jede/r Re­dak­teu­r*in darf hier schreiben, was sie will. Dafür ist die taz wirklich gegründet worden, dass es hier keine innere oder äußere Zensur gibt und geben darf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • „Wir haben als Medienunternehmen nicht nur den Journalismus erweitert, sondern auch die anderen Medien verändert.“

    Wenn ich mir die aktuelle Medienlandschaft so anschaue, weiß ich nicht so genau, was ich von dieser Behauptung halten soll. Aber schon klar: Ob ohne die taz-„Pipeline“ nicht alles noch viel schlimmer wäre, weiß keine:r.

    Fest steht: Eine Zeitung, in der jede:r Redakteur:in schreiben darf, was er/sie will, bleibt Chance und Risiko zugleich. Vor allem, wenn die vielen „kleinen“ Geldgebenden keinerlei Mitspracherecht haben, weil sie zu klein sind, zu viele und zu unbekannt. Denn keine Brücke hält ewig. Auch die „zwischen dem Projekt und den Leuten, denen die taz wichtig ist und die Geld geben wollen“, ist nicht unbegrenzt belastbar.

    Dafür, dass „die taz“ (who the fuck) auch morgen noch die richtigen Leute auf die richtigen Stellen setzt, gibt es keine Garantie. Und eine „intelligente Struktur“ erkennt früher oder später, wenn was nicht stimmt mit den Planstellen. Dann reagiert sie. Erst mit „Gemecker“, und wenn das nicht hilft, mit dem Ausstieg. Wer aber weg ist, ist nicht mehr erreichbar. Schon gar nicht als Geldgeber.

  • Danke. Quel homme -



    & einen Peter Unfried so gekonnt und häufig verblüffen - freut besonders! Gell

    • Peter Unfried , Autor des Artikels, Chefreporter der taz
      @Lowandorder:

      Mich auch.

      • @Peter Unfried:

        Pascht schon - ploppte unlängst doch in mei - Favoritenstadel auf ehr Konterfei - 🙀🥳 -



        Und ich dachte so dabei:



        Liggers gut getroffen:



        Doch n Schuß Humor -… zukünftig - bleibt zu hoffen.